Entscheidungsstichwort (Thema)

Dyskalkulietherapie

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens; Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des festzusetzenden Kostenerstattungsbetrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Tatbestand

I.

Die 1997 geborene Klägerin begehrt die Übernahme der Kosten für eine Förderung im Peter-Martens-Institut Braunschweig seitens des Beklagten.

Sie besucht nunmehr die 3. Klasse der Grundschule Wipshausen. Seit Beginn des Schuljahres 2004/2005 nimmt sie an einem Förderkonzept der Grundschule mit dem Förderschwerpunkt Dyskalkulie teil. Zusätzlich wird sie dort im Rahmen der inneren Differenzierung gefördert. Seit Februar 2005 nahm sie zusätzlich am Mathematikunterricht der 1. Klasse teil. Im August 2004 begann sie eine außerschulische Einzelförderung im Peter-Martens-Institut in Braunschweig, einem Zentrum für Wahrnehmungsförderung, Vorbeugung und Behandlung von Lernschwierigkeiten.

Unter dem 28.01.2005 (Eingang beim Beklagten am 31.01.2005) beantragte sie rückwirkend zum 01.12.2004 die Übernahme der Kosten der Dyskalkulietherapie im Peter-Martens-Institut. Dazu trug sie vor, an Dyskalkulie zu leiden. Dies sei das erste Mal beim Schuleinstellungstest festgestellt worden, weshalb sie seitdem stark von den Lehrern und ihren Eltern beobachtet werde. Wenn sie die bereits begonnene Dyskalkulietherapie nicht fortsetze, schaffe sie die Schulleistungen in Mathematik nicht und ihr Selbstbewusstsein leide darunter sehr. Auf Anforderung des Beklagten übersandte sie einen Bericht der Niedersächsischen Fachklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie der Universität Göttingen vom 29.04.2005. Dort wird der Klägerin eine altersentsprechende intellektuelle Begabung und Leistungsfähigkeit attestiert. Weiterhin wird ausgeführt, die Überprüfung auf Teilleistungsschwächen habe zwar nicht das Vorliegen einer Dyskalkulie ergeben, belege jedoch deutliche Schwächen der Rechenfähigkeit. Zur Verbesserung der diesbezüglichen Fähigkeiten werde die Inanspruchnahme von angebotenen schulischen Fördermaßnahmen bzw. eine gute qualifizierte Nachhilfe mit intensiver Förderung der entsprechenden Fähigkeiten empfohlen. Von einer Aufmerksamkeits- und Aktivitätsstörung und einer Lese/Rechtschreibstörung sei nicht auszugehen. Nach einem Lernstandsbericht des Peter-Martens-Instituts vom 18.02.2005 zeigt die Klägerin häufig Ängste vor dem Rechnen und vor neuen Anforderungen. Wegen der Defizite in den Lernvoraussetzungen und zahlreicher Misserfolge beim Verstehen, Erlernen und Anwenden mathematischer Grundlagen sei ihr Selbstvertrauen beeinträchtigt. Um erste Erfolge beim Rechnen weiter auszubauen, die Manifestierung von Ängsten und Scham zu verhindern und eine seelische Behinderung abzuwenden, benötige sie eine handlungs- und spielorientierte Einzelförderung von mindestens 40 Stunden. Die Teilnahme am Mathematikunterricht der 1. Klasse seit Februar 2005 wirke sich günstig für die begleitende Therapie aus.

Ausweislich des Zeugnisses der Grundschule Wipshausen für das erste Schulhalbjahr 2004/2005 entsprechen die Leistungen der Klägerin in Mathematik nicht den Anforderungen. Die Versetzung sei gefährdet. Nach einer Stellungnahme der Grundschule bzw. der Mathematiklehrerin der 2. Klasse zeige die Klägerin sich aufgrund ihrer erheblichen Schwierigkeiten im Fach Mathematik im Unterricht sehr ängstlich und zurückhaltend. Sie traue sich kaum sich zu melden, da sie befürchte, falsche Antworten zu geben. Es sei ihr sehr unangenehm, dass die anderen Kinder ihre Rechenschwäche erkannt hätten. Sie sei deswegen schon gehänselt worden und habe nicht mehr am Mathematikunterricht teilnehmen wollen. Sie leide sehr unter dieser Situation und es sei zu befürchten, dass sich nachhaltige schulische Probleme daraus ergeben.

Mit Bescheid vom 13.05.2005 lehnte der Beklagte den gestellten Antrag ab. Zur Begründung führte er aus, für eine Kostenübernahme nach § 35a SGB VIII sei Voraussetzung, dass eine seelische Behinderung vorliege oder ein Kind von einer solchen Behinderung bedroht werde. Dazu habe das Gutachten der Niedersächsischen Fachklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie keine Aussage getroffen. Vielmehr sei festgestellt worden, dass keine Dyskalkulie und keine Legasthenie vorläge. Stattdessen werde zur Inanspruchnahme schulischer Fördermaßnahmen geraten. Dementsprechend lägen die Voraussetzungen gemäß § 35a SGB VIII nicht vor.

Dagegen hat die Klägerin am 13.06.2005 Klage erhoben und verfolgt ihr Begehren weiter. Ergänzend trägt sie vor, sie leide unter starken Ängsten in der Mathematik, die zum Rückzug sowie zur Einschüchterung im Mathematikunterricht führten. Sie benötige aufgrund der starken Defizite eine Förderung, um die vorhandenen Depressionen zu verringen und somit ihr Selbstvertrauen wieder aufzubaue...

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