Einkünfte bei Dauertestamentsvollstreckung

Hintergrund: Testamentsvollstreckung für Immobilien und Kapitalvermögen
A ist Alleinerbin ihrer in 2002 verstorbenen Mutter. Im Nachlass befanden sich zwei Immobilien und Kapitalvermögen. Nach der testamentarisch angeordneten Testamentsvollstreckung sollte der Testamentsvollstrecker für jedes Jahr 1,5% des Bruttonachlasses erhalten. Im Zeitpunkt des Erbfalls hatte der Nachlass einen Bruttowert von über 5 Mio. EUR. Davon entfielen 19% auf den Grundbesitz und 81% auf das Kapitalvermögen.
A machte die Vergütungen des Testamentsvollstreckers (monatlich 5.000 EUR) als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen und aus VuV geltend. Für 2009 teilte sie die Kosten zunächst nach dem Verhältnis der Nachlasswerte im Zeitpunkt des Erbfalls auf (19% VuV, 81 % Kapitalvermögen). Später beantragte sie für sämtliche Streitjahre (2009 bis 2011) die Aufteilung nach dem für die Verwaltung angefallenen Zeitaufwand (90 % VuV, 10 % Kapitalvermögen). Das FA teilte für alle Jahre einheitlich entsprechend dem ursprünglichen Schlüssel nach den Wertverhältnissen im Zeitpunkt des Erbfalls auf (19% VuV, 81% Kapitalvermögen). Damit blieb der auf das Kapitalvermögen entfallende – größere - Anteil nach Einführung der Abgeltungsteuer (ab 2009) unberücksichtigt (§ 20 Abs. 9 EStG). Das FG hielt die Aufteilung nach dem Nachlasswert im Zeitpunkt des Erbfalls für zutreffend und wies die Klage ab.
Entscheidung: Aufteilung nach der Zusammensetzung und den Vermögenswerten des Nachlasses im jeweiligen Veranlagungszeitraum
Entscheidend ist der Veranlassungszusammenhang. Sind die Aufwendungen durch mehrere Einkunftsarten veranlasst, sind sie nach Maßgabe der jeweiligen Veranlassung auf die Einkunftsarten aufzuteilen. Da sich der Anspruch des Testamentsvollstreckers entsprechend der testamentarischen Anordnung nach der Höhe des Verwaltungsvermögens richtet (1,5 % des Bruttonachlasses), ist die einheitliche Vergütung in erster Linie durch den Vermögenswert veranlasst. Eine Aufteilung nach dem Zeitaufwand oder nach der Höhe der jeweiligen Einkünfte ist demnach ausgeschlossen.
Die Aufteilung richtet sich – entgegen der Auffassung des FA und des FG - allerdings nicht nach der historischen Zusammensetzung des Nachlasses im Zeitpunkt des Erbfalls, sondern nach der Zusammensetzung in jedem einzelnen Veranlagungszeitraum. Die Ausrichtung an der historischen Zusammensetzung könnte zu rechtlich nicht haltbaren Ergebnissen führen. Denn die Ausgaben könnten dann noch in voller Höhe bei VuV abgezogen werden, wenn sich im Nachlass später nur noch Kapitalvermögen befindet. Das widerspräche dem Abzugsverbot für Werbungskosten aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 9 EStG. Umgekehrt wäre der Werbungskostenabzug wegen § 20 Abs. 9 EStG ausgeschlossen, auch wenn sich im Nachlass noch Immobilien befinden.
Der BFH hob daher das FG-Urteil auf und verwies den Fall an das FG zurück. Das FG muss ermitteln, wie sich der Nachlass in den einzelnen Streitjahren zusammengesetzt hat.
Hinweis: Aufteilung entsprechend der Änderung in der Zusammensetzung des Nachlasses
Der Streitfall betrifft eine Verwaltungsvollstreckung. Hier stehen die Maßnahmen des Verwalters mit den aus dem Nachlass zu erzielenden Einnahmen in wirtschaftlichem Zusammenhangkönnen. Je nach Einkunftsart liegen entweder Werbungskosten oder Betriebsausgaben vor. Anders ist es bei einer Auseinandersetzungsvollstreckung. Sie ist auf Auseinandersetzung angelegt und führt grundsätzlich nicht zu Betriebsausgaben oder Werbungskosten. Für den Fall einer Verwaltungsvollstreckung, wie sie hier vorliegt, lässt der BFH offen, ob bei der notwendigen Feststellung der Verkehrswerte auf die Zusammensetzung des Nachlasses am Ende des Veranlagungszeitraums oder auf eine gewichtete Zusammensetzung abzustellen ist. Das kann davon abhängen, wie häufig und in welchem Umfang sich die Zusammensetzung des Nachlasses geändert hat. Die Zusammensetzung lässt sich durch Auskünfte des FA oder des Verwalters klären. Insoweit scheidet eine Schätzung aus. Die Höhe der Verkehrswerte kann dagegen erforderlichenfalls durch Schätzung ermittelt werden.
BFH, Urteil v. 8.11.2017, IX R 32/16, veröffentlicht am 17.1.2018
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