Rz. 7

Die Regelung in Abs. 2 verpflichtet die Krankenkasse darüber hinaus, jedem Mitglied unentgeltlich ein Merkblatt über Beginn und Ende der Mitgliedschaft bei Pflichtversicherung und freiwilliger Versicherung, über Beitrittsrechte sowie die von der Krankenkasse zu gewährenden Leistungen und über die Beiträge auszuhändigen. Anders als in § 325 Abs. 1 RVO, der den kostenlosen Auszug nur für entsprechende Satzungsbestimmungen vorsah, muss das Merkblatt nunmehr auch über gesetzlich geregelte Mitgliedschafts-, Beitritts- und Leistungsrechte und Beitragspflichten informieren. Wann dieses Merkblatt auszuhändigen ist, lässt die Vorschrift allerdings offen. Typischerweise wird dieses Merkblatt zu Beginn einer Mitgliedschaft ausgehändigt. Wird dieses Merkblatt zu Beginn einer Mitgliedschaft ausgehändigt, müsste, wenn es sich um eine Verpflichtung zur Aufklärung nach § 13 SGB I handeln soll, dieses an Rechtsänderungen ständig angepasst und dann erneut dem Mitglied kostenlos zur Verfügung gestellt werden, wofür die Regelung jedoch keinen Anhaltspunkt enthält.

 

Rz. 8

Die Vorschrift konkretisiert zwar die Verpflichtung aus § 13 SGB I, wonach die Träger der Sozialversicherung bei der Aufklärung der Bevölkerung über soziale Rechte mitzuwirken haben. Es handelt sich um eine allgemeine Aufklärungs- und Hinweisverpflichtung, daher sind inhaltlich auch lediglich allgemeine Ausführungen erforderlich, nicht jedoch vom jeweiligen Versicherungsverhältnis oder einem eventuellen Leistungsbedarf abhängige Informationen. Da diese Information mitgliederbezogen sein muss, sind nicht nur Hinweise auf die gesetzlichen Vorschriften nach diesem Gesetz, sondern auch ergänzende und konkretisierende Satzungsbestimmungen in das Merkblatt einzubeziehen, und es ist wohl auch über die sich aus der Mitgliedschaft ableitende Familienversicherung (§ 10) zu informieren, da eine eigene Information der Familienversicherten nicht vorgesehen ist.

 

Rz. 9

Da es sich bei dem Merkblatt nur um eine allgemeine Aufklärung handelt und handeln kann, bleibt ein darüber hinausgehender, konkret geltend gemachter Beratungsanspruch (§ 14 SGB I) von dieser Regelung unberührt. Daher lässt sich aus der Unterlassung der Erstellung oder Übergabe und/oder der rechtzeitigen Anpassung an Rechtsänderungen des Merkblattes keine Verletzung von konkreten Beratungspflichten herleiten, aus denen ein Amtshaftungs- oder ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch abgeleitet werden kann. Ebenso wenig lässt sich bei einem solchen allgemein verständlichen und nicht nur den Gesetzes- oder Satzungstext wiedergebenden Merkblatt ein Amtshaftungs- oder Herstellungsanspruch herleiten, wenn die Informationen nur die typischen Fallgestaltungen erfassen, nicht jedoch auch über seltene Fallgestaltungen informieren. Da zudem Beginn und Ende der Mitgliedschaft bei Pflichtversicherung und freiwilliger Versicherung, Beitrittsrechte und Beiträge sowie weitgehend auch die von der Krankenkasse zu gewährenden Leistungen und auch die Beiträge/Beitragssätze gesetzlich bestimmt sind, und insoweit vorrangig das formelle Publizitätsprinzip für Gesetze gilt, wird sich aus der unterlassenen Information über die Gesetzeslage kein Herstellungsanspruch ableiten lassen (vgl. BSG, Urteil v. 21.6.1990, 12 RK 27/88, SozR 3-1200 § 13 Nr. 1 = BSGE 67 S. 90). Dies gilt auch, wenn sich die in den zu Beginn einer Mitgliedschaft ausgehändigten Merkblättern wiedergegebene Rechtslage infolge einer Gesetzesänderung oder durch höchstrichterliche Rechtsprechung verändert, denn eine permanente Information über Rechtsänderungen ist nicht vorgesehen.

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