ElStAM: Beschränkt einkommensteuerpflichtige Arbeitnehmer

Für Arbeitnehmer ohne Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, die inländische Einkünfte nach § 49 EStG erzielen, war der Lohnsteuerabzug bislang auf Grundlage von Papierbescheinigungen der Finanzämter vorzunehmen. Ab dem 1.1.2020 müssen Arbeitgeber auch diese beschränkt steuerpflichtigen Arbeitnehmer in das ELStAM-Verfahren einbeziehen. Es gibt jedoch Ausnahmen.

ElStAM für das Lohnsteuerabzugsverfahren 

Seit dem Jahr 2013 sind die elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM) von zentraler Bedeutung für das Lohnsteuerabzugsverfahren - die von der Finanzverwaltung bereitgestellten ELStAM beinhalten unter anderem die Lohnsteuerklasse, die Zahl der Kinderfreibeträge und die Lohnsteuerfreibeträge (§ 39 Abs. 4 EStG).

Hinweis: Für den Abruf der ELStAM aus der entsprechenden Datenbank müssen sich Arbeitgeber unter www.elster.de (Rubrik „Mein ELSTER”) mit einem sog. Organisationszertifikat registrieren. Arbeitgeber, die ihre Lohnabrechnungen durch einen externen Dienstleister erstellen lassen, z. B. durch einen Steuerberater, benötigen keine eigene Registrierung, denn in diesem Fall übernimmt der Dienstleister die Anmeldung und den Datenabruf.

Bisherige Ausnahmen vom ELStAM-Abruf

Das BMF hatte bislang mit Schreiben v. 8.11.2018, IV C 5 - S 2363/13/10003 - 02 erklärt, dass das ELStAM-Verfahren noch nicht für folgende Arbeitnehmer anzuwenden ist (Rz. 89):

Im Inland nicht meldepflichtige Arbeitnehmer

Hierzu zählen:

  • unbeschränkt einkommensteuerpflichtige Arbeitnehmer nach § 1 Abs. 1 EStG, die zwar keinen Wohnsitz aber einen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben, 
  • erweitert unbeschränkt einkommensteuerpflichtige Arbeitnehmer nach § 1 Abs. 2 EStG (insbesondere aktive Staatsbedienstete mit diplomatischem/ konsularischem Status),
  • auf Antrag wie unbeschränkt einkommensteuerpflichtig zu behandelnde Arbeitnehmer nach § 1 Abs. 3 EStG (Grenzpendler mit Inlandseinkünften),
  • beschränkt einkommensteuerpflichtige Arbeitnehmer nach § 1 Abs. 4 EStG (Personen ohne Wohnsitz und gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, jedoch mit inländischen Einkünften nach § 49 EStG).

Im Inland meldepflichtige Arbeitnehmer, die beschränkt steuerpflichtig sind.

Für diese Personenkreise hatte das BMF die Teilnahme am ELStAM-Verfahren erst für eine spätere programmtechnische Ausbaustufe angekündigt; das Finanzamt stellte deshalb für sie bislang auf Antrag noch Papierbescheinigungen für den Lohnsteuerabzug aus (siehe Rz. 90 des Schreibens).

ELStAM für beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer

Mit neuem Schreiben vom 7.11.2019 hat das BMF nun angekündigt, dass der Abruf der ELStAM ab dem 1.1.2020 auch für Arbeitnehmer eingeführt wird, die nach § 1 Abs. 4 EStG beschränkt einkommensteuerpflichtig sind. Hierunter fallen also Arbeitnehmer, die

  • im Inland zwar weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,
  • jedoch inländische Einkünfte im Sinne des § 49 EStG erzielen (z.B. Einkünfte aus einer im Inland ausgeübten nichtselbstständiger Arbeit) und
  • nicht nach § 1 Abs. 2, 3 oder § 1a EStG unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind.

Arbeitgeber müssen die Lohnsteuerabzugsmerkmale für diese Personen ab dem 1.1.2020 über das ELStAM-Verfahren abrufen. Auf folgende Besonderheiten weist das BMF in diesem Zusammenhang hin:

Vergabe einer Identifikationsnummer

Damit die Arbeitnehmer im ELStAM-Verfahren angemeldet werden können, müssen sie zunächst über eine Identifikationsnummer verfügen, die sie selbst beim Betriebsstättenfinanzamt des Arbeitgebers beantragen können (§ 39 Abs. 3 Satz 1 EStG). Auch der Arbeitgeber kann diesen Antrag stellen, sofern der Arbeitnehmer ihn dazu bevollmächtigt hat (§ 80 Abs. 1 AO). Existiert für den beschränkt einkommensteuerpflichtigen Arbeitnehmer bereits eine Identifikationsnummer, teilt das Betriebsstättenfinanzamt diese entsprechend mit.

Hinweis: Zur Antragstellung wird die Finanzverwaltung vor dem 1.1.2020 noch einen bundeseinheitlichen Vordruck auflegen (abrufbar unter www.formulare-bfinv.de).

Freibeträge schließen neue Verfahrensteilnahme aus

Beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer bleiben aber weiterhin vom ELStAM-Verfahren ausgeschlossen, wenn sie über einen lohnsteuerlichen Freibetrag nach § 39a EStG verfügen (z.B. einen Freibetrag für Werbungskosten oder außergewöhnliche Belastungen). Das ELStAM-Verfahren gilt zudem nicht für Arbeitnehmer, wenn 

  • ihr Arbeitslohn nach den Regelungen in einem DBA auf Antrag von der Besteuerung freigestellt wird oder
  • der Steuerabzug nach den Regelungen in einem DBA auf Antrag gemindert oder begrenzt wird.

In den vorgenannten Fällen wird das Betriebsstättenfinanzamt des Arbeitgebers wie bisher auf Antrag eine Papierbescheinigung für den Lohnsteuerabzug ausstellen. Dieses Ersatzverfahren gilt auch dann, wenn für diesen Arbeitnehmerkreis steuerliche Identifikationsnummern existieren.

Der beschränkt einkommensteuerpflichtige Arbeitnehmer muss dem Arbeitgeber die ausgestellte Papierbescheinigung für den Lohnsteuerabzug unverzüglich vorlegen.

Weiterhin ausgeschlossene Arbeitnehmer

Das alte Papierverfahren gilt darüber hinaus weiterhin für Arbeitnehmer, die

  • nach § 1 Abs. 2 EStG erweitert unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind (insbesondere aktive Staatsbedienstete mit diplomatischem/ konsularischem Status) oder
  • nach § 1 Abs. 3 EStG auf Antrag wie unbeschränkt einkommensteuerpflichtig zu behandeln sind (Grenzpendler mit Inlandseinkünften).

Berechtigung und Verpflichtung zum ELStAM-Abruf

Der Arbeitgeber eines beschränkt einkommensteuerpflichtigen Arbeitnehmers ist zum Abruf der ELStAM berechtigt und verpflichtet, wenn dem Arbeitnehmer eine Identifikationsnummer zugeteilt wurde (und diese dem Arbeitgeber mitgeteilt wurde) und der Arbeitnehmer ihm keine Papierbescheinigung für den Lohnsteuerabzug vorgelegt hat. Wurde dem Arbeitgeber eine solche Bescheinigung vorgelegt, tritt diese an die Stelle der bereits abgerufenen ELStAM (für den vermerkten Gültigkeitszeitraum). Der Arbeitgeber muss den Lohnsteuerabzug in diesem Fall also anhand der Papierbescheinigung vornehmen.

Vereinfachtes Antragsverfahren gilt weiterhin

Haben Betriebsstättenfinanzamt und Arbeitgeber bislang ein vereinfachtes Antrags- oder Listenverfahren praktiziert, weil im jeweiligen Betrieb eine Vielzahl gleichgelagerter Einzelfälle (z. B. beschränkt steuerpflichtige Betriebsrentner) mit Papierbescheinigungsverfahren existierte, bestehen nach dem BMF-Schreiben keine Bedenken, an diesem Verfahren für die in den Listen aufgeführten Arbeitnehmer auch nach dem 31.12.2019 festzuhalten; in diesen Fällen darf der Lohnsteuerabzug also weiterhin auf der Grundlage von Papierbescheinigungen durchgeführt werden, zudem kann für diese Arbeitnehmer auch die Vergabe der Identifikationsnummer listenmäßig beantragt werden (sofern die Bestimmungen zum Datenschutz eingehalten werden).

Das BMF erklärt, dass diese Übergangsregelung längstens gilt, bis die programmtechnische Einbindung von im Inland nicht meldepflichtigen Arbeitnehmern in das ELStAM-Verfahren abgeschlossen ist.

BMF, Schreiben v. 7.11.2019, IV C 5 - S 2363/19/10007 :001