Rz. 9

Nachdem das BVerfG mit Beschluss v. 7.4.2022 (1 BvL 3/18, 1 BvR 717/16, 1 BvR 2257/16 und 1 BvR 2824/17) festgestellt hat, dass die kinderzahlunabhängige Beitragsbelastung der Eltern diese bereits ab einschließlich dem 2. Kind belastet, was eine Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem darstelle, hat der Gesetzgeber in Abs. 3 Satz 4 zum 1.7.2023 einen Beitragsabschlag geregelt, der ab dem 2. bis zum 5. Kind jeweils 0,25 % beträgt und bis zum Ablauf des Monats gilt, in dem das jeweilige Kind das 25. Lebensjahr vollendet hat oder hätte. Satz 5 stellt klar, dass dies auch für Eltern gilt, die das 23. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.

 

Rz. 10

Damit ergeben sich ab dem 1.7.2023 folgende differenzierte Beitragshöhen:

  • Kinderlose: erhöhter Beitragssatz nach Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 i. H. v. 3,4 % + 0,6 % Kinderlosenzuschlag = 4,0 %

    bzw. für kinderlose beihilfeberechtigte Beamte oder Versorgungsempfänger nach Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 1 Satz 3 i. H. v. 1,7 % + 0,6 % = 2,3 %. Durch den ausdrücklichen Gesetzeswortlaut hat der Gesetzgeber klargestellt, dass auch dieser Personenkreis, der sonst nur den halben Beitragssatz zu zahlen hat, den vollen Kinderlosenzuschlag zu tragen hat (vgl. BT-Drs. 15/3671 S. 5).

  • Eltern mit einem Kind: regulärer Beitragssatz nach Abs. 1 Satz 1 i. H. v. 3,4 % bzw. nach Abs. 1 Satz 3 i. H. v. 1,7 %.
  • Eltern mit 2 Kindern: reduzierter Beitragssatz nach Abs. 3 Satz 4 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 i. H. v. 3,4 % – 0,25 % = 3,15 % bzw. nach Abs. 1 Satz 3 i. H. v. 1,7 % – 0,25 % = 1,45 %.
  • Eltern mit 3 Kindern: reduzierter Beitragssatz nach Abs. 3 Satz 4 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 i. H. v. 3,4 % - 0,25 % – 0,25 % = 2,9 % bzw. nach Abs. 1 Satz 3 i. H. v. 1,7 % – 0,25 % – 0,25 % = 1,2 %.
  • Eltern mit 4 Kindern: reduzierter Beitragssatz nach Abs. 3 Satz 4 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 i. H. v. 3,4 % - 0,25 % – 0,25 % – 0,25 % = 2,65 % bzw. nach Abs. 1 Satz 3 i. H. v. 1,7 % – 0,25 % – 0,25 % – 0,25 % = 0,95 %.
  • Eltern mit 5 oder mehr Kindern: reduzierter Beitragssatz nach Abs. 3 Satz 4 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 i. H. v. 3,4 % - 0,25 % – 0,25 % – 0,25 % – 0,25 % = 2,4 % bzw. nach Abs. 1 Satz 3 i. H. v. 1,7 % – 0,25 % – 0,25 % – 0,25 % – 0,25 % = 0,7 %.
 

Rz. 11

Eine weitere Differenzierung hinsichtlich Familien mit mehr als 5 Kindern ist nach Auffassung des Gesetzgebers vor dem Hintergrund, dass es sich nur um eine kleine Gruppe der Bevölkerung handelt, nicht erforderlich. Außerdem hätte eine weitere Absenkung des Beitragssatzes bei Familien mit mehr als 5 Kindern zur Folge, dass der Pflegeversicherungsbeitrag so niedrig wäre, dass er dann nicht mehr in einem angemessenen Verhältnis zum Wert der versicherten Leistungen der Pflegebedürftigkeit stünde (vgl. BT-Drs. 20/6544 S. 69).

 

Rz. 12

Die Abschläge für Familien mit mindestens 2 Kindern gelten nicht lebenslang, sondern nur bis zu dem Monatsende, in dem das jeweilige Kind das 25. Lebensjahr vollendet hat. Danach entfällt der Abschlag für dieses Kind. Kinder, die das 25. Lebensjahr bereits überschritten haben, können für die Ermittlung des Abschlags nicht mehr berücksichtigt werden. Bei Mitgliedern mit 4 Kindern beispielsweise bedeutet das, dass in der Zeit, in der alle Kinder das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, der Abschlag insgesamt 0,75 % (3 x 0,25 % – je für das 2., 3. und 4. Kind) beträgt. Vollendet das älteste Kind das 25. Lebensjahr, beträgt der Abschlag nur noch 0,5 %, vollendet ein weiteres Kind das 25. Lebensjahr, beträgt der Abschlag nur noch 0,25 % (vgl. BT-Drs. 20/6544 S. 69). Ab dem zweiten Kind wird damit nur die Phase der Kindererziehung berücksichtigt, also der Zeitraum, in dem der wirtschaftliche Aufwand der Kindererziehung typischerweise anfällt und am größten ist, nämlich in der Kinder-, Jugend- und Ausbildungszeit. Die Altersgrenze von 25 Jahren erfolgt in Anlehnung an die Höchstaltersgrenze bei der Familienversicherung in § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB XI (vgl. BT-Drs. 20/6544 S. 70).

 

Rz. 13

Während der Kinderabschlag für das 2. bis 5. Kind mit Erreichen der Altersgrenze wegfällt, wird die konstitutive Wirkung der Elternschaft mit dem allgemeinen Beitragssatz lebenslang anerkannt. Nach Auffassung des Gesetzgebers ist nach Ablauf der Kindererziehungszeit eine Differenzierung nach der Kinderzahl nicht mehr erforderlich. Der wirtschaftliche (Mehr-)Aufwand der Kindererziehung hinsichtlich höherer Realkosten und höherer Opportunitätskosten, also den erziehungsbedingt entgangenen Erwerbs- und Versorgungschancen, für Mitglieder mit mehreren Kindern sieht er durch den befristeten Abschlag ausreichend berücksichtigt und verweist auf die Unterstützung des Staates bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, z. B. durch den Anspruch auf Elternzeit und Elterngeld, auf Förderung in Tageseinrichtungen und der Kindertagespflege, der Ganztagsbetreuung oder durch Anreize im Rentenrecht (vgl. BT-Drs. 20/6544 S. 70).

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