2.1 Gewährleistungsverpflichtung

 

Rz. 3

Die Gewährleistung der Krankenkassen und Leistungserbringer bezieht sich auf eine bedarfsgerechte und gleichmäßige, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Kenntnisse entsprechende Versorgung. Eine bedarfsgerechte Versorgung ist an die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Notwendigkeit gebunden (BSG, Urteil v. 17.2.2004, B 1 KR 5/02 R). Die früher nur im ärztlichen/zahnärztlichen Bereich vorgegebenen Versorgungsgrundsätze gelten für alle Gruppen der Leistungserbringer. Kriterium für den Versorgungsstandard ist seine Kongruenz mit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse i. S. eines medizinischen Konsenses über die Zweckmäßigkeit der Therapie, wobei auch die Wirtschaftlichkeit zu beachten ist (BSG, Urteil v. 17.2.2004, B 1 KR 5/02 R). Nachdem die sog. Schulmedizin, insbesondere in ihren Grenzbereichen, als allgemein anerkannter Maßstab an Boden verloren hat, stellt das Gesetz nicht mehr auf den jeweiligen Stand der medizinischen Wissenschaft und Technik ab. Allerdings müssen auch der medizinische Fortschritt (vgl. § 2) sowie der Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung (vgl. § 135 Abs. 1, § 135a) Berücksichtigung finden. Neue Verfahren, die nicht ausreichend erprobt sind, Verfahren, deren Wirksamkeit mit wissenschaftlich anerkannten Methoden nicht nachweisbar ist, oder Außenseitermethoden, die zwar medizinisch bekannt sind, sich aber nicht bewährt haben, fallen nicht unter die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung. Davon ausdrücklich ausgenommen sind aber die besonderen Therapierichtungen wie Naturheilverfahren (§ 2 Abs. 1 Satz 2).

2.2 Ausreichende Versorgung

 

Rz. 4

Schon nach § 12 Abs. 1 Satz 1 müssen die Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein. Diese Vorschrift strahlt auch auf den Begriff der ausreichenden und zweckmäßigen Versorgung aus (§ 70 Abs. 1 Satz 2). Ausreichend ist die Versorgung, wenn die notwendigen Leistungen zur Verfügung stehen (Wendtland, BeckOK Sozialrecht, SGB V, § 70 Rz. 10). Damit ist ein medizinischer Mindeststandard beschrieben (Greiner/Benedix, SGb 2013 S. 3). Durch den Kontext zum Wirtschaftlichkeitsgebot und in Bezug auf das Kriterium des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse kann der Begriff der ausreichenden Versorgung nicht abgeschlossen definiert werden (vgl. Wendtland, BeckOK Sozialrecht, SGB V, § 70 Rz. 10). Sehr weit fasst das LSG Thüringen (Urteil v. 30.7.2013, L 6 KR 780/10) den durch § 70 eingeräumten Spielraum, wenn es ausführt: Mit der Durchbrechung des Sachleistungsgrundsatzes (§ 2 Abs. 2, § 13 Abs. 3) wird dem Umstand Rechnung getragen, dass die gesetzlichen Krankenkassen eine umfassende medizinische Versorgung sicherstellen müssen (§ 70 Abs. 1 Satz 1) und infolgedessen für das Versagen des Beschaffungssystems – sei es im medizinischen Notfall oder infolge eines unvorhergesehenen Mangels – einzustehen haben (vgl. auch LSG Thüringen, Urteil v. 1.10.2013, L 6 KR 599/11 zu neuen Behandlungsmethoden; Wendtland, BeckOK Sozialrecht, SGB V, § 70 Rz. 10). Bei nicht zur Behandlung zugelassenen Arzneimitteln lässt die Rechtsprechung in engen Grenzen Ausnahmen zu, wenn die geltenden Regelungen des Arzneimittelrechts als unzureichend anzusehen sind (vgl. BSG, Urteil v. 19.3.2002, B 1 KR 37/00 R).

2.3 Wirtschaftlichkeit

 

Rz. 5

Das in §§ 2 und 12 für alle Leistungen der Krankenversicherung festgelegte Gebot der Wirtschaftlichkeit wird in § 70 für alle Krankenkassen und alle Leistungserbringer als Grundsatz vorgeschrieben. Alle Beteiligten, dazu zählt nach § 2 auch der Versicherte, sind für die Einhaltung dieses Wirtschaftlichkeitsgebotes gleichermaßen verantwortlich. Leistungen, die nicht notwendig oder die unwirtschaftlich sind, dürfen nicht beansprucht, bewirkt oder verordnet werden (§ 12). Die Krankenkassen dürfen solche Leistungen nicht bewilligen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob eine Leistung etwa im Ausland wirtschaftlicher erbracht werden kann (zur Klimatherapie in Jordanien: BSG, Urteil v. 6.3.2012, B 1 KR 17/11 R). Durch das GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000 v. 22.12.1999 (BGBl. I S. 2626) ist die fachlich gebotene Qualität der Versorgung eingeführt worden. Von der Sache her bedeutet dies nichts Neues, weil die Qualität bereits in der Überschrift aufgeführt war und eine unzureichende Qualität der Versorgung schon die o. a. Versorgungsgrundsätze nicht erfüllen würde (vgl. z. B. "ausreichend"). Die Betonung der fachlich gebotenen Qualität an dieser Stelle soll aber unterstreichen, welche Bedeutung der Gesetzgeber der Versorgungsqualität beimisst. Eine minderwertige Qualität, die fachlichen Ansprüchen nicht genügt, könnte deshalb auch den Leistungsanspruch des Versicherten nicht erfüllen. Darüber könnten mithin auch keine Verträge zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern geschlossen werden. Ändert sich der fachlich gebotene Qualitätsanspruch an eine zum Gegenstand der Versorgung gehörende Leistung so erheblich, dass die Leistung ab einem bestimmten Zeitpunkt für die Versorgung der GKV-Versiche...

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