2.1 Diskriminierungsfreie Einbindung von Komponenten und Diensten (Abs. 1)

 

Rz. 3

Die Anbieter und Hersteller informationstechnischer Systeme für

  • die vertragsärztliche Versorgung,
  • die vertragszahnärztliche Versorgung,
  • die pflegerische Versorgung sowie für
  • Krankenhäuser,
  • Apotheken,
  • Vorsorgeeinrichtungen und
  • Rehabilitationseinrichtungen

stellen die diskriminierungsfreie Einbindung aller Komponenten und Dienste sicher, die von der Gesellschaft für Telematik (gematik) zugelassen (§ 325 Abs. 2, 3) und zur Erfüllung gesetzlicher Pflichten erforderlich sind (Satz 1). Eine Beschränkung der Einbindung auf bestimmte Hersteller und Anbieter ist nicht zulässig (Satz 2). Damit sind technische oder vertragliche Beschränkungen vor allem in Bezug auf Primärsysteme gemeint, mit denen Anbieter und Hersteller von IT-Produkten versuchen, ihre Systeme "geschlossen" zu halten (sog. "Lock-in-Effekte"). Diese Beschränkungen werden untersagt, damit eine Benachteiligung von für die Telematikinfrastruktur bedeutsamen Komponenten und Diensten anderer Anbieter in den Primärsystemen ausgeschlossen wird (Dochow, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl., § 332a Rz. 25).

 

Rz. 4

Die Regelung gewährleistet die Funktionsfähigkeit der Telematikinfrastruktur und damit der Gesundheitsversorgung im digitalen Bereich als besonders wichtiges Gemeinschaftsgut (BT-Drs. 20/3876 S. 56). Die Telematikinfrastruktur und ihre Anwendungen sollen die einrichtungs- und sektorenübergreifende Bereitstellung und Übermittlung umfassender medizinischer und pflegerischer Informationen der Versicherten im Rahmen ihrer persönlichen medizinischen Behandlung bzw. pflegerischer Versorgung ermöglichen und die Versorgungsqualität sowie die Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen entscheidend verbessern. Die Funktionsfähigkeit der Telematikinfrastruktur ist unmittelbar für den Schutz der menschlichen Gesundheit bedeutsam, da ein Therapieerfolg in aller Regel von einer zuverlässigen und zeitgerechten Übermittlung von Patientendaten abhängt. Die Coronavirus SARS-CoV-2-Pandemie hat nochmals verdeutlicht, dass der Digitalisierung der Prozesse im deutschen Gesundheitswesen eine zentrale Rolle für den optimalen Schutz von Leben und Gesundheit zukommt. Den Leistungserbringern als Nutzer der informationstechnischen Systeme wird der Zugang zur Telematikinfrastruktur mithilfe des von ihnen bereits genutzten Systems ermöglicht bzw. erleichtert. Damit wird eine für einen Teil der Leistungserbringer bestehende tatsächliche Hürde für die Nutzung der Telematikinfrastruktur beseitigt. Die Regelung ist erforderlich, weil der bisherige Rechtsrahmen – ungeachtet der für die Leistungserbringer bereits bestehenden Verpflichtungen und Sanktionen – nicht im gewünschten Umfang dazu geführt hat, eine vollständige Einbindung aller Komponenten und Dienste der Telematikinfrastruktur sicherzustellen und damit die vollständige Anbindung der Leistungserbringer zu gewährleisten. Der Umstand, dass bereits eine Anzahl von Anbietern ihre Systeme ohne Erhebung von Zusatzgebühren offenhält, verdeutlicht, dass durch die neu geregelte Verpflichtung den Anbietern keine unverhältnismäßige Belastung auferlegt wird, die andere Marktteilnehmer nicht schon ohne ersichtliche Schwierigkeiten zu leisten imstande sind. Zudem beruht das System auf Gegenseitigkeit, sodass keine Diskriminierung erfolgt.

2.2 Kostenfreiheit (Abs. 2)

 

Rz. 5

Die Einbindung der Komponenten und Dienste erfolgt ohne zusätzliche Kosten für die Nutzer der informationstechnischen Systeme (Satz 1). Direkte oder indirekte Kosten im Zusammenhang mit der Wahl eines Herstellers oder Anbieters sind nicht zulässig (Satz 2). Die diskriminierungsfreie Einbringung der Komponenten und Dienste ist für die Nutzer kostenfrei. Der Begriff "aller" Komponenten und Dienste ist dahin gehend einschränkend auszulegen, dass die kosten- bzw. gebührenfreie Einbindung sich nicht auf neu vom Leistungserbringer anzuschaffende Komponenten und Dienste erstreckt (Dochow, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl., § 332a Rz. 29).

2.3 Umsetzung (Abs. 3)

 

Rz. 6

Alle Komponenten und Dienste sind bis zum 29.12.2023 diskriminierungsfrei einzubinden. Die Anbieter erhalten damit eine angemessene Übergangsfrist, um ihre Geschäftsmodelle umzustellen (BT-Drs. 20/3876 S. 56).

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