2.1 Überblick

 

Rz. 4

Durch die Zahlung von Krankengeld soll der Lebensunterhalt des erwerbstätigen Versicherten bei Arbeitsunfähigkeit, stationärer Krankenhausbehandlung etc. zum großen Teil weiter gesichert werden. Um den Versicherten während seiner Arbeitsunfähigkeit nicht besser zu stellen, als wenn er gearbeitet hätte, bestimmt der Gesetzgeber in § 49, dass das Krankengeld in seiner Höhe ganz oder teilweise ruht, wenn nebenher

  • Arbeitsentgelt/-einkommen gezahlt wird oder
  • vergleichbare Sozialleistungen bezogen werden oder
  • Fallgestaltungen vorliegen, welche eine uneingeschränkte Zahlung von Krankengeld nicht rechtfertigen

(§ 49 Abs. 1 Nr. 1 bis 4, 6 und 7).

Daneben hat der Versicherte der Krankenkasse den Beginn seiner Arbeitsunfähigkeit und eine Verlängerung der Arbeitsunfähigkeit innerhalb festgelegter Fristen anzuzeigen. Wenn er diese Fristen nicht einhält, kann das Krankengeld bis zum Eingang der verspäteten Meldung bei der Krankenkasse auch zum Ruhen gebracht werden (§ 49 Abs. 1 Nr. 5 und 8).

2.2 Ruhen wegen beitragspflichtigem Arbeitsentgelt bzw. Arbeitseinkommen (Abs. 1 Nr. 1)

2.2.1 Grundsätzliches

 

Rz. 5

Der Anspruch auf Krankengeld ruht, soweit und solange der Arbeitnehmer Arbeitsentgelt oder der selbstständig Tätige Arbeitseinkommen erhält. Der Begriff "soweit" bezieht sich auf die Höhe und der Begriff "solange" auf die Dauer des vom Arbeitgeber gezahlten beitragspflichtigen Arbeitsentgelts.

Durch die Regelung soll erreicht werden, dass Doppelleistungen (= z. B. Entgeltfortzahlung vom Arbeitgeber und gleichzeitiges Krankengeld von der Krankenkasse) vermieden werden.

Arbeitsentgelt sind alle Bar- oder Sachbezüge, die der Versicherte im Zusammenhang mit geleisteter oder noch zu leistender Arbeit aus einer unselbständigen Beschäftigung bezieht (§ 14 SGB IV, SvEV). Dazu zählt auch die Entgeltfortzahlung nach § 3 bzw. § 9 EFZG oder nach § 616 BGB. Es gilt jedoch eine Ausnahme: Zahlt der Arbeitgeber lediglich einen Zuschuss zum Krankengeld, ist dieser Zuschuss evtl. voll oder nur teilweise kein Arbeitsentgelt mit der Folge, dass das Krankengeld nicht ruht. Ein vom Arbeitgeber gezahlter Zuschuss zum Krankengeld kann nur der vermögenswerte Vorteil sein, der während des Krankengeldzuschusses gezahlt wird und keinen konkreten bzw. abstrakten Arbeitsstunden zuzuordnen ist. Einzelheiten: vgl. Rz. 18.

Die Ruhenswirkung auf das Krankengeld bezieht sich nur auf das tatsächlich erhaltene Arbeitsentgelt. Maßgeblich ist also die tatsächliche Zahlung des Arbeitsentgelts. Verweigert der Arbeitgeber die Entgeltfortzahlung zu Unrecht, besteht ein Anspruch auf Krankengeld und die Ruhenswirkung greift nicht. Der Anspruch des Versicherten gegen seinen Arbeitgeber geht dann kraft Gesetzes bis zur Höhe des geleisteten Krankengeldes auf die Krankenkasse über (§ 115 SGB X).

Der Begriff des Arbeitseinkommens entspricht der Legaldefinition des § 15 SGB IV. Danach ist Arbeitseinkommen der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer selbstständigen Tätigkeit. Nach Auffassung der Spitzenverbände der Krankenkassen sollten die Erklärungen des Versicherten als ausreichend angesehen werden, sofern keine verwertbaren Anhaltspunkte vorliegen (vgl. GR v. 3.12.2020, Ziff. 6.1.1.2).

 

Rz. 6

Die Ruhenswirkung kann allerdings nur vom laufenden Arbeitsentgelt ausgehen; einmalig gezahlte Arbeitsentgelte – also Zuwendungen, die dem Arbeitsentgelt zuzurechnen sind und nicht für die Arbeit in einem einzelnen Entgeltabrechnungszeitraum gezahlt werden (§ 23a Abs. 1 Satz 1 SGB IV) – lösen keine Ruhenswirkung aus (§ 49 Abs. 1 Nr. 1 HS 2). Dies gilt auch dann, wenn bisherige Einmalzahlungen beitragspflichtig waren und nach § 47 Abs. 2 Satz 6 bei der Berechnung des Regelentgelts berücksichtigt wurden.

2.2.2 Anrechnung nur von zeitgleichem Arbeitsentgelt

 

Rz. 7

Angerechnet wird nur das Arbeitsentgelt bzw. -einkommen, das während des Krankengeldbezuges "erwirtschaftet" wird. Einkommen, das in der Zeit vor Beginn des Krankengeldanspruches erarbeitet wurde, bleibt unberücksichtigt. Auf den Zeitpunkt der Auszahlung oder des Einkommenszuflusses kommt es nicht an. Somit lösen zeitversetzt gezahlte variable Arbeitsentgeltbestandteile, die während des Bezugs von Krankengeld ausgezahlt werden, keine Ruhenswirkung aus.

Eine wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gezahlte Urlaubsabgeltung bewirkt ebenfalls kein Ruhen des Krankengeldes, weil die Urlaubsabgeltung kein mit der Krankengeld-Zahlung zeitlich konkurrierendes Arbeitsentgelt ist (BSG, Urteil v. 30.5.2006, B 1 KR 26/05 R).

2.2.3 Höhe der Anrechnung

 

Rz. 8

Da das Krankengeld bei Arbeitnehmern auf das Nettoarbeitsentgelt begrenzt ist (vgl. 47 Abs. 1 Sätze 1 und 2), wird auf das Krankengeld auch nur

  • das um die gesetzlichen Abzüge verminderte Arbeitsentgelt (Nettoarbeitsentgelt; vgl. Rz. 9 ff.) bzw.
  • das um 30 % verminderte Brutto-Arbeitseinkommen (Rz. 14 f.)

angerechnet.

2.2.3.1 Zu berücksichtigende und nicht zu berücksichtigende Arbeitsentgelte

 

Rz. 9

Erhält der Versicherte während des Bezuges von Krankengeld Sachbezüge oder sonstige geldwerte Vorteile (kostenfreie Wohnung, Firmenwagen, Übernahme der Kontoführungsgebühren etc.), mindert sich das Krankengeld um deren Werte (Wert des daraus berechneten Nettoarbeitsentgelts; vgl. Rz. 11). Der...

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