BFH Kommentierung: Keine "Abfärbewirkung" bei Verlusten

Negative Einkünfte aus einer gewerblichen Tätigkeit führen nicht zur Umqualifizierung der vermögensverwaltenden Einkünfte einer GbR.

Hintergrund: Grundstücksüberlassung durch eine GbR im Rahmen einer Betriebsaufspaltung

Die A-GbR, bestehend aus den jeweils zu 50 % beteiligten Gesellschaftern B und S, war Eigentümerin zweier Grundstücke. Ihre Tätigkeit beschränkte sich auf vermögensverwaltende Tätigkeiten. In einer der Immobilien überließ sie Büroräume an die personenidentischen Schwestergesellschaften B-GbR und C-GmbH. Sowohl die B-GbR als auch die C-GmbH waren originär gewerblich tätig. Das FA und ihm folgend das FG gingen davon aus, zwischen der A-GbR und den Schwestergesellschaften habe jeweils eine Betriebsaufspaltung bestanden. Deshalb habe die A-GbR daraus gewerbliche Einkünfte erzielt, die aufgrund der Abfärbewirkung nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG zur Umqualifizierung ihrer gesamten Einkünfte (die die A-GbR als VuV-Einkünfte erklärt hatte) in gewerbliche Einkünfte geführt hätten.

Entscheidung: Keine Abfärbewirkung bei fehlenden positiven Einkünften

Der BFH führt zunächst aus, dass mit der B-GbR keine Betriebsaufspaltung bestand. Insoweit fehlte es an der für die Gewerblichkeit des Vermietungsunternehmens erforderlichen Gewinnerzielungsabsicht der A-GbR. Denn es lag keine entgeltliche Überlassung des Grundstücks an die B-GbR vor, da die B-GbR offenbar keine Mietzahlungen an die A-GbR geleistet hat. Es ist daher davon auszugehen, dass entweder der bestehende Mietvertrag nachträglich geändert und eine unentgeltliche Überlassung vereinbart wurde oder dass der unveränderte Vertrag tatsächlich nicht durchgeführt wurde. Bei der Überlassung der wesentlichen Betriebsgrundlagen unentgeltlich oder zu einem nicht kostendeckenden Entgelt kann der Gewinn der Betriebsgesellschaft nicht auf die Besitzgesellschaft durchschlagen und somit auch keine Umqualifizierung der gesamten Einkünfte der A-GbR aus VuV in gewerbliche Einkünfte bewirken.

Eine einheitliche Einkünftequalifikation ist bei negativen Einkünften nicht geboten

Auch für die Überlassung der Räumlichkeiten an die C-GmbH hat die A-GbR kein Entgelt erhalten. Ihr sind lediglich Aufwendungen entstanden, die – wenn eine Betriebsaufspaltung unterstellt wird - zu negativen gewerblichen Vermietungseinkünften geführt haben. Deshalb scheidet auch insofern eine Umqualifizierung der Einkünfte der A-GbR aus, sodass dahinstehen kann, ob überhaupt die Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung dem Grunde nach gegeben wären. Der BFH verweist dazu auf die Rechtsprechung, nach der die Abfärbewirkung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG bei besonders geringfügiger gewerblicher Betätigung aus Gründen der Verhältnismäßigkeit nicht zum Tragen kommt (BFH v. 11.8.1999, XI R 12/98, BStBl II 2000, 229; BFH v. 28.10.2008, VIII R 73/06. BStBl II 2009, 647). Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung können nur positive gewerbliche Einkünfte zu einer Abfärbung auf ansonsten vermögensverwaltende Einkünfte einer GbR führen. Denn mit der Fiktion nur einer Einkunftsart durch § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG verfolgt der Gesetzgeber das Ziel, neben der Vereinfachung der Gewinnermittlung das GewSt-Aufkommen zu sichern. Erzielt aber eine ansonsten vermögensverwaltende GbR aus einer gewerblichen Tätigkeit keine positiven Einkünfte, kann das GewSt-Aufkommen dadurch nicht gefährdet sein. § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG ist daher verfassungskonform dahin auszulegen, dass negative gewerbliche Einkünfte die Abfärbung nicht bewirken können.

Der Revision war damit stattzugeben. BFH hob das FG-Urteil und die Feststellungsbescheide, mit denen das FA für die A-GbR Einkünfte aus Gewerbebetrieb festgestellt hatte, auf. 

Hinweis: Anwendung der 3-%-Bagatellgrenze bleibt offen

Bei der Frage, ob freiberufliche Einkünfte einer GbR insgesamt zu gewerblichen Einkünften umqualifiziert werden, lehnt der BFH eine Umqualifizierung ab, wenn die Nettoerlöse aus der gewerblichen Tätigkeit 3 % der Gesamtnettoerlöse der GbR und den Betrag von 24.000 EUR im VZ nicht übersteigen. Der BFH lässt ausdrücklich offen, ob die Bagatellgrenze von 3 % auch auf vermögensverwaltende Einkünfte übertragen werden kann oder ob hier das Überschreiten der Grenze erst nach einem längeren Beobachtungszeitraum zur Abfärbung führen dürfte.  

Gestaltungsmöglichkeiten

Für die Frage, ob positive Einkünfte erzielt werden, ist auf die nach den Gewinnermittlungsvorschriften im jeweiligen VZ erzielten Einkünfte (nicht periodenübergreifend) abzustellen. Dem steht nicht entgegen, dass der Bezug der Einkünfte gestaltbar ist. Werden positive Einkünfte nicht erzielt, weil keine Entgelte gezahlt werden, die sonst zu Einnahmen bei der vermögensverwaltenden Personengesellschaft führen würden, kann das GewSt-Aufkommen durch die fehlende Einnahme nicht gefährdet sein, weil zugleich auch keine den Gewerbeertrag mindernde Ausgabe berücksichtigt wird.

BFH, Urteil v. 12.4.2018, IV R 5/15; veröffentlicht am 4.7.2018.