Rz. 12

Abs. 6 überträgt die Auftragsvergabe nach § 88 SGB X sowie die Bildung von Arbeitsgemeinschaften nach den §§ 94 Abs. 1a bis 4 und 97 Abs. 1 Satz 1 bis 4 SGB X auf die KVen/KZVen sowie auf die KBV/KZBV. Damit können diese Vereinigungen, wie auch die Träger und Verbände der Sozialversicherung, im Rahmen der ihnen gesetzlich übertragenen Aufgaben untereinander Aufträge nach § 88 SGB X vergeben und/oder Arbeitsgemeinschaften mit den Zielen bilden, sich insbesondere gegenseitig zu unterrichten, sich abzustimmen, Aufgaben zu koordinieren bzw. eine enge Zusammenarbeit zu fördern. Vor dem Hintergrund der zunehmenden Komplexität insbesondere der von den KV wahrzunehmenden Aufgaben besteht insbesondere innerhalb des KV-Systems Bedarf für eine Schwerpunktbildung und Aufgabenkonzentration bei einzelnen KV. Die Vorschrift setzt den Rahmen für die Auftragsvergabe, die Ausfüllung des Rahmens ist den Beteiligten überlassen. So hat die KBV z. B. im Namen aller KV die Abwicklung, d. h. Verwaltungsaufgaben und Abrechnung, des Kurarztvertrages (vgl. § 73 Abs. 3 i. V. m. § 2 Abs. 4 BMV-Ä) der KV Westfalen-Lippe übertragen, was heißt, dass alle Kurärzte der anerkannten Kurorte ihre ambulanten kurärztlichen Vorsorgeleistungen über diese KV abrechnen und die KV-Westfalen-Lippe wiederum die Abrechnung bundesweit mit allen Krankenkassen durchführt. Nach der Gesetzesbegründung ist auch an die Bildung von Kompetenzzentren für einzelne Abrechnungsbereiche gedacht, durch die die vorgeschriebenen Aufgaben kostengünstiger und effizienter abgewickelt werden können. Die Einzelheiten der Aufgabenübertragung, wie z. B. die Erstattung der durch die Auftragswahrnehmung entstehenden Kosten, sind dabei zwischen den Beteiligten zu regeln. Wenn eine KV gemäß § 88 SGB X eine ihr obliegende Aufgabe an eine andere KV überträgt, ist damit meistens verbunden, dass auch Datenerhebungen und -verarbeitungen delegiert werden. Im Gegensatz zur Datenverarbeitung nach § 80 SGB X, bei der dem Auftragnehmer nur technische Hilfstätigkeiten übertragen werden, kommt es bei der Auftragsvergabe nach § 88 SGB X sowohl zur Funktionsübertragung als auch zu Datenerhebungs- und -verarbeitungstätigkeiten, was zu datenschutzrechtlichen Problemen führen könnte. Um diese Rechtsunsicherheiten zu beseitigen, ist mit Abs. 6 Satz 2 klargestellt, dass die beauftragte KV mit Empfang der übermittelten, ggf. pseudonymisierten, personenbezogenen Daten (§ 285 Abs. 7 Satz 3) als verantwortliche Stelle i. S. d. § 67 Abs. 9 Satz 1 handelt. Damit liegt die Verantwortung für den datenschutzgerechten Umgang mit den Daten bei der beauftragten KV, die bei der Aufgabenwahrnehmung dieselben datenschutzrechtlichen Maßstäbe anlegt wie bei der Wahrnehmung ihrer eigenen Aufgaben.

 

Rz. 13

Die Flexibilität bei der Auftragsvergabe und bei der Bildung von Arbeitsgemeinschaften ist im Übrigen als gesetzlicher Auftrag vor dem Hintergrund zu verstehen, dass die EDV-Technik voranschreitet und im Sinne einer wirtschaftlichen Mittelverwendung eine enge Verzahnung bzw. eine gemeinsame Nutzung in mehreren Versorgungssektoren bzw. bei gleichartigen Aufgaben unterschiedlicher Träger erfordert. Arbeitsgemeinschaften sind in erster Linie zwischen mehreren Kassenärztlichen Vereinigungen denkbar, aber auch zwischen der KBV und einigen Vereinigungen.

 

Rz. 14

Der Hinweis in Abs. 6 Satz 3 auf § 80 SGBX bedeutet, dass im Fall der Verknüpfung der Auftragsvergabe mit der Übertragung der Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von Sozialdaten die Aufsichtsbehörden sowohl der Auftraggeberin als auch der Auftragnehmerin zu informieren sind. Damit wird Übereinstimmung mit der Datenverarbeitung im Auftrag nach § 80 SGB X erzielt. Anzeigepflichtig sind die beteiligten KV/KZV bzw. die KBV/KZBV. Die Auftraggeberin hat bei ihrer Anzeige nach § 80 Abs. 3 Nr. 1 ihrer Aufsichtsbehörde nur die Auftragnehmerin anzugeben, nicht aber die dort vorhandenen technischen und organisatorischen Maßnahmen, die der Aufsichtsbehörde der Auftragnehmerin ohnehin bekannt sind. Die zuständigen Aufsichtsbehörden können dann im Rahmen ihrer Prüfung den Beteiligten Rechtssicherheit vermitteln, dass bei so komplexen Vorgängen wie z. B. der Errichtung von Kompetenzzentren finanzielle Risiken ausgeschlossen werden, und gleichzeitig feststellen, ob für die Aufgabenwahrnehmung personenbezogene Daten erforderlich sind oder ggf. anonymisierte Daten ausreichen.

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