Rz. 2

Die einzelnen Komponenten und Dienste der Telematikinfrastruktur sind so auszugestalten, dass sie interoperabel sind (§ 325 Abs. 2, 3). Hierdurch soll trotz der heterogenen Anbieterstruktur von Komponenten und Diensten über verbindliche technische Normen ein funktionierendes Gesamtsystem erreicht werden. Ungeachtet dieser Interoperabilitätsvorgaben bieten verschiedene Anbieter von Komplettsystemen von Komponenten und Diensten ihr System nur in Kooperation mit ausgewählten Primärsystemanbietern an (BT-Drs. 20/3876 S. 55 f.). Es zeichnet sich ein Trend der Anbieter ab, ihre eigenen Systeme geschlossen zu halten. Hierzu kooperieren vor allem Primärsystemanbieter mit ausgewählten Herstellern von Komponenten und Diensten der Telematikinfrastruktur und schließen andere Anbieter und Hersteller von ihrem System aus. Einige Anbieter von Primärsystemen verlangen ferner monatliche Wartungsgebühren und/oder einmalige Anschlusskosten, wenn ihre Bestandskunden Komponenten oder eine Komponente zum Anschluss an die Telematikinfrastruktur von einem anderen Anbieter nutzen möchten. Aufgrund dieses Marktverhaltens haben Leistungserbringer kaum die Möglichkeit, Primärsysteme sowie Komponenten und Dienste von unterschiedlichen Herstellern nach eigenen Entscheidungsmaßstäben und Bedürfnissen frei miteinander zu kombinieren. Dies schränkt die Entscheidungsfreiheit der Leistungserbringer bei der Wahl ihrer Primärsysteme sowie Komponenten und Dienste erheblich ein und die flächendeckende Umsetzung der Telematikinfrastruktur verzögert sich in der Praxis weiter. So können Leistungserbringer, wenn ihnen bei Umsetzungsschwierigkeiten aufseiten der Anbieter und Hersteller ein Wechsel erschwert oder unmöglich gemacht wird, ihren gesetzlichen Vorgaben unverschuldet nicht nachkommen. Dies führt dazu, dass wichtige Anwendungen wie die elektronische Patientenakte, das E-Rezept oder die elektronische Übermittlung von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen nicht fristgerecht in der Versorgung zur Verfügung stehen.

Um diesen derzeit bestehenden Einschränkungen des Angebots für den Anschluss an die Telematikinfrastruktur vonseiten der Primärsystemanbieter zu begegnen, werden Anbieter und Hersteller von Primärsystemen durch die Regelung gesetzlich verpflichtet, Dienste und Komponenten aller Anbieter in ihr System einzubinden – soweit Schnittstellen vorgegeben oder festgelegt sind –, ohne hierfür zusätzliche Gebühren in Ansatz zu bringen. Die Verpflichtung zur gebührenfreien Einbindung erstreckt sich dabei nicht auf die Anschaffung neuer Komponenten und Dienste einschließlich unter Umständen erforderlicher neuer Lizenzen, sondern umfasst den Anschluss und die Einrichtung von Komponenten und Diensten anderer Anbieter und deren Integration in das anbietereigene System. Eine einmalige Anschluss- oder Freischaltungsgebühr für Komponenten und Dienste von Drittanbietern ist damit ebenso unzulässig wie monatliche Wartungsgebühren für anbieterfremde Komponenten und Dienste.

Die marktregulierende Verpflichtung der Anbieter und Hersteller ist bußgeldbewehrt. Wer entgegen § 332a Abs. 1 Satz 2 die dort genannte Einbindung von Komponenten beschränkt, handelt ordnungswidrig (§ 397 Abs. 1 Nr. 1). Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen nicht (Dochow, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl., § 332a Rz. 33 m.w.N.).

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