2.1 Ruhenstatbestände des Abs. 1

 

Rz. 3

Zu beachten ist, dass der Ruhenstatbestand jeweils nur den Versicherten betrifft, der den Ruhenstatbestand erfüllt, nicht jedoch etwa Angehörige, die über den Stammversicherten nach § 10 (Familienversicherung) versichert sind. Bei diesen ruht der Anspruch nur, wenn auch sie einen Ruhenstatbestand erfüllen (BT-Drs. 11/2237 S. 165; BSG, Urteil v. 23.3.1993, 12 RK 6/92, SozR 3-2500 § 243 Nr. 3). Ruhen also z. B. die Ansprüche des Versicherten, der sich im Ausland aufhält, behalten die Familienversicherten, die sich im Inland aufhalten ihre Ansprüche. Die Vorschrift erfasst Pflichtversicherte (§ 5) und freiwillig Versicherte (§ 9). Erforderlich ist allerdings, dass dessen Mitgliedschaft noch besteht, da anderenfalls auch die akzessorische Familienversicherung endet und Leistungsansprüche hieraus ohnehin nicht mehr geltend gemacht werden.

2.1.1 Auslandsaufenthalt (Abs. 1 Satz Nr. 1)

 

Rz. 4

Die Vorschrift soll vor allem der Durchsetzung des Territorialitätsprinzips und des Sachleistungsprinzips dienen. Da in der gesetzlichen Krankenversicherung grundsätzlich das Sachleistungsprinzip gelte, Sachleistungen aber nur im Inland erbracht werden können, müssten entsprechende Ansprüche ruhen (BT-Drs. 11/2237 S. 164 f.). Grund für das Ruhen des Krankengeldanspruchs bei einem Auslandsaufenthalt (Ausnahme Abs. 4) ist, dass der Nachweis der Arbeitsunfähigkeit häufig mit Schwierigkeiten verbunden ist und eine ungerechtfertigte Inanspruchnahme dieser Leistung vermieden werden soll. Da derartige Schwierigkeiten beim Mutterschaftsgeld nicht bestehen, ist dieses auch bei einem Aufenthalt im Ausland zu zahlen (Abs. 1 Satz 2, bis zum 30.10.2012 § 195 Abs. 2 Satz 2 RVO, BT-Drs. 11/2237 S. 165).

 

Rz. 5

Der Anspruch auf Leistungen ruht, solange sich Versicherte im Ausland aufhalten und zwar auch dann, wenn sie dort während eines vorübergehenden Aufenthalts erkranken. Das Ruhen des Anspruchs umfasst grundsätzlich die gesamte Zeit des Auslandsaufenthalts. Die Ruhensfolge tritt während jeden Auslandsaufenthalts des Versicherten ein und zwar unabhängig von der Länge des Aufenthalts und also auch dann, wenn es sich nicht um einen dauerhaften, sondern nur um einen vorübergehenden Auslandsaufenthalt handelt. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland haben, nach § 30 Abs. 1 SGB I grundsätzlich ohnehin keine Leistungsansprüche nach dem SGB V geltend machen können (Territorialitätsprinzip), so dass § 16 das Bestehen eines Wohnsitzes im Inland voraussetzt. Abs. 1 Nr. 1 enthält insoweit für Leistungsansprüche nach dem SGB V eine über § 30 Abs. 1 SGB I hinausgehende Regelung, indem die Ansprüche auch dann ruhen, wenn und solange der Versicherte zwar seinen Wohnsitz im Inland beibehält, sich aber im Ausland aufhält. Eine solche Erweiterung ist zulässig (§ 37 SGB I).

 

Rz. 6

Die Vorschrift lässt abweichendendes Recht innerhalb des SGB V (Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 2 HS) und über- und zwischenstaatliches Recht (§ 6 SGB IV) unberührt. Insbesondere sind die Regelungen in § 13 Abs. 4 bis 6 zu berücksichtigen, die eine Kostenerstattung bei einem Aufenthalt im EU-Ausland sowie einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum vorsehen und mit denen der Gesetzgeber mit Wirkung zum 1.1.2004 die bisherige Rechtsprechung des EuGH zur Inanspruchnahme von medizinischen Leistungen in einem anderen Mitgliedstaat der EU bzw. in einem anderen Vertragsstaat des EWR-Abkommens sowie der Schweiz gegen Kostenerstattung umgesetzt hat. Nach § 13 Abs. 4 können Versicherte grundsätzlich auch Leistungserbringer in anderen Mitgliedstaaten der EU, in anderen Vertragsstaaten des EWR-Abkommens sowie der Schweiz im Wege der Kostenerstattung in Anspruch nehmen. Nach § 13 Abs. 5 können auch Krankenhausleistungen in Anspruch genommen werden, allerdings nur, wenn die Krankenkasse hierzu vorher ihre Zustimmung erteilt hat (vgl. die Komm. zu § 13).

 

Rz. 7

Weitere Ausnahmen können aus über- oder zwischenstaatlichem Recht folgen (§ 30 Abs. 2 SGB I). Zu nennen ist hier zunächst das EG-Sekundärrecht und zwar die Verordnung (EG) Nr. 883/04 v. 29.4.2004 zur Koordinierung des Systeme der sozialen Sicherheit (ABl. EU 2004 Nr. L 166/1 v. 30.4.2004) und der Verordnung (EG) Nr. 987/09 v. 16.9.2009 zur Festlegung der Modalitäten der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 (ABl. EU 2009 Nr. L 284/1 v. 30.10.2009). Diese beiden Verordnungen haben die aus der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 v. 14.6.1971 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (EG-VO 1408/71, "Wanderarbeitnehmerverordnung") sowie in der dazu ergangenen Durchführungsverordnung Nr. 574/72 v. 21.3.1972 (EG-VO 574/72) ersetzt (vgl. Komm. zu § 13). Dieser Anspruch ist anders als die sich aus § 13 Abs. 4 und 5 ergebenden Ansprüche grundsätzlich nicht auf Kostenerstattung, sondern auf Gewährung der Sach- oder Geldleistung durch den Träger des Aufenthaltsortes nach den für diesen gelte...

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