Gesundheitstraining ein geldwerter Vorteil oder steuerfrei?
Das ist der Fall, wenn sich aus den Begleitumständen wie Anlass, Art und Höhe des Vorteils, Auswahl der Begünstigten, freie oder nur gebundene Verfügbarkeit, Freiwilligkeit oder Zwang zur Annahme des Vorteils und seiner besonderen Geeignetheit für den jeweils verfolgten betrieblichen Zweck ergibt, dass diese Zielsetzung ganz im Vordergrund steht und ein damit einhergehendes eigenes Interesse des Arbeitnehmers, den betreffenden Vorteil zu erlangen, vernachlässigt werden kann.
Umstände des Einzelfalls entscheidend
Ob sich eine unentgeltlich überlassene Sachzuwendung als geldwerter Vorteil oder als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung des Arbeitgebers erweist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Ergibt die Würdigung aller Umstände des Einzelfalls, dass die Zuwendung ausschließlich oder ganz überwiegend der Entlohnung des Arbeitnehmers dient, ist der geldwerte Vorteil in voller Höhe Arbeitslohn.
Ergibt die Würdigung demgegenüber, dass sich die Zuwendung nahezu ausschließlich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung erweist, liegt insgesamt kein steuerpflichtiger Arbeitslohn vor. Eine Sachzuwendung kann nach der Rechtsprechung auch gemischt veranlasst sein, so dass eine Aufteilung in Arbeitslohn und eine Zuwendung im betrieblichen Eigeninteresse in Betracht kommt.
Vom FG Nürnberg entschiedener Fall
Ob steuerpflichtiger (nach Abzug des Freibetrags nach § 3 Nr. 34 EStG i. H. v. 500 EUR) oder insgesamt steuerfreier Arbeitslohn bei einem Gesundheitstrainig vorliegt, war Gegenstand eines Verfahrens beim FG Nürnberg.
Die Klägerin, ein Unternehmen mit zahlreichen Mitarbeitern, bot ihren aktiven Arbeitnehmern ein unternehmenseigenes Gesundheitskonzept an. Ein Modul war ein mehrwöchiges "Gesundheitstraining", bei dem externe Fachkliniken beteiligt waren. Ziel war es, durch Theorie- und Praxiseinheiten in den Bereichen Bewegungsförderung, Ernährung und psychische Gesundheit eine nachhaltige gesundheitsbewusste Lebensweise zu fördern.
In der hierzu bestehenden Betriebsvereinbarung war vorgesehen: Die vorgeschlagenen Mitarbeiter mussten vor Zusage dem Betriebsarzt vorgestellt werden; eine betriebsärztliche Bescheinigung zur Erhaltung bzw. Verbesserung der Arbeitsfähigkeit war vorzulegen. Eine Teilnahmeverpflichtung bestand jedoch nicht. Auf den Jahresurlaub wurden für Teilnehmer neun Urlaubstage angerechnet; darüber hinaus wurde bezahlter Sonderurlaub für das Training gewährt.
Nach einer Lohnsteuer-Außenprüfung wurden die von der Klägerin übernommenen Aufwendungen für das Gesundheitstraining in Höhe von 500 EUR als steuerfrei gem. § 3 Nr. 34 EStG behandelt, und der die Grenze übersteigende Betrag als steuerpflichtiger Arbeitslohn angesetzt.
Klägerin beruft sich auf BFH-Rechtsprechung
Die Klägerin vertrat die Ansicht, dass die Übernahme der Kosten für das Gesundheitstraining weit überwiegend im eigenbetrieblichen Interesse liege. Zur Begründung verwies sie auf ein BFH-Urteil v. 24.1.1975, VI 242/71, in dem der bei einer Kreislauftrainingskur der Ansatz eines geldwerten Vorteils abgelehnt worden sei. Diese Entscheidung sei auf den vorliegenden Fall übertragbar, da die Maßnahme der Förderung der Arbeitsfähigkeit und der Verringerung krankheitsbedingter Ausfälle diene und damit ein unmittelbares betriebliches Ziel verfolge. Zudem, so die Klägerin, habe die Maßnahme nicht der privaten Lebensführung der Arbeitnehmer, sondern der Sicherung ihrer beruflichen Leistungsfähigkeit gedient.
Laut FG Nürnberg liegt steuerpflichtiger Arbeitslohn vor
Das FG Nürnberg (Urteil v. 8.5.2025, 4 K 438/24) hat sich der Auffassung des Finanzamts angeschlossen, dass es sich bei den übernommenen Kosten um einen geldwerten Vorteil mit Entlohnungscharakter handelt.
Die Teilnahme am Training sei freiwillig und das Programm habe Urlaubscharakter sowie überwiegend dem privaten Wohlbefinden der Arbeitnehmer gedient. Somit fehle das überwiegend eigenbetriebliche Interesse. Das Training sei zwar grundsätzlich gesundheitsfördernd, jedoch nicht im engeren Sinne betrieblich veranlasst. Besonders die Kombination aus freiwilliger Teilnahme, Urlaubsanrechnung und allgemeinen Wohlfühl- und Freizeitangeboten (Ernährung, Entspannung, Bewegung) spreche eindeutig für einen privaten Nutzen der Arbeitnehmer.
Das Gericht stellt heraus, dass nur solche Maßnahmen steuerfrei seien, die konkret auf betriebliche Belastungen oder arbeitsplatzspezifische Anforderungen ausgerichtet sind. Diese Voraussetzung sei hier nicht erfüllt.
Bezüglich des Urteils aus dem Jahre 1975 kommt das FG zu dem Ergebnis, dass zwar mit den damals streitgegenständlichen Kreislauftrainingskuren eine ähnliche Maßnahme aus dem Gesundheitsbereich wie das von der Klägerin angebotene Gesundheitstraining vorliege, allerdings sei das Gesundheitstraining unter Zugrundelegung der aktuelleren Rechtsprechung des BFH und der gesetzgeberischen Wertung in § 3 Nr. 34 EStG vor allem auch im persönlichen Interesse der Arbeitnehmer.
Weder diente die von der Klägerin angebotene Gesundheitsmaßnahme zur Vermeidung berufsbedingter Krankheiten noch wies die Maßnahme einen Bezug zur konkret ausgeübten Tätigkeit der Teilnehmer aus. Nach Ansicht des FG schlägt sich sowohl in der aktuellen Rechtsprechung als auch in der gesetzgeberischen Wertung des § 3 Nr. 34 EStG ein – gegenüber den damaligen Streitjahren – geändertes allgemeines Gesundheitsbewusstsein nieder; gesundheitspräventive Maßnahmen fielen demnach vor allem in den Bereich der privaten Lebensführung.
Revisionsverfahren beim BFH anhängig
Das Gericht ließ jedoch die Revision zu, da die Abgrenzung zwischen betrieblichem und privatem Interesse grundsätzliche Bedeutung habe. Das Revisionsverfahren ist derzeit beim Bundesfinanzhof unter dem Az. VI R 9/25 anhängig. Kernfrage ist, ob bei mehrwöchigen Gesundheitstrainings, deren Kosten den Freibetrag nach § 3 Nr. 34 EStG übersteigen, ein Entlohnungscharakter oder ein überwiegend eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers überwiegt.
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