Rz. 47

Nach dem Beschluss des BVG v. 11.1.1995 (1 BvR 892/88) ist es mit dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) unvereinbar, dass einmalig gezahltes Arbeitsentgelt (Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld usw.) zu Sozialversicherungsbeiträgen herangezogen wird, ohne dass es bei der Berechnung von kurzfristigen Entgeltersatzleistungen (z. B. Arbeitslosengeld, Krankengeld und Übergangsgeld) berücksichtigt wird. Aus diesem Grund musste der Gesetzgeber auch beim Krankengeld eine entsprechende Regelung schaffen. Dieses geschah durch das Einmalzahlungs-Neuregelungsgesetz v. 22.12.2000 (BGBl. I S. 1971), welches zum Inkrafttreten

  • des heutigen Abs. 2 Satz 6 (= Berücksichtigung bei der Berechnung des Regelentgelts; vgl. folgende Rz. 48 ff.) und
  • der heutigen Sätze 3 und 4 des Abs. 1 (= Berücksichtigung bei der Berechnung des Nettoarbeitsentgelts; vgl. Rz. 71 f.)

führte.

2.3.5.1 Berücksichtigungsfähige Einmalzahlungen

 

Rz. 48

Nach § 47 Abs. 2 Satz 6 ist das aus dem laufenden Arbeitsentgelt berechnete Regelentgelt um den 360. Teil des einmalig gezahlten Arbeitsentgelts zu erhöhen, welches in den letzten 12 Kalendermonaten vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit (Rz. 49) gemäß § 23a SGB IV der Beitragsberechnung zur Krankenversicherung zugrunde gelegen hat (Hinzurechnungsbetrag).

Einmalig gezahlte Arbeitsentgelte wie z. B. Weihnachts-, Urlaubsgeld oder Gewinnausschüttungen sind Zuwendungen, die dem Arbeitsentgelt zuzurechnen sind und – im Gegensatz zum laufenden Arbeitsentgelt – nicht für die Arbeit in einem einzelnen Entgeltabrechnungszeitraum gezahlt werden (vgl. 23a Abs. 1 Satz 1 SGB IV).

Aus welchem Anlass die Einmalzahlung fällig wurde, ist unbedeutend. Auch unbedeutend ist, ob das einmalig gezahlte Arbeitsentgelt im Rahmen eines aktuell bestehenden Beschäftigungsverhältnisses oder bei einem Arbeitgeberwechsel während eines früheren, bereits beendeten Arbeitsverhältnisses gezahlt wurde.

Maßgebend für die Berücksichtigung der Einmalzahlungen ist bei der Ermittlung des Krankengeldes nur der Teil, der der Beitragspflicht in der Krankenversicherung unterlag. Einmalzahlungen können deshalb aufgrund des Wortlautes des § 47 Abs. 2 Satz 6 nur in der Höhe berücksichtigt werden, wie auch Beiträge dafür abgeführt wurden (Hinzurechnungsbetrag). Wurde bereits laufendes Arbeitsentgelt in Höhe der für die Krankenversicherung geltenden Beitragsbemessungsgrenze erzielt und wurde von der Einmalzahlung trotz grundsätzlicher Beitragspflicht der Einmalzahlung kein Beitrag zur Krankenversicherung gezahlt, kann die Einmalzahlung bei der Krankengeldberechnung auch nur mit 0,00 EUR einfließen.

Unbeachtlich ist, ob die Einmalzahlung zu einer Zeit gezahlt wurde, in der der jeweilige Versicherte noch bei einer anderen Krankenkasse als der jetzigen versichert war. Ggf. muss sich die das Krankengeld zahlende Krankenkasse bei einem früheren Arbeitgeber die notwendigen Informationen bzw. Daten von Amts wegen beschaffen.

2.3.5.2 Berechnung des 12-Monats-Zeitraums

 

Rz. 49

Maßgebend für die Ermittlung des Brutto-Hinzurechnungsbetrags ist der individuell ermittelte beitragspflichtige Teil der Einmalzahlungen aus den letzten 12 Monaten. Der 12-Monats-Zeitraum endet mit dem letzten Tag des für die Berechnung des Krankengeldes zugrunde liegenden Entgeltabrechnungszeitraums. Eine Berücksichtigung von Einmalzahlungen, die für außerhalb der maßgebenden 12 Abrechnungsmonate liegende Zeiträume gezahlt werden, scheidet aus (vgl. Abschn. 4.1.3 des GR v. 7.9.2022, Rz. 78).

 
Praxis-Beispiel

Der letzte, vom Arbeitgeber abgerechnete Entgeltabrechnungszeitraum vor Beginn der am 20.11.2022 begonnenen Arbeitsunfähigkeit ist der Monat Oktober 2022 (Entgeltabrechnungszeitraum vom 1. bis 31.10.2022).

Rechtsfolge:

Der 12-Monats-Zeitraum läuft vom 1.11.2021 bis 31.10.2022. Wenn dem Arbeitnehmer für Abrechnungszeiträume innerhalb dieses 12-Monats-Zeitraumes ein zur Krankenversicherung beitragspflichtiges, einmalig gezahltes Arbeitsentgelt gezahlt wurde, ist dieses bei der Berechnung des Regelentgelts zu berücksichtigen.

§ 47 Abs. 1 Satz 6 lässt keine Tatbestände zu, die zur Verlängerung des Zeitraumes von 12 Kalendermonaten führen. Daher ist z. B. auch bei zwischenzeitlicher Arbeitslosigkeit des Krankengeldempfängers innerhalb des 12-Monats-Zeitraums immer von 12 ununterbrochenen Kalendermonaten auszugehen.

 

Rz. 50

Einmalzahlungen sind bei der Krankengeldberechnung nach dem "Zuflussprinzip" zu berücksichtigen. Das bedeutet, dass der Brutto-Hinzurechnungsbetrag zum Regelentgelt aus allen zur Krankenversicherung beitragspflichtigen Einmalzahlungen, die im Zwölf-Monats-Zeitraum vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit ausgezahlt wurden, ermittelt wird. Die Märzklausel (§ 23a Abs. 4 SGB IV), nach der die in der Zeit vom 1.1. bis 31.3. eines Jahres einmalig gezahltes Arbeitsentgelt unter bestimmten Voraussetzungen zur Beitragsberechnung dem Vorjahr zuzuordnen ist, ist nicht anzuwenden; § 47 Abs. 2 Satz 6 stellt nämlich bezüglich der Berücksichtigung der Einmalzahlungen bei der Krankengeldberechnung auf die Verhältnisse, wie man sie vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit antrifft, ab; daher scheidet ...

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