Prozesskosten wegen Berufsunfähigkeitsrente als Werbungskosten

Bei Berufsunfähigkeitspolicen gibt es nicht selten Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Versicherten und der Versicherungsgesellschaft darüber, ob der Versicherungsfall eingetreten ist. Wird dann geklagt, stellt sich die Frage, ob die vom Steuerpflichtigen getragenen Anwalts- und Gerichtskosten steuerlich absetzbar sind. 

Der BFH hat unter Änderung seiner Rechtsprechung entschieden, dass Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG zu berücksichtigen sind, wenn der Steuerpflichtige darlegen kann, dass die Rechtsverfolgung oder -verteidigung eine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (BFH, Urteil v. 12.5.2011, VI R 42/10, Haufe Index 2715698). 

Kosten eines Zivilprozesses sind im Allgemeinen keine außergewöhnlichen Belastungen

Die Finanzverwaltung hat dieses Urteil mit einem Nichtanwendungserlass belegt und eine rechtsprechungsbrechende Gesetzesänderung initiiert (BMF, Schreiben v. 20.12.2011, Haufe Index 2862094). Nach § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG i.d.F. des Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetzes sind mit Wirkung ab Veranlagungszeitraum 2013 Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten) vom Abzug ausgeschlossen, es sei denn, es handelt sich um Aufwendungen ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können. 

Diese Regelung entspricht inhaltlich in etwa der früheren Rechtsprechung und Verwaltungsauffassung, bevor es zu der genannten Rechtsprechungsänderung kam, der zufolge Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG absetzbar sind, wenn der Steuerpflichtige dartun kann, dass die Rechtsverfolgung oder -verteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg verspricht und nicht mutwillig erscheint. Der BFH hat allerdings diese Rechtsprechung erneut geändert und ist zu seiner alten Rechtsprechung zurückgekehrt (BFH, Urteil v. 18.6.2015, VI R 17/14, Haufe Index 8290080).

Prozesskosten können auch Betriebsausgaben, Werbungskosten oder Sonderausgaben sein

Wenn Prozesskosten nach § 33 Abs. 4 Satz 2 EStG vom Abzug als außergewöhnliche Belastung ausgeschlossen sind, heißt das aber noch lange nicht, dass sie steuerlich überhaupt nicht abzugsfähig sind. Nach § 33 Abs. 2 Satz 2 1. Halbs. EStG können Aufwendungen, die zu den Betriebsausgaben, Werbungskosten oder Sonderausgaben gehören, dem Grunde nach nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden. Günstiger ist ein Abzug als Werbungskosten oder Betriebsausgaben ohnehin, weil in diesem Fall eine zumutbare Belastung i.S.d. § 33 Abs. 3 EStG nicht berücksichtigt wird. Damit die Prozesskosten als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehbar sind, muss der Prozess aber mit steuerlich relevanten Einkünften in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen.

Tipp: Prozesskosten sind Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften

Das Niedersächsische FG hat entschieden, dass genau dies der Fall ist, wenn vor Gericht mit der Versicherungsgesellschaft um die Gewährung einer privaten Berufsunfähigkeitsrente gestritten wird (Niedersächsisches FG, Urteil v. 24.7.2013, 9 K 134/12, Haufe Index 5532442). Obwohl eine private Berufsunfähigkeitsrente nur mit dem Ertragsanteil als sonstige Einkünfte zu versteuern ist, können die Prozesskosten in voller Höhe als vorweggenommene Werbungskosten aus Renteneinkünften abgesetzt werden (BFH, Beschluss v. 4.12.2012, X B 151/11, Haufe Index 3594186; FG Münster, Urteil v. 30.1.2018, 5 K 3324/16 E, Haufe Index 11590938). 

Die Grundsätze dieses Urteils gelten u.E. auch, wenn mit der Deutschen Rentenversicherung um die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung gestritten wird. Derartige Renten unterliegen der Besteuerung mit dem Besteuerungsanteil gem. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG (BFH, Urteil v. 13.4.2009, X R 54/09, Haufe Index 2720648), sodass auch in diesem Fall ein Abzug als – ggf. vorweggenommene – Werbungskosten gerechtfertigt ist.