Übertragungen, Überführungen einzelner Wirtschaftsgüter oder Betriebe, Nachversteuerungsfälle


Kapitel
 Thesaurierungsbegünstigung  Nachversteuerungsfälle

Wird ein einzelnes Wirtschaftsgut im Wege der Buchwertfortführung gem. § 6 Abs. 5 EStG aus einem Betrieb oder Mitunternehmeranteil in ein anderes Betriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen überführt, kommt hierbei gem. § 34a Abs. 5 Satz 1 EStG unter den Voraussetzungen des Abs. 4 EStG eine Nachversteuerung in Betracht.

Gem. § 34a Abs. 5 Satz 2 EStG besteht die Möglichkeit die Nachversteuerung zu vermeiden. Stattdessen kann dieser auf Antrag anteilig dem übernehmenden Betriebsvermögen zugerechnet werden, wodurch eine unmittelbare Nachversteuerung im Ursprungsbetrieb vermieden wird. Kritisch wird teilweise gesehen, dass dies ebenso bei tauschähnlichen Vorgängen, die unter § 6 Abs. 5 EStG fallen (Übertragung gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten), gelten soll (Niehus/Wilke in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 34a EStG, Abs. 5 Satz 1).

Für Geldbeträge gilt diese Übertragungsregel hingegen nicht – eine Verschiebung von liquiden Mitteln zwischen verschiedenen Betrieben oder Mitunternehmeranteilen löst stets eine sofortige Nachversteuerung aus. Diese Ansicht wird teilweise in der Literatur nicht geteilt (z. B. Lammers in: BeckOK EStG, § 34a EStG, Rz. 128). Etwas anderes gilt für auf Geld gerichtete Forderungen. Diese können, anders als Bargeld oder Bankguthaben, unter die Regelung des § 34a Abs. 5 Satz 2 EStG fallen und ermöglichen eine Übertragung des Nachversteuerungspotenzials auf das aufnehmende Betriebsvermögen.

Kommt es in späteren Jahren infolge eines sog. schädlichen Ereignisses – etwa einer Entnahme oder Veräußerung – zu einer rückwirkenden Teilwertansetzung nach § 6 Abs. 5 Satz 4 oder 6 EStG, ist die zuvor vorgenommene Übertragung des Nachversteuerungsvolumens rückabzuwickeln. Der entsprechende Betrag wird dann dem ursprünglichen Betrieb wieder zugerechnet und dort der Nachversteuerung unterworfen.

Übertragung/Einbringung des ganzen Betriebs oder ganzen Mitunternehmeranteils

Wird ein gesamter Betrieb oder ein vollständiger Mitunternehmeranteil unentgeltlich übertragen (§ 6 Abs. 3 EStG) oder zu Buchwerten in eine Personengesellschaft eingebracht (§ 24 UmwStG), ist der festgestellte nachversteuerungspflichtige Betrag nach § 34a Abs. 7 EStG auf den Erwerber bzw. Mitunternehmernachfolger zu übertragen. Erfolgt die Einbringung hingegen nicht zum Buchwert, ist der Nachversteuerungsbetrag im Jahr der Übertragung in voller Höhe aufzulösen und zu versteuern.

Findet die Übertragung nicht zum Ende des Wirtschaftsjahres statt, ist zwingend eine Schlussbilanz zum Übertragungszeitpunkt aufzustellen. Erfolgt dies nicht, sind sämtliche Entnahmen und Einlagen zeitlich aufzuteilen: Vorgänge vor dem Übertragungszeitpunkt sind dem Übergeber, spätere dem Übernehmer zuzuordnen – maßgeblich ist dabei jeweils der tatsächliche Zufluss oder Abfluss. Der laufende Gewinn des Übertragungsjahres ist in diesem Fall im Wege sachgerechter Schätzung aufzuteilen.

Der Übergang des Nachversteuerungsvolumens auf den Rechtsnachfolger lässt sich vermeiden, wenn der Übergeber vor der Übertragung einen Antrag auf Nachversteuerung gem. § 34a Abs. 6 Satz 1 Nr. 5 EStG stellt.

Zu teilentgeltlichen Übertragungen trifft das BMF-Schreiben keine Aussagen.

Übertragung/Einbringung eines Teils eines Betriebs oder eines Teils eines Mitunternehmeranteils

Wird eine natürliche Person unentgeltlich in ein bestehendes Einzelunternehmen aufgenommen oder ein Teil eines Mitunternehmeranteils unentgeltlich auf sie übertragen, geht der Nachversteuerungsbetrag gem. § 34a Abs. 7 Satz 3 EStG anteilig auf den neuen Mitunternehmer über. Dies gilt auch, wenn die Übertragung über eine zwischengeschaltete Personengesellschaft erfolgt oder im Rahmen einer Buchwert-Einbringung nach § 24 UmwStG stattfindet. Auch diese Regelung wurde neu durch das WtChancenG eingeführt.

Für die Ermittlung des übergehenden Betrags ist der Buchwertanteil des übertragenen Betriebsvermögens am Gesamtvermögen des Übertragenden maßgeblich – bestehend aus Gesamt-, Ergänzungs- und Sonderbilanz. Andere Verteilungsmaßstäbe sind ausgeschlossen.

Ob im Zuge der Übertragung ein Entnahmenüberhang entsteht, ist für beide Beteiligten – Übertragenden und Übernehmenden – getrennt zu prüfen. Maßgeblich sind jeweils der Gewinnanteil und die individuellen Entnahmen und Einlagen im gesamten Veranlagungszeitraum. Der Übertragende versteuert zunächst seinen eigenen Entnahmenüberhang; ein eventuell verbleibender Betrag geht anteilig auf den Übernehmenden über, der diesen dann in Höhe seines eigenen Überhangs nachzuversteuern hat.

Vollständige Nachversteuerung

Wird ein Betrieb oder gesamter Mitunternehmeranteil in seiner Gesamtheit aufgegeben, verkauft oder im Rahmen einer Realteilung beendet, entfällt die Grundlage für die Anwendung der Thesaurierungsbegünstigung gem. § 34a Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 EStG. In einem solchen Fall ist der bis dahin festgestellte nachversteuerungspflichtige Betrag vollständig zu versteuern – unabhängig davon, ob tatsächlich Entnahmen erfolgt sind.

Die Nachversteuerung erfolgt in voller Höhe und lässt sich nicht vermeiden. Gleiches gilt bei einer Aufgabe mit Buchwertfortführung nach § 16 Abs. 2 Satz 3 EStG: Auch hier ist der bestehende Nachversteuerungsbetrag zwingend aufzulösen. Die Veräußerung eines Teilbetriebs, eines Teils eines Mitunternehmeranteils oder eines Teils eines Betriebs löst hingegen keine Nachversteuerung aus, da diese im Rahmen des verbleibenden Betriebs oder Mitunternehmeranteils möglich bleibt.

Wird ein Betrieb oder Mitunternehmeranteil im Wege der Einbringung auf eine Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft übertragen, ist der gesamte nachversteuerungspflichtige Betrag gem. § 34a Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 EStG zwingend aufzudecken. Gleiches gilt bei einem Formwechsel einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft – einschließlich der Option zur Körperschaftsbesteuerung gem.äß § 1a KStG.

Dies gilt gem. § 34a Abs. 6 Satz 1 Nr. 3 EStG ebenso, wenn Betrieb oder Mitunternehmeranteil unentgeltlich nach § 6 Abs. 3 EStG auf eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse übertragen wird, gem. § 34a Abs. 6 Satz 1 Nr. 4 EStG beim Übergang von der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich zur Einnahmen-Überschussrechnung oder zu einer pauschalierten Gewinnermittlung oder gem. § 34a Abs. 6 Satz 1 Nr. 5 EStG durch Antrag des Steuerpflichtigen.

Anteilige Nachversteuerung

Im Rahmen des WtChancenG wurde ein neuer § 34a Abs. 6 Satz 2 EStG eingeführt. Dieser enthält nun eine Erweiterung der Nachversteuerungstatbestände. Es sollen nun auch anteilige Übertragungen/Veräußerungen zu einer anteiligen Nachversteuerung führen. Folgende neue Tatbestände sind vorgesehen:

  • Entgeltliche Aufnahme eines Mitunternehmers in ein bestehendes Einzelunternehmen;
  • Veräußerung eines Teils eines Mitunternehmeranteils;
  • Einbringung eines Teilbetriebs oder eines Teils eines Mitunternehmeranteils;
  • Unentgeltliche Übertragung eines Teilbetriebs oder Teils eines Mitunternehmeranteils nach § 6 Abs. 3 EStG auf eine Körperschaft gem. § 1 Abs. 1 KStG;
  • Unentgeltliche Übertragung eines Teilbetriebs oder Teils eines Mitunternehmeranteils auf eine Mitunternehmerschaft, soweit dort Körperschaften des § 1 Abs. 1 KStG beteiligt sind;
  • Unentgeltliche Aufnahme eines Mitunternehmers in ein bestehendes Einzelunternehmen, wenn die Übertragung auf eine Körperschaft des § 1 Abs. 1 KStG erfolgt.

Maßgeblich für die quotale Nachversteuerung ist der Anteil des übertragenen Betriebsvermögens an dem Betriebsvermögen des Rechtsvorgängers vor der Übertragung. Bei Einzelunternehmen ist das Betriebsvermögen das Eigenkapital, bei Mitunternehmerschaften das anteilige Gesellschaftskapital, das Kapital der Ergänzungsbilanzen und das Kapital der Sonderbilanzen.

Sinn und Zweck dieser Regelung ist die Verhinderung von Gestaltungsmöglichkeiten, bei denen Betriebsvermögen bis auf einen Zwergenanteil übertragen wird und dies bisher kein Nachversteuerungstatbestand ausgelöst hat.

Stundung

Kommt es zu einer Nachversteuerung infolge einer Betriebsveräußerung, -aufgabe oder -einbringung, kann die hieraus resultierende Steuerlast unter bestimmten Voraussetzungen über einen Zeitraum von bis zu 10 Jahren zinslos gestundet werden. Voraussetzung ist jedoch, dass die sofortige Zahlung im konkreten Fall eine unzumutbare wirtschaftliche Belastung darstellen würde. Ob eine solche Härte gegeben ist, richtet sich nach den allgemeinen Maßstäben des § 222 AO und bedarf einer sorgfältigen Prüfung der Gesamtumstände.

Bei freiwilliger Nachversteuerung oder einem Wechsel der Gewinnermittlungsart greift diese spezielle Stundungsregelung nicht. Die allgemeinen Möglichkeiten zur Stundung nach § 222 AO bleiben hiervon unberührt.

Schlagworte zum Thema:  Personengesellschaft, Einkommensteuer