Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Arbeitsunfall. Dienstreise. sachlicher Zusammenhang. Handlungstendenz. eigenwirtschaftliche Tätigkeit. Duschen. Ausnahme: Verschmutzung. Erfrischung. besondere Betriebsgefahr

 

Orientierungssatz

1. Nach der Rechtsprechung des BSG ist auch bei Dienstreisen zwischen Betätigungen zu unterscheiden, die mit dem Beschäftigungsverhältnis wesentlich zusammenhängen, und solchem Verhalten, das der Privatsphäre des Reisenden zugehörig ist (hier: Duschen).

2. Zu den Voraussetzungen, unter denen unter dem Gesichtspunkt "Verschmutzung" oder "Erfrischung" ausnahmsweise Unfallversicherungsschutz bejaht werden kann.

3. Ein fehlender Haltegriff, eine fehlende Rutschmatte, ein fehlender Wasser-Abzieher und das deswegen von der Duschtür abgetropfte Duschwasser auf dem Designerboden und schließlich die Tritthöhe aus der Dusche mit ca 25 cm stellen als Kriterien in ihrer Gesamtheit keine besonderen Gefahrenquellen dar.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 5. April 2018 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Anerkennung eines Ereignisses vom 29. November 2015 als Arbeitsunfall im Sinne des § 8 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII).

Als angestellter Projektentwickler der U. P. GmbH übernachtete der Kläger vom 28. November zum 29. November 2015 im Rahmen einer Dienstreise im Hotel „I. B.“ in D.. Nach der morgendlichen Dusche und dem Öffnen der Glastür rutschte er beim Herausgehen auf einem feuchten Kunststofffußboden (lt. Angaben des Klägers ein „Designboden“) mit einem Fuß weg. Da sich der Kläger nicht abfangen konnte, stürzte er und erlitt in dieser Folge eine Patellaquerfraktur am linken Knie.

Mit Bescheid vom 14. April 2016 lehnte die Beklagte die Anerkennung eines Arbeitsunfalles und die Verpflichtung zur Entschädigungsleistung ab. Es ergebe sich kein ursächlicher Zusammenhang zur verrichteten Tätigkeit. Die Körperreinigung sei grundsätzlich unversichert, da es sich hierbei um eine Tätigkeit handele, die wesentlich dem privaten Bereich zuzuordnen sei. Im Weiteren würden sich auch keine besonderen Gefahrenmomente der Übernachtungsstätte ergeben. Nässe sei in Duschräumen und der Duschumrandung nicht als besondere Gefahrenquelle zu werten. Allgemein sei eine latente Gefahr des Ausrutschens beim Duschen bekannt.

Seinen Widerspruch vom 24. April 2016 begründete der Kläger mit einer fehlenden Berücksichtigung der besonderen Gefahrenmomente in der Übernachtungsstätte. Insofern sei zu berücksichtigen, dass es sich nicht um einen gesonderten Waschraum gehandelt habe. Die Dusche sei vielmehr in den Wohnbereich integriert gewesen. Die Duschtür habe sich ausschließlich nach außen öffnen lassen. Beim Öffnen sei dann das auf der Innenseite der Tür befindliche Wasser hinabgelaufen und so zwanghaft in den Wohnbereich, der mit einem Designboden moderner Bauart ausgestattet gewesen sei, gelangt. Hierdurch habe sich eine erhöhte Glätte und Rutschgefahr ergeben. Die fehlende Duschumrandung und die Kombination von Dusche und Wohnraum würden sich wesentlich von den üblicherweise vorhandenen Duschbereichen unterscheiden. Eine gewöhnlicher Weise latente Gefahr habe nicht vorgelegen. Vielmehr habe das Fehlen von entsprechenden Hinweisen und Haltegriffen sowie einer entsprechenden Duschvorlage das Unfallereignis überraschend und unvermutet eintreten lassen.

Gegen den ablehnenden Widerspruchsbescheid vom 24. Oktober 2016 hat der Kläger Klage erhoben und vorgetragen, dass nicht nur kein Vorleger und keine Halterung vor Ort gewesen wären, sondern auch kein Wasserabstreifer, mit dem er die Duschtür vor dem Öffnen hätte trocken wischen können.

Mit Urteil vom 5. April 2018 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Unfall habe nicht im sachlichen Zusammenhang zur verrichteten Tätigkeit gestanden. Die Handlungstendenz, auf die bei der Beurteilung des sachlichen Zusammenhangs abzustellen sei, sei beim Duschen in der Regel privatwirtschaftlich. Die vom Bundessozialgericht (BSG) entwickelten Fallgestaltungen, wonach Duschen bei Verschmutzung oder arbeitsbedingter Erforderlichkeit als versicherte Tätigkeit anzunehmen ist, lägen hier nicht vor. Auch eine besondere Betriebsgefahr sei nicht gegeben. Ein nasser Fußboden im Duschbereich oder auch vor der Dusche sei normal. Andere besonderen Gefahrenmomente seien nicht ersichtlich.

Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er trägt vor, dass es sich um eine kurzfristig anberaumte Dienstreise gehandelt habe, er wegen der winterlichen Witterungsverhältnisse nicht erst am 29. November 2015 die Fahrt habe antreten können, sondern vielmehr schon am Abend vorher in das Zielgebiet reisen musste, und am Ereignistag eine festliche Eröffnung eines Kindergartens - auch durch einen Gottesdienst - geplant und so eine besondere Kleiderordnung erforderlich gewesen sei. Im Übrigen habe sich ein besonderes Ge...

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