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Soweit ein Rabattvertrag im Einzelfall auch eine Steuerungs- und Lenkungswirkung aufweist, liegt ein öffentlicher Auftrag auch dann vor, wenn in einer zwischen einer gesetzlichen Krankenkasse und einem pharmazeutischen Unternehmen abgeschlossene Rabattvereinbarung keine Lieferverpflichtung des pharmazeutischen Unternehmens vereinbart wird. Es kommt nicht darauf an, ob Exklusivitätsrechte vertraglich vereinbart worden sind. Vielmehr ist es ausreichend, dass Rabattverträge tatsächlich geeignet sind, einen Wettbewerbsvorteil im Hinblick auf Mitbewerber zu bewirken. Hiervon ist auch der Gesetzgeber ausgegangen. Der Ausschuss für Gesundheit hat nämlich ausgeführt, dass Arzneimittelrabattverträge über Generika wegen der den Krankenkassen zuzurechnenden Ersetzungspflicht nach § 129 Abs. 1 Satz 3 und dem damit verbundenen mittelbaren Einfluss auf die Auswahlentscheidung des Vertragsgegenstandes als öffentliche Aufträge zu qualifizieren sein könnten (BT-Drs. 16/10609 S. 52). Die Beeinflussung der Auswahlentscheidung durch die Ersetzungspflicht führt jedoch letztlich zu einem Wettbewerbsvorteil für den Rabattvertragspartner im Verhältnis zu Mitbewerbern, da dieser im Verhältnis zu den Mitbewerbern in die Lage versetzt wird, seinen Umsatz zu erhöhen und ihm mithin eine gesetzlich abgesicherte Sonderstellung im Wettbewerb eingeräumt wird (Byok, GesR 2007 S. 553). Wenn den bei der Auslegung der Rabattvereinbarung zu beachtenden tatsächlichen Umständen zu entnehmen ist, dass dem Vertragspartner von der Krankenkasse ein Wettbewerbsvorteil eingeräumt wurde und dies auch von den Vertragsparteien so gewollt war, ist dies ausreichend für die Annahme eines öffentlichen Auftrages. Dies kann sich z. B. aus Rundschreiben an Vertragsärzte und Versicherte ergeben, in denen darauf hingewiesen wird, dass das von dem Vertragspartner vertriebene Arzneimittel eine wirtschaftliche Alternative für die entsprechende Behandlung darstellt, eine Verordnung dieses Arzneimittels bei entsprechender Indikation begrüßt wird und dadurch Wirtschaftlichkeitsreserven genutzt werden können. Derartige Hinweise sind insbesondere geeignet, das Verordnungsverhalten der Vertragsärzte zu steuern und dem pharmazeutischen Unternehmen dadurch eine bevorzugte Stellung im Wettbewerb zu verschaffen. Bei solchen Hinweisen handelt es sich auch dann um ein Instrument der Absatzförderung zugunsten des pharmazeutischen Unternehmens, wenn in der Rabattvereinbarung sich die Vertragspartner zu weiteren abgestimmten Informationen von Ärzten, Apothekern und Patienten verpflichtet haben. Eine derartige Regelung ist im Kontext mit den bereits erfolgten Informationen zu sehen und hat ebenfalls den Effekt, dass ein Wettbewerbsvorteil des pharmazeutischen Unternehmens bewirkt wird. Die getroffene Vertragsgestaltung ergibt jedoch nur dann einen Sinn, wenn hierdurch nicht nur die eigene Wettbewerbssituation der Krankenkasse, sondern auch die des Vertragspartners optimiert werden soll. Dies ist etwa dann der Fall, wenn in entsprechenden Vermerken die Krankenkasse dokumentiert hat, dass es ihr bei der Auswahl des pharmazeutischen Unternehmers konkret um die Beeinflussung der Marktstrukturen zur Erschließung von Wirtschaftlichkeitsreserven geht (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 10.9.2009, L 21 KR 53/09 SFB).

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