Modernisierung des Besteuerungsverfahrens auf der Zielgeraden

So manch positive Wendung für den Berufsstand enthält der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens. Dennoch birgt er gerade für Steuerberater noch immer Risiken, die den Kanzleiablauf künftig belasten würden.

Daher setzte der Deutsche Steuerberaterverband e. V. (DStV) den fachlichen Austausch mit MdB Margaret Horb, der Berichterstatterin der CDU/CSU-Fraktion im Finanzausschuss, am 22.2.2016 fort. Zur Sensibilisierung übermittelte er seine Stellungnahme S 03/16 zum Regierungsentwurf zudem an eine Reihe von weiteren Mitgliedern des Finanzausschusses. Auch als Sachverständiger in der öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses des Bundestages Mitte April wird der DStV den Belangen des Berufsstands Gehör verschaffen. 

Senkung der Attraktivität der Vollmachtsdatenbank

Der DStV thematisiert unter anderem das geplante Bußgeld im Falle der Pflichtverletzung bei der Übermittlung von Vollmachtsdaten (§ 383b AO-E). Künftig soll derjenige ordnungswidrig handeln, wer der Finanzbehörde vorsätzlich oder leichtfertig unzutreffende Vollmachtsdaten übermittelt oder den Widerruf durch den Vollmachtgeber nicht unverzüglich mitteilt. Die Ordnungswidrigkeit steht im Ermessen der Finanzbehörde und soll künftig mit einer Geldbuße bis zu 10.000 EUR geahndet werden können.

Der DStV lehnt die Einführung der Ordnungswidrigkeit ab, da die Sanktion die Attraktivität der Vollmachtsdatenbank sowie die der sogenannten "Vorausgefüllten Steuererklärung" und damit deren freiwillige Nutzung deutlich schwächen würde. Soweit an der Sanktion festgehalten wird, regt er an, den Wortlaut wie folgt anzupassen:

  • Die Fehlverhalten dürfen nicht bei Leichtfertigkeit, sondern nur bei Vorsatz sanktioniert werden.
  • Die Sanktion darf nur noch greifen, wenn die Mitteilung über den Widerruf der Vollmacht nicht erfolgt. Die "Unverzüglichkeit" muss gestrichen werden.

Darüber hinaus lehnt der DStV die vom Bundesrat vorgeschlagene Erweiterung des Anwendungsbereichs der Ordnungswidrigkeit ab. Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob der Anwendungsbereich der Sanktion auf die nicht unverzügliche Anzeige der Änderung einer elektronisch an die Finanzbehörden übermittelten Vollmacht zu erweitern ist (Stellungnahme des Bundesrates, Nr. 7 "Zu Art. 1 Nr. 47 (§ 383b Abs. 1 Nr. 2 AO)"). Die Bundesregierung befürwortet gemäß der Ausführungen in ihrer Gegenäußerung die vorgeschlagene Erweiterung.

Keine Erweiterung der Anwendung des automatischen Verspätungszuschlags!

Als weiteren kritischen Aspekt hebt der DStV die Prüfbitte des Bundesrates hervor, ob eine Gleichbehandlung von monatlich bzw. vierteljährlich abzugebenden mit den jährlich abzugebenden Lohnsteueranmeldungen bezogen auf die Festsetzung von Verspätungszuschlägen ohne Ermessensentscheidung erfolgen kann (Stellungnahme des Bundesrates, Nr. 5. "Zu Art. 1 Nr. 23 (§ 152 AO)"). Die Bundesregierung wird gemäß den Ausführungen in ihrer Gegenäußerung der Bitte um Prüfung nachkommen. 

Der DStV lehnt den Vorschlag des Bundesrates ab, da eine Ausweitung der automatischen Sanktion ohne eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit den Abläufen in der täglichen Praxis nicht gerecht werden würde. In der Regel werden die monatlichen bzw. vierteljährlichen Lohnsteueranmeldungen in Kombination mit der Buchführung des Unternehmens angefertigt. Gerade im Falle der monatlichen Abschnittsbesteuerung kann es aufgrund der Komplexität der Buchführungen zu kurzen, temporären Fristüberschreitungen kommen. Angesichts der Zeitknappheit sollte die Finanzverwaltung weiterhin im Einzelfall beurteilen müssen, ob eine Sanktionierung des Fehlverhaltens angemessen ist.

Rechtsunsicherheit durch Erweiterung der Ablaufhemmungen

Aus Gründen der Rechtssicherheit sind die Planungen zur Erweiterung des Katalogs der Ablaufhemmungen abzulehnen. Künftig soll die Festsetzungsfrist für einen Folgebescheid in den Fällen, in denen der Grundlagenbescheid von einer anderen Stelle als der Finanzbehörde erlassen wird, nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach dem Zeitpunkt enden, in dem die Finanzbehörde Kenntnis von der Entscheidung über den Erlass des Grundlagenbescheids erlangt hat (§ 171 Abs. 10 S. 2 AO-E). Damit verlängert sich die Festsetzungsfrist in den Fällen, in denen nicht die Finanzbehörde für den Erlass des Grundlagenbescheids zuständig ist, auf unbestimmte Zeit. Aus der Verlängerung resultiert eine Rechtsunsicherheit für den Steuerpflichtigen sowie seinen Berater. Aus Sicht des DStV sollte auf die Neuerung verzichtet werden. Andernfalls muss für entsprechende Fälle gesetzlich eine zeitliche Begrenzung mit Augenmaß vorgesehen werden.

Zudem ist geplant, dass bei Daten von Seiten Dritter, die innerhalb von sieben Jahren nach dem Besteuerungszeitraum der Finanzverwaltung zugegangen sind, die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Zugang dieser Daten endet (§ 171 Abs. 10a AO-E). Auch durch diese Verlängerung der Festsetzungsfrist erhöht sich die Rechtsunsicherheit zu Lasten der Steuerpflichtigen. Die Veranlagungsfälle werden im Einzelfall neun Jahre in der Schwebe gehalten. Wie der DStV in seiner Stellungnahme aufzeigt, erscheint dieser Zeitraum im Verhältnis zur regelmäßigen Festsetzungsverjährungsfrist unangemessen lang.

Das Gespräch mit MdB Margaret Horb führten DStV-Präsident WP/StB Harald Elster, DStV-Geschäftsführer RA/StB Norman Peters sowie die Leiterin der DStV-Steuerabteilung RAin/StBin Sylvia Mein.

DStV, Mitteilung vom 24.03.201