Kampf gegen Briefkastenfirmen: Weitere Änderungen

Neben diesen Maßnahmen zur Bekämpfung der Steuerumgehung, sind im Gesetzesentwurf noch weitere Änderungen vorgesehen. Diese stellen vor allem eine gesetzgeberische Reaktion auf EuGH-Urteilen bzw. Vertragsverletzungsverfahren der Europäischen Kommission dar. Dies wird folgende Neuregelungen bringen:

Neben diesen Maßnahmen zur Bekämpfung der Steuerumgehung, sind mit dem Gesetz noch weitere Änderungen beschlossen worden, welche nichts mit Steuerumgehung zu tun haben. Einige davon waren bereits im Entwurf vorgesehen, ein großer Teil kam jedoch erst im Verlaufe des Gesetzgebungsverfahren - zuletzt noch im Finanzausschuss am 26.4.2017 - in das Gesetzespaket mit hinein. Diese Änderungen stellen teilweise eine gesetzgeberische Reaktion auf EuGH-Urteile bzw. Vertragsverletzungsverfahren der Europäischen Kommission dar. Zum großen Teil handelt es sich aber um aktuellen Änderungsbedarf quer durch das Steuerrecht, der kurzfristig umgesetzt werden sollte. Hierzu wurde dieses voraussichtlich letzte Steueränderungsgesetz vor den Wahlen im Herbst genutzt, das damit faktisch zu einem Jahressteuergesetz herangewachsen ist.

Die Änderungen werden nachfolgend gegliedert nach dem jeweiligen Steuergesetz aufgeführt.

Abgabenordnung

  • Nach § 175b Abs. 2 AO ist ein Steuerbescheid aufzuheben oder zu ändern, wenn die nach § 93c AO übermittelten Daten zu Ungunsten des Steuerpflichtigen unrichtig sind. Hierzu wird noch eingefügt, dass dies nur gilt, wenn diese Daten rechtserheblich sind. Damit scheidet eine Änderung aus, wenn eine erstmalige oder berichtigte Übermittlung nur bezüglich steuerrechtlich unerheblicher Werte erfolgt. Auch ist eine Änderung nicht generell bei einer Änderung der Rechtsprechung oder Gesetzgebung möglich (§ 175b Abs. 4 AO).
  • Die Verletzung der Pflicht zur Kontenwahrheit (§ 154 Abs. 1 AO) war bereits bußgeldbewehrt. In den Katalog der Ordnungswidrigkeiten wird neu mit aufgenommen die Verletzung der den Kreditinstituten obliegenden Pflichten nach § 154 Abs. 2 bis 2c AO. Zudem ist in der Vorschrift nun eine Gruppierung nach der maximalen Höhe des Bußgelds enthalten (§ 154 Abs. 4 bis 7 AO).

Einkommensteuergesetz

  • Ein neuer § 4i EStG wird in das Gesetz eingefügt. Dieser regelt den Sonderbetriebsausgabenabzug "bei Vorgängen mit Auslandsbezug". Ein Abzug von Sonderbetriebsausgaben wird versagt, wenn diese bereits in einem anderen Staat die steuerliche Bemessungsgrundlage gemindert haben. In der endgültigen Fassung wird sowohl der Begriff “Personengesellschaft“ als auch der Begriff "Mitunternehmer" vermieden, da Sonderbetriebsausgaben ohnehin nur bei diesen Gesellschaftsformen vorkommen können. Folglich ist z. B. auch auf eine atypisch stille Gesellschaft mit abgedeckt.
  • Eine gesetzgeberische Panne in § 32a Abs. 1 Satz 1 EStG wurde beseitigt. Diese Norm ist "ab" dem Veranlagungszeitraum 2018 gültig und nicht nur "im" VZ 2018, wie es derzeit noch im EStG geregelt ist.
  • Änderungsbedarf bestand auch bei den Steuerklassen. Seit 2012 ist geregelt, dass Arbeitnehmer bei der Heirat die Steuerklasse III erhalten, wenn nur ein Ehegatte als Arbeitnehmer tätig ist (§ 39e Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 EStG). Programmtechnisch war dies aber nicht zu realisieren, sodass die Praxis seither mit einer Umgehungslösung arbeitet. Ab 2018 soll diese im ELStAM-Verfahren bewährte automatisierte Einreihung von Arbeitnehmern bei Heirat jeweils in die Steuerklasse IV gesetzlich fixiert werden. Dies wird auch gelten, wenn nur einer der Ehegatten in einem Arbeitsverhältnis steht. Zudem wird es künftig auch einen einseitig möglichen Antrag auf Steuerklassenwechsel von III / V zu IV / IV geben (§ 38b Abs. 1 Satz 2 Nr. 3a EStG mit Folgeänderungen in §§ 38b, 39, und 39e EStG, sowie in § 52 Abs. 39 EStG).
  • Arbeitgeber dürfen ab 2018 bei kurzfristig beschäftigten Arbeitnehmern mit der Steuerklasse VI einen sog. permanenten Lohnsteuer-Jahresausgleich durchführen; auch dies entspricht der bisherigen Verwaltungsregelung. Voraussetzung ist, dass der Arbeitnehmer unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist, bei der Steuerklasse VI kein Freibetrag zu berücksichtigen ist und die Dauer der Beschäftigung 24 zusammenhängende Arbeitstage nicht übersteigt (§ 39b Abs. 2 Satz 13 bis 16 EStG).
  • Bereits mit dem Bürokratieentlastungsgesetz v. 28.7.2015 (BGBl. I S. 1400) wurde die Ausweitung des Faktorverfahrens auf 2 Jahre beschlossen. Da die EDV-technischen Änderungen nun absehbar sind, wurde jetzt noch der Starttermin in das Gesetz aufgenommen. Das 2-jährige Faktorverfahren wird es ab dem VZ 2019 geben (§ 52 Abs. 37a EStG).
  • Überraschend kam auch noch eine Änderung zum Kindergeld hinzu. Ein Kindergeldantrag kann nur noch für 6 Monate rückwirkend gestellt werden; bisher war dies innerhalb der 4-jährigen Festsetzungsverjährung möglich. Diese Änderung wird nur für künftige Anträge ab dem 1.1.2018 gelten; es sollen Anreize für ein betrügerisches Verhalten reduziert werden (§ 66 Abs. 3 EStG).
  • Neu mit aufgenommen wurde auch eine Datenübermittlung durch das BZSt an die Familienkasse, die ab dem 1.11.2019 angewendet wird. Das BZSt wird die von den Meldebehörden eingegangenen Daten für Kinder mit Kindergeldberechtigung übermitteln, wenn diese ins Ausland verzogen sind. Damit erhalten die Familienkassen früher Kenntnis vom einem ggf. erfolgten Wegfall der Kindergeldberechtigung (§ 69 EStG).

Erbschaftsteuergesetz

  • Ziel einer Änderung ist es, dass sämtliche Abfindungen der Besteuerung unterliegen sollen, die für nicht mehr oder nur noch teilweise geltend gemachte Rechte oder Ansprüche gewährt werden (§ 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG). Dies betrifft insbesondere den Verzicht auf ein Bestreiten der Erbenstellung eines anderen. Doch auch bei Abfindungen im Zusammenhang mit streitigen Vermächtnissen oder Abfindungszahlungen wird die Änderung eingreifen. Mit der Änderung wird der Rechtsprechung des BFH (Urteil v. 4.5.2011, II R 34/09 und dem daran anschließendem Urteil v. 15.6.2016, II R 24/15) der Boden entzogen und eine Besteuerungslücke geschlossen. Der BFH hatte die noch auf Rechtsprechung des RFH basierende Besteuerung von Abfindungen an einen Erbprätendenten für unzutreffend erklärt, zugleich aber die Abziehbarkeit des Abfindungsbetrags als Nachlassverbindlichkeit bejaht. Die Steuer entsteht im Zeitpunkt des Verzichts, der Ausschlagung, der Zurückweisung oder der Erklärung über das Nichtgeltendmachen (§ 9 Abs. 1 Nr. 1b ErbStG).
  • Aktuell wird bei der Erbschaftsteuer bzw. Schenkungsteuer einem beschränkt Steuerpflichtigen ein geringerer Freibetrag nach § 16 Abs. 2 ErbStG als einen unbeschränkt Steuerpflichtigen gewährt, sofern der Erwerber keinen Antrag nach § 2 Abs. 3 ErbStG stellt. Diese Ungleichheit wurde vom EuGH als unionsrechtswidrig bemängelt (EuGH, Urteil v. 4.9.2014, C-211/13 und v. 8.6.2016, C-479/14, Hünnebeck). Die Höhe der Freibeträge ist künftig grundsätzlich einheitlich. Jedoch ist der persönliche Freibetrag anteilig zu kürzen, wenn nicht der gesamte Vermögensanfall, sondern nur das darin enthaltene Inlandsvermögen besteuert wird (§ 2 Abs. 3 und § 16 Abs. 2 ErbStG).
  • Eine weitere Norm des ErbStG wurde geändert. Betroffen ist die Versagung des besonderen Versorgungsfreibetrags bei beschränkt steuerpflichtigen Erwerbern. Dies hatte die Europäische Kommission bemängelt (Vertragsverletzungsverfahren Nr. 2012/2158). Mit der Änderung wird der besondere Versorgungsfreibetrag für Ehegatten/Lebenspartner und Kinder des Erblassers auch bei nur beschränkter Steuerpflicht gewährt. Verknüpft wird dies allerdings mit einem Erfordernis der Amtshilfe, damit die deutschen Finanzämter bei Bedarf Auskünfte von ausländischen Behörden zu den dortigen Versorgungsbezüge erhalten können (§ 17 ErbStG). Diese Änderung gilt rückwirkend für alle noch nicht bestandskräftigen Veranlagungen.

Sonstige Gesetze


  • Entsprechend der Änderung zum Kindergeld im EStG, wurde auch das Bundeskindergeldgesetz angepasst. Ein Kindergeldantrag kann künftig nur noch für 6 Monate rückwirkend gestellt werden (§ 6 Abs. 3 BKKG).
  • Schließlich sind auch noch Änderungen zum Investmentsteuerreformgesetz (InvStG 2018) enthalten. Davon betroffen sind nur Dach-Spezial-Investmentfonds, die in Ziel-Spezial-Immobilienfonds investieren. Für diese soll, anders als für inländische Immobilienerträge eines Spezial-Investmentfonds, die Steuerpflicht nicht entfallen. Dies ist möglich, wenn der Spezial-Investmentfonds auf ausgeschüttete oder ausschüttungsgleiche inländische Immobilienerträge Kapitalertragsteuer gemäß § 50 InvStG erhebt und abführt, sowie dem Anleger eine Steuerbescheinigung nach § 45a Abs. 2 EStG ausstellt. Durch die jetzige gesetzliche Änderung wird sichergestellt, dass die Steuerpflicht der inländischen Immobilienerträge durch Dach-Zielfonds-Konstruktionen nicht umgangen werden kann (§ 33 Abs. 1 Satz 1 InvStG). Dadurch wird verhindert, dass gestalterisch unversteuerte (weiße) Einkünfte aus inländischen Immobilienerträgen erzielt werden können.
  • Weitere "Nachbesserungen" zum InvStG gibt es im Bereich der Ermittlung des Gewinns aus der fiktiven Veräußerung zum 31.12.2017. Es ist dabei nicht nur auf den steuerbilanziellen Gewinn abzustellen ist, sondern es sind auch außerbilanzielle Korrekturen vorzunehmen, insbesondere zum positiven oder negativen Aktiengewinn (§ 56 Abs. 3 Satz 1 InvStG). In dem Zusammenhang wird zudem die Sonderregel zur zeitlichen Berücksichtigung des Gewinns oder Verlustes erst im Zeitpunkt der tatsächlichen Veräußerung aufgehoben. Dies gilt immer, wenn es sich bei dem Anleger um einen Investmentfonds oder einen Spezial-Investmentfonds handelt. Es bleibt bei der Grundregel, der Berücksichtigung des Gewinns aus der fiktiven Veräußerung zum 31.12.2017. Das führt zu einer administrativen Vereinfachung (§ 56 Abs. 3 Satz 7 InvStG).
  • Die grundlegenden Änderungen des InvStG mit weitgehend geänderten Regeln für Erträge bis 2017 bzw. ab 2018 erfordern eine Trennung der Erträge. Um eine länger andauerndes Nebeneinander zu vermeiden, wird nun noch geregelt, dass Erträge, die unter dem alten Recht entstanden sind, zwingend nach den Besteuerungsregelungen des alten Rechts erfasst werden. Hierfür werden gesetzlich Zuflusszeitpunkte fingiert, getrennt nach ordentlichen und außerordentlichen Alterträgen bzw. nach Substanzbeträgen (§ 56 Abs. 7 bis 9 InvStG).
  • Und schließlich sind noch Änderungen im Steuerberatungsrecht erfolgt. Die erste Änderung beruht auf Rechtsprechung des EuGH (Rs. C-342/14.). Es wird klarstellend geregelt, dass es keines physischen Grenzübertritts bedarf und eine Befugnis ausländischer Dienstleister zur vorübergehenden und gelegentlichen Hilfeleistung in Steuersachen auch dann bestehen kann, wenn die Dienstleistung vom Niederlassungsstaat des ausländischen Dienstleisters aus erbracht wird (§ 3a StBerG). Zudem wird erstmals geregelt, dass diese Regelungen nicht nur für natürliche Personen, sondern ausdrücklich auch für juristische Personen gelten (§ 3c StBerG). Neu ins Gesetz aufgenommen wurde, dass die Tätigkeit als Mitglied eines Organs oder in einem Ausschuss der Steuerberaterkammern ehrenamtlich erfolgt (§ 73 Abs. 4 StBerG). Analog besagt ein neuer § 77b StBerG, dass der Vorstand unentgeltlich tätig ist, lediglich eine angemessene Aufwandsentschädigung erhält. Gleiches gilt für ein Organ oder Ausschussmitglied der Bundessteuerberaterkammer (§ 85 Abs. 5 StBerG).

Nicht erfolgte Änderungen

  • Ursprünglich war geplant, auch die Strafprozessordnung zu ändern (§ 100 Abs. 2 Nr. 2a StPO). Hintergrund dafür ist, dass Telekommunikationsüberwachungen derzeit nur bei einer bandenmäßig durchgeführten Umsatz- oder Verbrauchsteuerhinterziehung zulässig. Bei sonstigen besonders schweren Fällen der Steuerhinterziehung ist dies nicht möglich. Ein kollusives Zusammenwirken tritt aber auch im Bereich der Ertragsteuerhinterziehung auf, z. B. bei den sog. Cum-Ex-Geschäften oder bei Domizilgesellschaften. Dennoch ist hierzu nun keine Änderung im Gesetz enthalten.
  • Ebenfalls erfolglos blieb ein Änderungsantrag der Opposition, welcher die Schaffung einer zentralen Bundessteuerverwaltung zum Ziel hatte. Dies wurde unter Hinweis auf die nicht zu erwartende Zustimmung der Bundesländer abgelehnt.