Kapitel
Zweite Prüfungsstufe zur Zusammenballung

In einem zweiten Prüfungsschritt ist der Frage nachzugehen, ob eine Zusammenballung von Einkünften auch unter Berücksichtigung der weggefallenen Einnahmen vorliegt, die dem Arbeitnehmer bei ungestörter Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Jahresende zugeflossen wären

Nur wenn dies der Fall ist, kommt eine ermäßigte Besteuerung in Betracht.

Entschädigung ist höher als die entgangenen Einnahmen

Relativ unproblematisch ist der Fall, wenn die gezahlte Entschädigung höher ist als die Summe der Einnahmen, die der Arbeitnehmer bei fortbestehendem Arbeitsverhältnis bis zum Ende des Jahres weiterbezogen hätte. In diesem Fall ist die Zusammenballung stets anzunehmen, sodass eine ermäßigte Besteuerung der Entschädigung zulässig ist.

Hinweis: Dieser Fall wird in der Praxis relativ oft gegeben sein, da Entlassungsentschädigungen häufig die Höhe eines einzigen (anteiligen) Jahresgehalts übersteigen.

Entschädigung ist kleiner/ gleich der entgangenen Einnahmen

Sofern die Entschädigung die bis zum Jahresende entgangenen Einnahmen jedoch nicht übersteigt, liegt eine Zusammenballung nur dann vor, wenn der Arbeitnehmer nach Beendigung des Dienstverhältnisses (neue) Einnahmen bezieht, die er bei Fortsetzung seines Dienstverhältnisses nicht erhalten hätte.

Als geeigneten Maßstab, um die zu erwartenden (aber ausbleibenden) Einnahmen des Arbeitnehmers im Zahlungsjahr der Entschädigung zu ermitteln, müssen grundsätzlich die Einkünfte des Vorjahres herangezogen werden. Das BMF weist jedoch darauf hin, dass dieser Rückgriff nicht erfolgen darf, wenn die Einnahmesituation im Vorjahr durch außergewöhnliche Ereignisse geprägt war. 

Hinweis: Diese Aussage geht auf das BFH-Urteil vom 27.1.2010 (Az. IX R 31/09) zurück, wonach sich die Prognosebetrachtung nur bei einer normalen Gehaltsentwicklung an den Verhältnissen des Vorjahres orientieren darf. Im Urteilsfall hatte ein Anlageberater im Vorjahr der Entschädigungszahlung eine außergewöhnlich hohe Provision von seinem Arbeitgeber bezogen, weshalb das Finanzamt eine Zusammenballung im Folgejahr abgelehnt hatte. Der BFH hatte jedoch erklärt, dass für die Vergleichsberechnung im Urteilsfall auf die weiter zurückliegenden Jahre zurückgegriffen werden muss, in denen der Berater ein weitaus geringeres (reguläres) Gehalt bezogen hatte.

Vergleich anhand der Einkünfte

Das BMF weist darauf hin, dass die erforderliche Vergleichsrechnung grundsätzlich unter Rückgriff auf die jeweiligen Einkünfte laut Steuerbescheid bzw. Steuererklärung erstellt werden muss. In die Berechnung dürfen nur Einkünfte einbezogen werden, die in einem Veranlassungszusammenhang mit dem (früheren) Arbeitsverhältnis oder dessen Beendigung bzw. in einem inneren Zusammenhang mit der früheren Tätigkeit stehen.

Erstmalig weist das BMF zudem ausdrücklich darauf hin, dass negative Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbstständiger Arbeit und nichtselbständiger Arbeit, die aus einer neu aufgenommenen Tätigkeit nach der Entlassung resultieren, nicht in die Berechnung einfließen. Einzubeziehen in den Vergleich sind jedoch positive Lohnersatzleistungen und Arbeitslöhne, die dem Progressionsvorbehalt unterliegen.

Vergleich anhand der Einnahmen

Sofern der Arbeitnehmer ausschließlich Arbeitslohn bezieht, darf die Vergleichsrechnung auch anhand der Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit (statt der Einkünfte) durchgeführt werden. Dabei müssen jedoch auch positive Lohnersatzleistungen und Arbeitslöhne, die dem Progressionsvorbehalt unterliegen, sowie pauschal besteuerte Arbeitgeberleistungen (z.B. Zukunftssicherungsleistungen) einbezogen werden.   

Das BMF veranschaulicht abschließend anhand von vier Fallbeispielen, wie die zu berücksichtigenden Einkünfte zu ermitteln sind und geht zudem auf Besonderheiten im Lohnsteuerabzugsverfahren ein. 

Schlagworte zum Thema:  Einkommensteuer, Kündigung, Abfindung