Katastrophenerlass: Erdbeben Syrien und Türkei

In einem umfangreichen sog. Katastrophenerlass regelt das BMF die Erleichterungen für Unterstützungsmaßnahmen im Zusammenhang mit dem Erdbeben in der türkisch-syrischen Grenzregion. Im Beitrag werden die einzelnen Maßnahmen erläutert.

Katastrophenerlass: Erdbeben Syrien und Türkei

Die nachfolgend dargestellten steuerrechtlichen Erleichterungen gelten für Unterstützungsmaßnahmen im Zeitraum vom 6.2.2023 bis zum 31.12.2023. Es handelt sich dabei insbesondere um

  • einen vereinfachten Nachweis für steuerbegünstigte Zuwendungen (Spenden),
  • Spendenaktionen oder Mittelverwendung von steuerbegünstigten Körperschaften,
  • die steuerliche Behandlung von Zuwendungen aus dem Betriebsvermögen,
  • lohnsteuerliche Vereinfachungen für Beihilfen und Unterstützungen des Arbeitgebers,
  • den Verzicht auf Aufsichtsratsvergütungen,
  • sowie Folgen bei der Umsatzsteuer bzw. Schenkungsteuer.

Die einzelnen Maßnahmen werden nachfolgend erläutert.

Nachweis steuerbegünstigter Zuwendungen

Anstelle der üblichen Zuwendungsbestätigung genügt als Nachweis bei Zahlung auf ein dafür eingerichtetes Sonderkonto der Bareinzahlungsbeleg oder die Buchungsbestätigung eines Kreditinstitutes (z. B. Kontoauszug, Lastschrifteinzugsbeleg oder der PC-Ausdruck). Dies gilt für Sonderkonten einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts, einer inländischen öffentlichen Dienststelle oder eines inländischen amtlich anerkannten Verbandes der freien Wohlfahrtspflege einschließlich seiner Mitgliedsorganisationen.

Auch bei Zahlungen über ein Treuhandkonto eines Dritten genügt ein Zahlungsbeleg zusammen mit einer Kopie über die Weiterleitung der Spende auf ein Sonderkonto bzw. einer auf den Zuwendenden ausgestellte Zuwendungsbestätigung des zur Bescheinigung berechtigten Zuwendungsempfängers.

Als Verwendungszweck ist die Angabe "Förderung mildtätiger Zwecke (§ 53 AO)" ausreichend.

Tipp: Entsprechende Nachweise sind lediglich auf Anforderung des Finanzamts vorzulegen; ansonsten genügt es, dass diese vorgehalten und bis zum Ablauf eines Jahres nach Bekanntgabe der Steuerfestsetzung aufbewahrt werden (§ 50 Abs. 8 EStDV).

Maßnahmen von steuerbegünstigten Körperschaften

Eingeworbene Spenden

Eine steuerbegünstigte Körperschaft darf Mittel nur für diejenigen steuerbegünstigten Zwecke verwenden, die sie nach ihrer Satzung fördert (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 AO). Ruft eine Körperschaft, die keine mildtätigen Zwecke verfolgt (z. B. Sportverein, Musikverein, etc.) zu Spenden für die Geschädigten des Erdbebens auf, wäre dies steuerlich schädlich.

Hiervon werden Ausnahmen zugelassen:

  • Für im Rahmen einer Sonderaktion zur Hilfe für die Geschädigten des Erdbebens geworbene Spenden, die unmittelbar selbst für den angegebenen Zweck verwendet werden.
  • Bei materiellen und finanziellen Hilfen genügt es zudem, dass die wirtschaftliche Hilfsbedürftigkeit der unterstützten Person glaubhaft gemacht wird.
  • Bei Spenden an eine steuerbegünstigte Körperschaft, die z. B. mildtätige Zwecke verfolgt.
  • Spenden, die an eine inländische juristische Person des öffentlichen Rechts bzw. eine inländische öffentliche Dienststelle zur Hilfe für die Geschädigten des Erdbebens weitergeleitet werden.

Beides mal muss die steuerbegünstigte Einrichtung eine Zuwendungsbestätigung ausstellen, in welcher auf die Sonderaktion zur Erdbebenhilfe hingewiesen wird.

Schädlich ist es hingegen, wenn Unterstützungsleistungen für andere Empfänger erfolgen, z. B. für von dem Erdbeben betroffene Unternehmen, Selbstständige, Hilfsfonds der Kommunen, etc.

Sonstige vorhandene Mittel

Als unschädlich gilt es auch, wenn sonstige bei der Körperschaft vorhandene Mittel für die Geschädigten des Erdbebens eingesetzt werden, sofern diese keiner anderweitigen Bindungswirkung unterliegen. Dies gilt analog für eine Überlassung von Personal bzw. von Räumlichkeiten.

Auch hier gilt, dass zwar die Bedürftigkeit der unterstützten Person oder Einrichtung zu prüfen und zu dokumentieren ist; jedoch genügt bei materiellen und finanziellen Hilfen, dass die wirtschaftliche Hilfsbedürftigkeit glaubhaft gemacht wird.

Auch eine Weitergabe vorhandener Mittel an andere steuerbegünstigte mildtätige Körperschaften zur unmittelbaren Hilfe für Geschädigte des Erdbebens ist für die Steuerbegünstigung der Körperschaft unschädlich.

Keine Ausnahmeregelung gilt hingegen wiederum für Unterstützungsleistungen außerhalb der Verwirklichung gemeinnütziger oder mildtätiger Zwecke, z. B. in den betrieblichen Bereich betroffener Unternehmen oder einen Hilfsfonds der Kommunen.

Bei Stiftungen sind zudem die stiftungsaufsichtsrechtlichen Bestimmungen zu beachten.

Zuwendungen aus dem Betriebsvermögen

Die Unterstützung von Geschädigten des Erdbebens gilt als Sponsoring-Maßnahme, welche einen Betriebsausgabenabzug ermöglicht (Sponsoring-Erlass des BMF v. 18.2.1998).

Daneben können auch direkte Zuwendungen an einen von dem Erdbeben geschädigten Geschäftspartnern als Betriebsausgaben anerkannt werden. Dies gilt soweit die Aufwendungen einen angemessenen Umfang haben und dazu dienen, die Geschäftsbeziehungen aufrecht zu erhalten.

Ferner können Leistungen aufgrund von Spendenaufrufen durch Berufskammern, Innungen, etc. als Betriebsausgaben abgezogen werden, soweit nicht ohnehin eine steuerbegünstigte Zuwendung (Spende) vorliegt.

Auch wenn ein Betriebsausgabenabzug dem Grunde ausgeschlossen sein sollte, kann für eine bis zum 31.12.2023 erfolgte Zuwendung von Wirtschaftsgütern oder sonstigen betrieblichen Nutzungen und Leistungen an durch das Erdbeben Geschädigte aus Billigkeitserwägungen ein Abzug als Betriebsausgabe erfolgen. Hierzu gehören Leistungen zur unmittelbaren Gefahrenabwehr oder für Aufräumarbeiten. Dies gilt jedoch nicht für Geldleistungen.

Beim Empfänger sind diese Zuwendungen in den betrieblichen Bereich mit dem gemeinen Wert als Betriebseinnahme zu erfassen.

Lohnsteuer

Auch im lohnsteuerlichen Bereich hat die Finanzverwaltung bis zum 31.12.2023 Vereinfachungs- bzw. Billigkeitsregelungen verfügt.

Unterstützung an Arbeitnehmer

Generell können Beihilfen und Unterstützungen des Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer oder an nahe Angehörige, die dem Grunde nach Arbeitslohn sind, steuerfrei bleiben (R. 3.11 LStR). Die Erfordernisse wurden um folgende Punkte vereinfacht:

  • Auch ein die Grenze von 600 EUR übersteigender Betrag bleibt steuerfrei, wenn nach den Einkommens- und Familienverhältnissen des Arbeitnehmers ein besonderer Notfall vorliegt; dies ist bei einem Erdbeben zu bejahen.
  • Ebenfalls steuerfrei bleiben Zinsvorteile oder Zinszuschüsse aus Darlehen zur Beseitigung von Erdbebenschäden; und dies nicht nur bis zum 31.12.2023, sondern für die gesamte Laufzeit des Darlehens.

Auch ein geldwerter Vorteil aus einer erstmalig nach Eintritt des Schadensereignisses erfolgten Nutzungsüberlassung

  • eines betrieblichen Kraftfahrzeugs an Arbeitnehmer, deren privates Kfz durch das Erdbeben zerstört oder erheblich beschädigt wurde,
  • einer Wohnung, sofern die bisherige Wohnung des Arbeitnehmers unbewohnbar geworden ist,
  • die unentgeltliche Verpflegung, soweit der Arbeitnehmer sich nicht mehr selbst versorgen kann,
  • oder von anderen Sachen, wenn diese Güter des Arbeitnehmers durch das Erdbeben unbrauchbar geworden sind,

bleibt steuerfrei.

Werden gebrauchte Gegenstände zur Ausstattung der Wohnung eines geschädigten Arbeitnehmers unentgeltlich oder verbilligt übereignet, ist dieser Vorteil nicht als Arbeitslohn zu erfassen.

Generell gilt, dass Zuschüsse und Sachzuwendungen nur bis zur Höhe des Schadens steuerfrei sein können. Auch müssen alle steuerfreien Leistungen unter Verweis auf das Erdbeben im Lohnkonto aufgezeichnet werden, ebenso die vom Arbeitnehmer vorgelegten Unterlagen zur Schadenshöhe.

Arbeitslohnspende

Verzichten Arbeitnehmer teilweise auf die Auszahlung von Arbeitslohn bzw. eines Wertguthabens soll auch dies steuerlich begünstigt sein. Es liegt dann kein steuerpflichtiger Arbeitslohn vor, wenn

  • der Verzicht zugunsten einer steuerfreien Beihilfe und Unterstützung des Arbeitgebers an vom Erdbeben betroffene Arbeitnehmer des (verbundenen) Unternehmens oder Arbeitnehmer von Geschäftspartnern oder
  • der Verzicht zugunsten einer Zahlung des Arbeitgebers auf ein Spendenkonto

erfolgt.

Auch bei einem Verzicht eines Beamten, Richters, Soldaten oder Tarifbeschäftigten auf den gesetzlich oder tarifvertraglich zustehenden Anspruch liegt kein Arbeitslohn vor.

Der Arbeitsgeber hat die Verwendungsauflage zu erfüllen und dies zu dokumentieren. Ferner muss der Arbeitgeber den betreffenden Teil des Arbeitslohns im Lohnkonto aufzeichnen. Erklärt der Arbeitnehmer seinen Verzicht schriftlich, ist dies zum Lohnkonto zu nehmen. Ein Ausweis auf der Lohnsteuerbescheinigung entfällt.

Beim Arbeitnehmer ist im Gegenzug ein steuerlicher Abzug (z. B. als Spende) für den steuerfrei belassenen Lohnteil nicht möglich.

Aufsichtsratsvergütungen

Verzichtet ein Aufsichtsratsmitglied auf die Auszahlung seiner Aufsichtsratsvergütung, gelten die obigen Ausführungen zur Lohnsteuer analog. Bei der Gesellschaft selbst ergeben sich keine Änderungen, trotz Verzicht auf Auszahlung bleibt es ein Aufwand für einen Aufsichtsrat (§ 10 Nr. 4 KStG).

Umsatzsteuer

Für eine unentgeltliche Bereitstellung von Gegenständen und Personal für humanitäre Zwecke durch Unternehmen (z. B. an Hilfsorganisationen) wird billigkeitshalber von einer Besteuerung als unentgeltliche Wertabgabe abgesehen. Auch ein in Anspruch genommener Vorsteuerabzug bei Bezug der Eingangsleistung ist nicht zu korrigieren.

Schenkungsteuer

Sofern eine Zuwendung als Schenkung zu werten ist, greift hierfür ggf. die Steuerbefreiung nach § 13 ErbStG. Dies ist z. B. der Fall bei Zuwendungen an Religionsgesellschaften oder Körperschaften oder bei ausschließlich für kirchliche, gemeinnützige oder mildtätige Zwecken gewidmete Zuwendungen. Und auch direkt an hilfsbedürftige Personen gerichtete Zuwendungen sind steuerbefreit; eine entsprechende Zweckwidmung / Zwecksicherung zur Behebung entstandener Schäden ist dabei zu unterstellen.

BMF, Schreiben v. 27.2.2023, IV C 4 - S 2223/19/10003 :019

Schlagworte zum Thema:  Erlass, Spende