Versicherungsrechtliche Beurteilung einer Apotheker-Vertreterin

Im Rahmen einer Betriebsprüfung stellte die Deutsche Rentenversicherung die Versicherungspflicht einer Apothekerin fest, die als kurzzeitige Vertreterin einer Apothekeninhaberin arbeitete. Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen hatte nun zu entscheiden, ob wirklich eine Scheinselbstständigkeit vorlag.

Die klagende Apothekerin betreibt eine Apotheke. Die beigeladene Apothekerin arbeitete dort im Rahmen kurzeitiger Vertretungen. Der beklagte Rentenversicherungsträger stellte nach einer Betriebsprüfung die Versicherungspflicht der Beigeladenen in der Arbeitslosen-, Kranken- und Pflegeversicherung fest und forderte von der Klägerin Arbeitgeberbeiträge nach. Ihre dagegen gerichtete Klage wies das SG Detmold ab.

LSG hebt Statusfeststellungsbescheid auf

Auf die Berufung der Klägerin hat das LSG den Statusfeststellungsbescheid nun aufgehoben. Die Beigeladene habe in ihrer Tätigkeit als Apothekenleiter-Vertreterin für die Klägerin nicht der Versicherungspflicht unterlegen. Denn sie sei nicht abhängig beschäftigt, sondern selbstständig tätig gewesen. Insbesondere eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation der Weisungsgeberin habe sich nicht feststellen lassen.

Weisungsrecht weder per Vertrag noch tatsächlich ausgeübt

Ein Weisungsrecht der Klägerin sei weder vertraglich vereinbart, noch tatsächlich ausgeübt worden. Die Beigeladene habe ihre Tätigkeit vielmehr im Wesentlichen frei gestalten können. Bereits die gesetzlichen Vorschriften zur Apothekenleitung und -vertretung schrieben eine vollständige inhaltliche Autonomie vor. Einschränkungen der Befugnisse der Beigeladenen hätten daher nicht vertraglich vereinbart werden können. Auch sei kein einseitiges Heranziehungsrecht der Klägerin bei einer ständigen Dienstbereitschaft der Beigeladenen vereinbart worden.

Apothekerin hatte sämtliche Befugnisse zur Versorgung mit Medikamenten

In pharmazeutischer Hinsicht habe es kein Letztentscheidungsrecht der Klägerin im Rahmen eines "Hintergrunddienstes" gegeben. Der Beigeladenen hätten uneingeschränkt sämtliche Befugnisse zur gesetzlich verankerten Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung mit Medikamenten oblegen, insbesondere zu deren Einkauf, zur Leistung von Zahlungen vom Geschäftskonto, zur Aufrechterhaltung des Apothekenbetriebs einschließlich der Wahrnehmung von Arbeitgeberrechten und -pflichten gegenüber den Arbeitnehmern sowie zur Einholung erforderlicher behördlicher Genehmigungen.

Hinweis: LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 20.6.2020, L 8 BA 6/18

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