Schätzung des Arbeitslohns bei Handwerkerleistungen

Die Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienst- und Handwerkerleistungen gilt nur für Arbeitskosten. Fraglich ist, ob auch eine Schätzung der Arbeitskosten durch den Steuerpflichtigen zulässig ist, wenn der Anteil anhand der Angaben in der Rechnung nicht gesondert ermittelt werden kann.

Nach § 35a Abs. 2 und 3 EStG können Aufwendungen für haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse und Dienstleistungen sowie für Handwerkerleistungen im Haushalt die Steuerschuld verringern. Wohnungseigentümer und Wohnungsmieter dürfen jährlich bis zu 20.000 EUR für haushaltsnahe Dienstleistungen und Beschäftigungsverhältnisse geltend machen. Davon 20 %, also maximal 4.000 EUR, verringern unmittelbar die Steuerschuld. Bei Handwerkerleistungen sind es 20 % von maximal 6.000 EUR, also 1.200 EUR.

Nur Arbeitskosten begünstigt

Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen oder für Handwerkerleistungen ist, dass der Steuerpflichtige für die Aufwendungen eine Rechnung erhalten hat und die Zahlung auf das Konto des Erbringers der Leistung erfolgt ist. Der Abzug von der tariflichen Einkommensteuer gilt aber nur für Arbeitskosten. Der Anteil der Arbeitskosten muss grundsätzlich anhand der Angaben in der Rechnung gesondert ermittelt werden können. Auch eine prozentuale Aufteilung des Rechnungsbetrages in Arbeitskosten und Materialkosten durch den Rechnungsaussteller ist zulässig.

BFH lässt auch Schätzung der Arbeitskosten durch Steuerpflichtigen zu

Kann der Anteil der Arbeitskosten nicht gesondert ermittelt werden, ist es nicht selten, dass die Angaben in der Steuererklärung auf geschätzten Beträgen beruhen. Eine solche Schätzung hatte der BFH nicht beanstandet, wenn z. B. Hausanschlusskosten seitens des Zweckverbandes durch Bescheide über Kostenersatzbeträge festgesetzt werden (BFH, Urteil v. 20.3.2014, VI R 56/12, BStBl 2014 II S. 882, im Urteilsfall der Vorinstanz 60 % geschätzte Arbeitskosten, vgl. FG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 15.8.2012, 7 K 7310/10). Auch das FG Nürnberg ist der Auffassung (Urteil v. 24.6.2015, 7 K 1356/14), dass die Schätzung der Arbeitskosten aus einem einheitlichen Leistungsbescheid keinen grundsätzlichen rechtlichen Bedenken begegnet (im Urteilsfall 42,5 % der Kosten für die Straßenerneuerung durch die zuständige Verwaltungsgemeinschaft).

Finanzverwaltung lässt keine Schätzung zu

Die Finanzämter haben eine Schätzung durch den Steuerpflichtigen bisher überwiegend nicht zugelassen. Auch im aktuell überarbeiteten BMF-Schreiben zu § 35a EStG wird darauf hingewiesen, dass eine Schätzung des Anteils der Arbeitskosten durch den Steuerpflichtigen nicht zulässig ist (BMF, Schreiben v. 9.11.2016, BStBl 2016 I S. 1213, Rz. 40). Dies könne auch nicht auf die Entscheidung des BFH vom 20.3.2014 gestützt werden.

Praxis-Tipp: Revision gegen eine Entscheidung des Sächsischen FG

Aktuell hat auch das Sächsische FG entschieden (Urteil v. 12.11.2015, 8 K 194/15), dass die Arbeitskosten geschätzt werden können (im Urteilsfall in Anlehnung an die Entscheidung des BFH vom 20.3.2014; 60 % Arbeitskosten der vom Zweckverband für die Herstellung der Mischwasserleitung erhobenen Beträge). Das FG hat hierbei die Revision zugelassen, welche auch eingelegt wurde (Az. des BFH: VI R 18/16). Zwar geht es im Revisionsverfahren hauptsächlich um die Frage, ob eine Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen "in einem Haushalt" für von der öffentlichen Hand erhobene Baukostenzuschüsse, die für die Herstellung der öffentlichen Abwasserentsorgungsanlage verlangt werden, an die das Grundstück angeschlossen wird, zu gewähren ist (vgl. hierzu News v. 25.10.2016). Das beklagte Finanzamt hatte aber eine Steuerermäßigung u. a. auch deshalb verneint, weil nicht erkennbar war, in welchem Umfang der Baukostenzuschuss auf Arbeitskosten entfiel. Es ist somit davon auszugehen, dass der BFH zu der vom Sächsischen FG nicht beanstandeten Schätzung der Arbeitskosten noch einmal Stellung bezieht.

Daher sollte in vergleichbaren Fällen zunächst auf die Entscheidungen der FG und des BFH verwiesen werden. Sollte ein Finanzamt aber einer Schätzung ablehnend gegenüberstehen, sollte Einspruch eingelegt werden und das Ruhen des Verfahrens nach § 363 Abs. 2 AO beantragt werden.

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