Entfernungspauschale bei Vermietung und Verpachtung

Nach § 9 Abs. 3 EStG gelten die Regelungen zur Entfernungspauschale bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung entsprechend. Im Zuge der Reisekostenreform wurde die regelmäßige Arbeitsstätte ab 1.1.2014 durch die erste Tätigkeitsstätte ersetzt. 

Unter welchen Voraussetzungen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung eine regelmäßige Arbeitssstätte bis 2013/erste Tätigkeitsstätte ab 2014 vorliegt, ist bislang höchstrichterlich noch nicht geklärt. Nach den Verwaltungsregelungen ist bei nicht umfangreichem Grundbesitz die Wohnung als regelmäßige (nicht erste) Tätigkeitsstätte anzusehen (R 21.2 Absatz 4 S. 3 EStH 2014).

Beim BFH ist zu dieser Frage aber nun ein Revisionsverfahren (Az. des Revision: IX R 18/15) anhängig, weil das FG Berlin-Brandenburg für die bis 31.12.2013 geltende Rechtslage entschieden hat (Urteil v. 11.2.2015, 7 K 7084/13), dass eine regelmäßige Tätigkeitsstätte am Vermietungsobjekt anzunehmen ist, wenn sich am Vermietungsobjekt im Wege einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls der quantitative und qualitative Mittelpunkt der gesamten auf dieses Objekt bezogenen, auf die Einkünfteerzielung gerichteten Tätigkeit des Steuerpflichtigen befindet. Gegen eine Einordnung des Vermietungsobjekts als regelmäßige Tätigkeit spreche insbesondere, wenn diese nur gelegentlich aufgesucht wird, wogegen regelmäßige Fahrten zum Vermietungsobjekt und die Vornahme umfangreicher Verwaltungs-, Instandhaltungs-, Überwachungs- und Pflegetätigkeiten am Vermietungsobjekt für eine regelmäßige Arbeitsstätte sprechen. 

Beispiel: A ist Besitzer von 3 Mehrfamilienhäusern mit jeweils 10 Wohnungen, die komplett vermietet sind. Objekt 1 befindet auf der gegenüberliegenden Straßenseite von seinem Wohnhaus. Objekt 2 und Objekt 3 liegen 10 bzw. 30 km vom Wohnort entfernt. Da A die Verwaltung der Objekte selbst wahrnimmt, fährt er von Montags bis Donnerstags vom Objekt 1 zunächst zum Objekt 2 und von dort weiter zum Objekt 3. Seine tägliche Arbeitszeit beträgt ca. 3 Stunden (gesamt pro Woche somit ca. 12 Stunden), in denen er u. a. Tätigkeiten wie Streuen, Fegen, Wässern, Pflanzen, Gartenarbeiten, Reparaturen und Verhandlungen mit Mietern wahrnimmt. Freitags ist A in seinem Wohnhaus mit Büroarbeiten (ca. 6 Stunden) für die Vermietung beschäftigt. Alle Objekte nehmen ungefähr die gleiche Zeit in Anspruch. 

Entsprechend der Auffassung des FG Berlin-Brandenburg liegt hier bis 31.12.2013 eine regelmäßige Tätigkeitsstätte an allen drei Vermietungsobjekten (vergleichbar wie im Arbeitnehmerbereich eine regelmäßige Arbeitsstätte pro Arbeitsverhältnis, vgl. BMF v. 24.10.2004, BStBl. 2014 I S. 1412) vor, weil A quantitativ überwiegend an den Vermietungsobjekten tätig geworden ist (12 zu 6 Stunden = 2/3 zu 1/3) und auch die Art und der Umfang (qualitativ) der fast täglich dort vorgenommen Tätigkeiten, wie streuen, fegen, wässern oder pflanzen dafür spricht.

Dies ändert sich auch m. E. in 2014 nicht. Im Arbeitnehmerbereich kommt es ab 2014 für die Bestimmung der ersten Tätigkeitsstätte bei fehlender dienst- oder arbeitsrechtlicher Festlegung durch den Arbeitgeber alleine auf quantitative Zuordnungskriterien an. Nicht mehr entscheidend ist wo der qualitative Schwerpunkt der Tätigkeit des Arbeitnehmers liegt oder liegen soll. So bestimmt § 9 Abs. 4 Satz 4 EStG, dass eine erste Tätigkeitsstätte die betriebliche Einrichtung ist, an der der Arbeitnehmer typischerweise arbeitstäglich oder zwei volle Arbeitstage oder mindestens ein Drittel seiner vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit tätig werden soll. Daher ist m. E. auch nach Wegfall der qualitativen Zuordnungskriterien ab 2014 an allen drei Vermietungsobjekten eine erste Tätigkeitsstätte anzunehmen, weil A zu 2/3 seiner Arbeitszeit an den Vermietungsobjekten tätig wird.

Praxis-Tipp: A wird hier auch in der Wohnung zu 1/3 tätig; die Wohnung (oder auch ein häusliches Arbeitszimmer) kann aber keine erste Tätigkeitsstätte sein. Ist nämlich eine Tätigkeitsstätte Teil der Wohnung, kann diese wegen ihrer engen Einbindung in den privaten Lebensbereich nicht als erste Tätigkeitsstätte angesehen werden (BFH, Urteil v. 22.10.2014, BStBl. 2015 II S. 273). Liegt das Büro (oder das Arbeitszimmer) aber außerhäuslich – hier z. B. im Objekt 1 auf der gegenüberliegenden Straßenseite – kommt auch das Büro als erste Tätigkeitsstätte für die weiter entfernt liegenden Objekte 2 und 3 in Betracht. Da A hier zu 1/3 (6/18 Stunden bzw. 2/6 Stunden pro Objekt) tätig wird, erfüllen sowohl das Büro als auch die Vermietungsobjekte die zeitlichen Kriterien für eine erste Tätigkeitsstätte. In diesem Fall wird zugunsten des Stpfl. die Tätigkeitsstätte als erste angenommen, die der Wohnung am nächsten liegt (§ 9 Abs. 4 Satz 7 EStG). Dies wäre dann das Büro im Objekt 1, sodass A die täglich gefahrenen Kilometer (60 km) zu den Objekten 2 und 3 als Werbungskosten geltend machen könnte.