
Bereits seit dem 1.1.2010 sind die Beiträge für die Basiskranken- und Pflegeversicherung (nachfolgend nur Beiträge zur Basisabsicherung) in unbegrenzter Höhe als Vorsorgeaufwendungen abziehbar. Außerdem ist in § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 4 EStG geregelt, dass Beiträge für künftige Jahre im Zahlungsjahr abziehbar sind.
Der Gesetzgeber hat im Gesetz zur weiteren Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 12.12.2019 für Zeiträume ab dem 1.1.2020 in § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 5 EStG neu geregelt, das die Beiträge zur Basiskranken- und Pflegeversicherung für künftige Jahre im Zahlungsjahr abziehbar sind, soweit sie das 3-fache (statt bisher das 2,5-fache) der für das Zahlungsjahr gezahlten Beiträge nicht übersteigen.
Die sich daraus ergebenden Gestaltungsmöglichkeiten sind vielfältig und wurden auch in der Vergangenheit entsprechend kommentiert und genutzt. Da auch ca. 12 Jahre nach Einführung dieser Regelung das Thema nichts an Aktualität verloren hat, wird nachfolgend nochmals auf die wesentlichen Fakten hingewiesen:
Beihilfeberechtigte und Arbeitnehmer, die einen steuerfreien Zuschuss zur Krankenversicherung erhalten, können seit 2010 maximal 1.900 EUR als Sonderausgaben abziehen. Bei Steuerzahlern, die ihre Krankenversicherung allein bezahlen, erhöht sich der Höchstbetrag auf 2.800 EUR.
Höchstbetragsabzugsgrenze gilt nicht für Beiträge zur Basisabsicherung
Werden für die Basisabsicherung mehr als die Höchstbeträge gezahlt, können die tatsächlichen Ausgaben angesetzt und die Höchstbeträge überschritten werden. Für sonstige Vorsorgeaufwendungen (z.B. Arbeitslosen-, Unfall-, Haftpflicht- und bestimmte Lebensversicherungen) gilt dies jedoch nicht. Das hat zur Folge, dass in den Fällen, in denen bereits die Zahlungen für die Basisabsicherung über den Höchstbeträgen liegen, die sonstigen Vorsorgeaufwendungen steuerlich unberücksichtigt bleiben.
Mit Vorauszahlungen das Volumen des Sonderausgabenabzugs erhöhen
Der vorstehend beschriebene nachteilige Effekt kann dadurch vermieden werden, dass die Beiträge für die Basisabsicherung für 3 Jahre im Voraus bezahlt werden, mit dem Ergebnis, dass in den Jahren, in denen keine Beiträge zur Basisabsicherung gezahlt werden, sich die sonstigen Vorsorgeaufwendungen - allerdings nur bis zu den o.a. Höchstbeträgen - wieder steuerlich auswirken.
An dem folgenden Beispiel wird der Steuerspareffekt deutlich:
Die Eheleute A sind beide als Beamte privat krankenversichert. Die Beträge zur Basisabsicherung betragen für die Jahre 2022 bis 2025 jährlich jeweils 5.500 EUR und liegen somit über dem für die Eheleute geltenden Höchstbetrag von 3.800 EUR (2 x 1.900 EUR). Für weitere sonstige Vorsorgeaufwendungen zahlen sie jährlich 4.000 EUR.
- Variante a) ohne Vorauszahlung: Da die jährlichen Beiträge zur Basisabsicherung in Höhe von 5.500 EUR den Höchstbetrag von 3.800 EUR übersteigen, sind als Vorsorgeaufwendungen jeweils nur 5.500 EUR und damit für die Jahre 2022 bis 2025 insgesamt 22.000 EUR abzugsfähig. Die übrigen Vorsorgeaufwendungen in Höhe von jährlich 4.000 EUR = 16.000 EUR wirken sich steuerlich nicht aus.
- Variante b) mit Vorauszahlung: Die Eheleute A zahlen am 15.12.2022 die Beiträge zur Basisabsicherung für die Jahre 2023 bis 2025 in Höhe von 16.500 EUR im Voraus. Dadurch erreichen sie, dass im Jahr der Zahlung 2022 der vorausgezahlte Betrag von 16.500 EUR zuzüglich der laufend gezahlten Beiträge für das Jahr 2022 in Höhe 5.500 EUR also insgesamt 22.000 EUR ungekürzt als Vorsorgeaufwendungen berücksichtigt werden können. Da in den Jahren 2023 bis 2025 wegen der geleisteten Vorauszahlungen keine Beiträge zur Basisabsicherung gezahlt werden, können die weiteren sonstigen Vorsorgeaufwendungen in Höhe von jährlich 4.000 EUR in den Jahren 2023 und 2025 in Höhe der Höchstbeträge von jährlich 3.800 EUR steuermindernd berücksichtigt werden.
Als Vorsorgeaufwendungen sind zu berücksichtigen:
im Jahr 2022 = laufende Beiträge für 2022 in Höhe 5.500 EUR zuzüglich der geleisteten Vorauszahlungen in Höhe von 16.500 EUR also insgesamt | 22.000 EUR |
im Jahr 2023 = die übrigen Vorsorgeaufwendungen in Höhe von 4.000 EUR höchstens | 3.800 EUR |
im Jahr 2024 = die übrigen Vorsorgeaufwendungen in Höhe von 4.000 EUR höchstens | 3.800 EUR |
im Jahr 2025 = die übrigen Vorsorgeaufwendungen in Höhe von 4.000 EUR höchstens | 3.800 EUR |
Gesamtabzug bei Variante b) | 33.400 EUR |
Gesamtabzug bei Variante a) | 22.000 EUR |
Erhöhung des Sonderausgabenabzug durch im Jahr 2022 geleistete Vorauszahlungen | 11.400 EUR |
Bei einem Grenzsteuersatz von 35 % ergibt sich eine Einkommensteuerersparnis von 3.990 EUR zuzüglich der Ersparnis bei Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag
Vorauszahlungen der laufenden Beiträge bieten sich insbesondere an, wenn
- bei privat krankenversicherten Beamten oder Selbständigen, bei denen die sonstigen Vorsorgeaufwendungen (Arbeitslosen-, Unfall-, Haftpflicht- bzw. Lebensversicherungen) sich wegen der Höhe der Beiträge zur Basisabsicherung nicht oder nur in geringem Umfang als Sonderausgaben auswirken, oder
- wenn im Jahr der Vorauszahlung der Grenzsteuersatz (z.B. wegen einer Abfindung) voraussichtlich sehr hoch sein wird.
Nicht sinnvoll sind die Vorauszahlungen, wenn
- bei gesetzlich krankenversicherten, da der Arbeitgeber die Beiträge monatlich abführen muss,
- ein Ehepartner privat und der andere gesetzlich krankenversichert ist.
Vorauszahlungen sind vor dem 22.12.2022 zu leisten
Bei Vorauszahlungen zwischen dem 22.12.2022 und dem 31.12.2022 greift für regelmäßig wiederkehrende Zahlungen, wozu auch die Beiträge zur Basisabsicherung gehören, die Sondervorschrift des § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG. Danach gelten Ausgaben die regelmäßig wiederkehren als in dem Jahr verausgabt zu dem sie wirtschaftlich gehören.
Nach den Anweisungen in Rz. 153 des BMF-Schreibens vom 24.5.2017 (IV C 3 - S 2221/16/10001 :004) sind regelmäßig wiederkehrende Ausgaben, die kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres, zu dem sie wirtschaftlich gehören, abgeflossen und fällig geworden sind, dem Kalenderjahr zuzuordnen, zu dem sie wirtschaftlich gehören (§ 11 Absatz 2 Satz 2 i. V. m. Absatz 1 Satz 2 EStG). Für im Voraus entrichtete Beiträge bedeutet nach den Anweisungen im o.a. BMF Schreiben "kurze Zeit", dass die Zahlung innerhalb des Zeitraums vom 22.12. bis 31.12. vorgenommen wird und die Beiträge entsprechend der vertraglichen Vereinbarung innerhalb des Zeitraums vom 22.12. bis 10.1. fällig werden.
Daraus folgt, dass die Vorauszahlungen für die Jahre 2023 und 2025 vor dem 22.12.2022 geleistet werden müssen, damit das Finanzamt die Vorauszahlungen bei der Ermittlung der für das Jahr 2022 zu berücksichtigenden Vorsorgeaufwendungen anerkennt.
Höchstbetrag der Beitragsvorauszahlung beachten
Die Beiträge zur Basiskranken- und Pflegepflichtversicherung lassen sich nicht in unbeschränkten Umfang steueroptimiert vorauszahlen. § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 5 EStG besagt nämlich, dass Beiträge an die Basiskranken- und Pflegepflichtversicherung, die für nach Ablauf des Jahres beginnende Beitragsjahre geleistet werden und in der Summe das Dreifache der auf das Zahlungsjahr (hier 2022) entfallenden Beiträge überschreiten, in dem Jahr abzusetzen sind, für das sie geleistet wurden.
Beispiel: Bei dem Beamten B beträgt der Beitrag zur privaten Basiskranken- und Pflegepflichtversicherung im Jahr 2022 exakt 3.000 EUR (monatlich 250 EUR). Da B mit Beitragserhöhungen rechnet, leistet er im November 2022 eine Beitragsvorauszahlung an die Versicherung in Höhe von 9.900 Euro (3.300 EUR monatlicher Beitrag für 2023 bis 2026).
Lösung: Die Beitragsvorauszahlung beträgt mehr als das Dreifache des Beitrags für 2022 (9.000 EUR). Daher sind von der Beitragsvorauszahlung nur 9.000 EUR im Jahr 2022 als Sonderausgaben zu berücksichtigen (3 x 3.000 EUR). Die restlichen 900 EUR der Vorauszahlung werden zu je 300 EUR in den Jahren 2023 bis 2025 berücksichtigt.
Hinweis: Da die Höhe des Sonderausgabenabzugs von zahlreichen Komponenten abhängt (Höchstbeträge für Ehegatten, Günstigerprüfung des Finanzamts, Höhe des Grenzsteuersatzes) und die Berechnung der abzugsfähigen Beträge sehr kompliziert ist, sollte bei der Entscheidungsfindung ein Steuerberater hinzugezogen werden.
sehr geehrtes Haufe Team,
ich habe meine Privaten Krankenversicherungsbeiträge für das Jahr 2023 wegen Preisnachlass bei Jährlicher Zahlung bereits komplett im Jahr 2022 entrichtet.
Da die Zahlung vor dem 22.12.2022 erfolgte wurden dem Finanzamt elektronisch sämtliche Beitrage für 2022 und 2023 übermittelt.
Da ich meinen Wohnsitz in 2022 ins Nicht-Europäische Ausland verlegt habe und somit 2022, da verheiratet, noch den Splittingtarif nutzen kann, wäre es günstiger die Beiträge für 2023, auch 2023 anzusetzen.
Ist dies ohne weiteres noch möglich oder würde das Finanzamt dies nicht anerkennen, da die Zahlung vor dem 22.12.2022 erfolgte?
Mit freundlichen Grüßen
Dann muss (darf) ich die Krankenversicherungsbeiträge für 2022 und 2023 komplett bei der Steuererklärung 2022 geltend machen und eben vor dem 22.12.2023 die Beiträge für das Jahr 2024 entrichten, damit ich etwas bei der Steuererklärung 2023 geltend machen kann.
hier besteht leider kein Spielraum. Ausgaben sind nach § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG für das Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind.
MfG, Frank Holst, Haufe Online Redaktion
Sie schreiben "Nicht sinnvoll sind die Vorauszahlungen, wenn
bei Rentnern und Pensionären die alte Berechnungsmethode der Höchstbeträge günstiger ist"
Für 2022 gibt es die alte Berechnungsmethode nicht mehr, oder ?
Dazu hätte ich noch eine Frage, kann ich als Rentner in der KVdR, der zusätzlich für eine Direktversicherung mtl. KV-Beiträge bezahlt, diese auch vorauszahlen?
MfG
BS
da haben sie recht. Die "alte Berechnungsmethode" gilt nicht mehr, sodass wir diesen Punkt aus dem Beitrag gestrichen haben. Ansonsten kann ich ihnen nach Rücksprache mit dem Autor wie folgt antworten:
Die Vorauszahlung ist möglich und führt auch, soweit es sich um Beiträge zur Basisabsicherung handelt, zu einer Erhöhung der im Zahlungsjahr abzugsfähigen Vorsorgeaufwendungen. Da jedoch die KV Beiträge der Rentner bei Auszahlung der monatlichen Rente einbehalten werden, führt eine Vorauszahlung weiterer KV Beiträge nicht zu dem beschriebenen Steuerspareffekt. Das liegt daran, dass für die Jahre, für die Vorauszahlungen geleistet wurden, durch die Beträge zur KVdR die Höchstbeträge (1.900 bzw. 3.800 EUR) schon zum großen Teil bzw. ganz ausgeschöpft werden, und sich die sonstigen Vorsorgeaufwendungen steuerlich nicht bzw. nicht in vollem Umfang auswirken.
MfG, Frank Holst, Haufe Online Redaktion
meiner Meinung nach sollte die Regelung nicht nur für privat Versicherte gelten, sondern auch für freiwillig gesetzlich Versicherte. Dies könnte man im Artikel noch erwähnen. Vielen Dank!
MfG
Olaf Schmidt
bei den freiwillig in der GKV versicherten muss man unterscheiden zwischen abhängig Beschäftigten und Selbstständigen bzw. Freiberuflern.
Die Antwort von Herrn Holst hebt nur auf die erstere Gruppe ab. Im Gegensatz dazu erhalten freiwillig in der GKV versicherte Selbstständige KEINE Arbeitgeberzuschüsse; auch GKV-versicherte Rentner von berufsspezifischen Versorgungswerken (z.B. Ärzteversorgung) erhalten keine Beitragszuschüsse (im Gegensatz zu DRV-Rentnern). Daher lohnt für Selbstständige oder Versorgungswerk-Rentnern die Vorauszahlung durchaus.
worin besteht der genaue Unterschied zwischen privat und freiwillig gesetzlich versichertem Arbeitnehmer? Zuschüsse vom Arbeitgeber zur Kranken- und Pflegeversicherung erhalten doch beide Gruppen?
Warum ist die Vorauszahlung bei Ehepartnern mit unterscheidlichem Versicherungsstatus (Privat/gesetzlich) nicht sinnvoll. Gilt dies auch für die Kombination freiwillg gesetzlich/gesetzlich pflichtversichert?
Beste Grüße,
Florian Huber
da freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherte Arbeitnehmer auch bei Vorauszahlung ihrer Beiträge zur Krankversicherung monatlich den Zuschuss des AG zur KV/PV erhalten, und diese Zuschüsse im Jahr des Zuflusses mit den sonstigen Vorsorgeaufwendungen zu verrechnen sind, bleiben in der Regel keine oder nur sehr niedrige sonstige Vorsorgeaufwendungen abzugsfähig. Ist der AG Zuschuss höher als die sonstigen Vorsorgeaufwendungen, ist der Erstattungsüberhang dem Gesamtbetrag der Einkünfte hinzuzurechnen (§ 10 Abs. 4b Satz 3 EStG). Daher bezieht sich der Beitrag auf die Vorauszahlung von privaten Krankenversicherungsbeiträgen.
MfG, Haufe Online Redaktion