Dreimonatsfrist bei doppelter Haushaltsführung
Hintergrund
Streitig ist, ob Verpflegungsmehraufwendungen in den ersten drei Monaten einer doppelten Haushaltsführung auch in einem sogenannten Umwidmungsfall als Werbungskosten geltend gemacht werden können.
Der Ehemann M hatte mehrere Jahre vor dem Streitjahr 2008 in A gewohnt und war dort nichtselbständig beschäftigt. Nach der Eheschließung im Mai 2008 begründeten die Eheleute ihren Familienwohnsitz in B. Die Wohnung am Beschäftigungsort behielt M als Zweitwohnung bei. Bei der ESt-Veranlagung 2008 machte er Mehraufwendungen wegen doppelter Haushaltsführung ab dem Tag seiner polizeilichen Meldung in B (Juni 2008) geltend. Insbesondere begehrte er den Abzug von Verpflegungsmehraufwendungen bei einer Abwesenheit von 24 Stunden für 53 Tage (drei Monate) in Höhe von 1.272 EUR.
Das FA versagte den Abzug von Verpflegungsmehraufwendungen mit der Begründung, M habe bereits vor Begründung der doppelten Haushaltsführung länger als drei Monate am Beschäftigungsort gewohnt, sodass die die Dreimonatsfrist des § 4 Abs. 5 Sätze 5 und 6 EStG bereits abgelaufen sei. Dem widersprach das FG und gab der Klage statt.
Entscheidung
Die Revision des FA wurde zurückgewiesen.
Der BFH verweist zunächst auf seine Rechtsprechung, wonach eine doppelt Haushaltsführung auch im Wegverlegungsfall vorliegt, d.h. wenn der Haupthausstand aus privaten Gründen vom Beschäftigungsort wegverlegt und am Beschäftigungsort ein Zweithauhalt begründet wird, um von dort weiterhin der bisherigen Beschäftigung nachzugehen. Sodann bestätigt der BFH die Verfassungsmäßigkeit der Begrenzung des Abzugs von Verpflegungsmehraufwendungen bei doppelter Haushaltsführung auf drei Monate. Der BFH geht - jedenfalls für den Rechtszustand bis 2013 - davon aus, dass aufgrund der gesetzlichen Typisierung die tatsächliche Verpflegungssituation unerheblich ist und es auch nicht darauf ankommt, ob während der Dreimonatsfrist überhaupt ein erhöhter Verpflegungsaufwand anfällt.
Das gilt auch für den Fall, wenn - wie hier - die bisherige Wohnung am Beschäftigungsort zur Zweitwohnung umgewidmet wird. Für eine einschränkende Wortauslegung sieht der BFH keinen Anlass. Denn eine Steuervereinfachung wird nur erreicht, wenn die Einzelfallprüfung entfällt, ob und wie lange sich der Betreffende vor Begründung der doppelten Haushaltsführung bereits am Beschäftigungsort aufgehalten hat und sich daher auf die Verpflegungssituation hat einstellen können. Es kommt nicht darauf an, ob überhaupt ein erhöhter Verpflegungsaufwand angefallen ist.
Hinweis
Der BFH hat über die Revision durch Beschluss nach § 126a FGO entschieden. Von dieser Entscheidungsvariante kann der BFH Gebrauch machen, wenn er einstimmig die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Der Fall lag hier für den BFH offenbar so klar, dass von einer mündlichen Verhandlung keine neuen Erkenntnisse zu erwarten waren.
Die Entscheidung ist zur Rechtslage bis 2013 ergangen. Ab 2014 wurde der Abzug des Verpflegungsmehraufwands in § 9 Abs. 4a EStG mit Verweis darauf in § 4 Abs. 5 Nr. 5 EStG übernommen. Wegen des geänderten Wortlauts, der auf "tatsächlich entstandene" Mehraufwendungen abstellt, wird zum Teil vertreten, der Abzug der Pauschalen setze ab 2014 das Entstehen tatsächlichen Mehraufwands voraus, sodass - anders als nach der bisherigen Typisierungsregelung - auf die konkrete Verpflegungssituation abzustellen wäre. Das würde allerdings der mit den Pauschalen bezwecken Vereinfachung zuwiderlaufen.
Zu erwähnen bleibt noch, dass ab 2014 die notwendigen Unterkunftskosten für eine doppelte Haushaltsführung auf den Höchstbetrag von 1.000 EUR begrenzt sind (§ 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG). Bei Umwidmung der bisherigen Hauptwohnung zur Zweitwohnung dürfte es daher häufig angebracht sein, anstatt der Beibehaltung der bisherigen Hauptwohnung eine preisgünstigere Alternative zu suchen.
Beschluss v. 8.10.2014, VI R 7/13, veröffentlicht am 17.12.2014
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