Anlage KAP und Günstigerprüfung
Wie lässt sich der Erklärungsbedarf in der Anlage KAP reduzieren?
Seit dem 1.1.2009 hat der Steuerabzug bei Kapitalerträgen abgeltende Wirkung, d. h., es besteht grundsätzlich keine Pflicht mehr, diese Erträge in der Steuererklärung anzugeben. Die Besteuerung erfolgt mit einem einheitlichen Steuersatz von 25 % zuzüglich Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer. Die Kapitalertragsteuer wird nur dann erhoben, wenn die Kapitaleinkünfte den Sparer-Pauschbetrag von 801 EUR für Ledige oder 1.602 EUR für Verheiratete übersteigen oder wenn keine Nichtveranlagungs-Bescheinigung vorgelegt wird.
Für die Abgeltungsteuer gilt aber das sog. Veranlagungswahlrecht. Wer meint, dass die Veranlagung der Kapitaleinkünfte zu einer niedrigeren Steuerbelastung führt, kann eine Einbeziehung seiner Kapitaleinkünfte in den allgemeinen progressiven Einkommensteuertarif beantragen. Die Höhe des allgemeinen Einkommensteuertarifs ist dabei nicht entscheidend, maßgebend ist allein, wie hoch die Steuerbelastung bei einer Einbeziehung der Kapitaleinkünfte im Vergleich zu einer Besteuerung mit dem Abgeltungsteuersatz ist. Das Finanzamt prüft beide Alternativen und wendet die für den Steuerpflichtigen günstigere Variante an (sog. Günstigerprüfung).
Für die weit überwiegende Zahl der Steuerpflichtigen dürfte sich die Ausübung des Veranlagungswahlrechts kaum lohnen, denn bereits ab einem zu versteuernden Einkommen von 15.721 EUR und 31.442 EUR bei zusammenveranlagten Ehegatten wird ein (Grenz-)Steuersatz von 25 % erreicht.
Vereinfachtes Beispiel gerechnet ohne Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer:
Eine steuerpflichtige Person erzielt in Jahr 2015 (nach Abzug des Sparer-Pauschbetrags) 5.000 EUR Kapitalerträge und 15.000 EUR Einkünfte aus den übrigen Einkunftsarten. Würde eine Veranlagung mit einem zu versteuernden Einkommen (zvE) von 20.000 EUR durchgeführt, wären bei Anwendung des derzeit geltenden allgemeinen Einkommensteuertarifs 2.634 EUR Einkommensteuer zu zahlen; bei Anwendung des Tarifs auf 15.000 EUR zvE fallen 1.343 EUR Steuer in der Veranlagung und 1.250 EUR Abgeltungsteuer, also zusammen 2.593 EUR an. Die Abgeltungsteuer führt zu 41 EUR weniger Einkommensteuer.
Sind diese Grenzwerte überschritten, kann der Antrag dann vorteilhaft sein, wenn für die Kapitalerträge die Gewährung des Altersentlastungsbetrags oder eines Härteausgleichs in Betracht kommt. Der Altersentlastungsbetrag wird ab dem Kalenderjahr gewährt, das auf die Vollendung des 64. Lebensjahrs folgt. Eine Steuerminderung für die Kapitalerträge ergibt sich allerdings nur, wenn der Altersentlastungsbetrag nicht bereits aufgrund anderer positiver Einkünfte vollständig ausgeschöpft ist. Zu beachten ist auch, dass bei der Bemessung des Altersentlastungsbetrags Renteneinkünfte und Versorgungsbezüge außer Betracht bleiben. Den Härteausgleich erhalten Bezieher von Arbeitslohn, deren Nebeneinkünfte aus anderen Einkunftsarten niedriger als 820 EUR sind.
Bitte berücksichtigen Sie auch, dass der Antrag auf Günstigerprüfung nur unter bestimmten Voraussetzungen zu einer niedrigeren Besteuerung führt. Liegen diese Voraussetzungen ganz offensichtlich nicht vor, kann auf den Antrag und eine vollumfängliche Erklärung der Kapitalerträge verzichtet werden.
Sie haben aber auch noch weitere Möglichkeiten, die Angabe von Kapitaleinkünften in der Steuererklärung zu vermeiden, wenn Sie
- den kontoführenden Kreditinstituten Freistellungsaufträge bis zum Höchstbetrag von insgesamt 801 EUR, bei zusammenveranlagten Ehegatten bis zu 1.602 EUR, erteilen und das Freistellungsvolumen erforderlichenfalls der Entwicklung der Kapitalerträge anpassen. Ein Antrag beim Finanzamt auf Überprüfung des Steuereinbehalts zur Berücksichtigung eines beim Steuerabzug nicht vollständig ausgeschöpften Sparer-Pauschbetrags wird dadurch entbehrlich.
- als Mitglied einer kirchensteuerhebeberechtigten Religionsgemeinschaft bei den kontoführenden Kreditinstituten dem Einbehalt der Kirchensteuer nicht widersprechen. Soweit die Kapitalerträge dem Kirchensteuerabzug unterlegen haben, sind Angaben in der Anlage KAP grundsätzlich nicht mehr erforderlich.
BMF v. 28.4.2015
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