Organschaft im Umsatzsteuerrecht

Organschaft unionsrechtskonform
Mit dem Urteil vom 18.01.2023 - XI R 29/22 (XI R 16/18) sieht der BFH die sich aus § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG ergebende Steuerschuldnerschaft des Organträgers für die Umsätze der Organschaft entgegen früheren Zweifeln weiterhin als unionsrechtskonform an. Die vom EuGH hierfür genannten Bedingungen (Willensdurchsetzung und keine Gefahr von Steuerausfällen) werden gewährleistet, da der BFH schon bisher die Möglichkeit der Willensdurchsetzung verlangt und die Organgesellschaft nach § 73 AO für die Umsatzsteuer des Organträgers haftet.
Änderung der Rechtsprechung zur finanziellen Eingliederung
Im Hinblick auf das Kriterium der Willensdurchsetzung ändert der BFH allerdings seine Rechtsprechung zur finanziellen Eingliederung. Für das Bestehen einer Organschaft ist zwar weiter im Grundsatz erforderlich, dass dem Organträger die Mehrheit der Stimmrechte an der Organgesellschaft zusteht.
Die finanzielle Eingliederung liegt nunmehr aber auch dann vor, wenn der Gesellschafter zwar über nur 50 % der Stimmrechte verfügt, die erforderliche Willensdurchsetzung bei der Organgesellschaft aber dadurch gesichert ist, dass
- er eine Mehrheitsbeteiligung am Kapital der Organgesellschaft hält und
- er den einzigen Geschäftsführer der Organgesellschaft stellt.
Erneute EuGH-Vorlage zur Nichtsteuerbarkeit sog. Innenumsätze
Mit dem Beschluss vom 26.01.2023 - V R 20/22 (V R 40/19) soll geklärt werden, ob an der bisherigen Annahme der Nichtsteuerbarkeit sog. Innenumsätze weiter festzuhalten ist. Es handelt sich um das bereits zweite Vorabentscheidungsersuchen in dieser Sache, bei dem es nunmehr um eine Frage geht, die aufgrund der ersten Entscheidung des EuGH in diesem Verfahren zweifelhaft geworden ist.
Nach einer vor einhundert Jahren vom Reichsfinanzhof begründeten Rechtsprechung, die später vom Gesetzgeber in das UStG übernommen wurde, unterliegen Umsätze zwischen den Mitgliedern einer Organschaft nicht der Umsatzsteuer, weil die Organgesellschaft als "unselbständiger" Teil im Gesamtunternehmen des übergeordneten Organträgers angesehen wird. Zweifel an dieser Betrachtung ergeben sich daraus, dass der EuGH die Organgesellschaft als selbständig ansieht und die Organschaft nach seiner Rechtsprechung nicht zur Gefahr von Steuerverlusten führen darf. Letzteres könnte zu bejahen sein, wenn der die Leistung von der Organgesellschaft beziehende Organträger, wie im konkreten Streitfall, nicht zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt ist.
Weitreichende Folgen für nicht zum vollen Vorsteuerabzug berechtigte Unternehmen
Sollte der EuGH entscheiden, dass Innenumsätze entgegen der ständigen BFH-Rechtsprechung steuerbar sind, hätte dies weitreichende Folgen. Umsatzsteuerrechtlich dient die Organschaft als Gestaltungsinstrument für Unternehmer, die nicht zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt sind (z.B. Banken und Versicherungen, Unternehmer im Gesundheits- und Sozialwesen und im Bildungsbereich sowie Vermieter von Wohnungen). Nichtabziehbare Vorsteuerbeträge lassen sich bislang für derartige Unternehmen dadurch vermeiden, dass sie mit Dienstleistern Organschaften begründen, so dass die bezogenen Leistungen nicht steuerbar sind.
BFH - Urteil vom 18.01.2023 - XI R 29/22 (XI R 16/18) sowie Beschluss vom 26.01.2023 - V R 20/22 (V R 40/19); jeweils veröffentlicht am 23.3.2023
-
Vermietung an den Partner in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft
840
-
Antrag auf Aufteilung der Steuerschuld nach § 268 AO ist unwiderruflich
597
-
Sonderausgabenabzug für einbehaltene Kirchensteuer auf Kapitalerträge aus anderen Einkunftsarten
569
-
Abzug von Fahrtkosten zur Kinderbetreuung
554
-
Abschreibung für eine Produktionshalle
546
-
Selbst getragene Kraftstoffkosten bei der 1 %-Regelung
501
-
Berechnung der Zehn-Jahres-Frist bei sanierungsrechtlicher Genehmigung
459
-
Teil 1 - Grundsätze
377
-
Bundesverfassungsgericht kündigt Urteil zum Solidaritätszuschlag an
352
-
Anschrift in Rechnungen
326
-
EuGH-Vorlage zur Steuerermäßigung für Schweizer Immobilien
26.03.2025
-
Bundesverfassungsgericht hält Solidaritätszuschlag nicht für verfassungswidrig
26.03.2025
-
Keine Ist-Versteuerung für freiwillig buchführende Partnerschaften
26.03.2025
-
Kindergeldanspruch bei Entsendung ins Ausland
25.03.2025
-
Geburt des Kindes im Drittausland
25.03.2025
-
Inanspruchnahme für nicht einbehaltene und abgeführte Kapitalertragsteuer
24.03.2025
-
Britische Steuerprivilegien mit Folgewirkungen in Deutschland
24.03.2025
-
Anwendung der Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 3 Buchst. a GrStG
21.03.2025
-
Alle am 20.3.2025 veröffentlichten Entscheidungen
20.03.2025
-
Aufwand aus einer Schuldübernahmeverpflichtung für eine Pensionszusage
19.03.2025