Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Aushändigung der elektronischen Gesundheitskarte bei Ruhen des Leistungsanspruchs

 

Orientierungssatz

Eine Krankenkasse kann einem Versicherten die Ausstellung der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) nicht deshalb verweigern, weil sein Anspruch auf Leistungen wegen Beitragsrückständen ruht (vgl LSG Berlin-Potsdam vom 18.7.2017 - L 9 KR 274/17 B ER).

 

Tenor

Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger eine elektronische Gesundheitskarte im Sinne von § 291 SGB V auszuhändigen.

Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu tragen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten steht die Aushändigung der elektrischen Gesundheitskarte im Streit.

Der im Jahre 1965 geborene Kläger ist bei der Beklagten krankenversichert. Aufgrund von Beitragsrückständen ruhen die Leistungsansprüche seit 1.9.2007. In der Vergangenheit erhielt der Kläger jeweils Anspruchsnachweise zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände. Im Frühjahr 2017 begehrte er die Aushändigung der elektronischen Gesundheitskarte. Die Beklagte erwiderte mit Schreiben vom 8.3.2017, dass die Leistungsansprüche nach § 16 Abs. 3a SGB V wegen Beitragsrückständen ruhten. Vor diesem Hintergrund würden nur Leistungen für dringende, medizinisch notwendige Behandlungen erbracht. Eine elektronische Gesundheitskarte werde nicht ausgehändigt, weil es technisch derzeit nicht möglich sei, das Leistungsruhen auf der Karte zu vermerken. Dem entsprechend übersandte sie zeitgleich einen „Anspruchsnachweis zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände“. Der Kläger beantragte daraufhin am 13.04.2017 vor dem Sozialgericht Wiesbaden (S 2 KR 169/17 ER) im Wege des einsteiligen Rechtsschutzes die Aushändigung der elektronischen Gesundheitskarte. Er bestritt, dass es technisch nicht möglich sei das Ruhen auf der Karte zu speichern. Nach § 291 SGB V werde jedem Versicherten die Gesundheitskarte ausgestellt. Berechtigungsscheine oder Anspruchsnachweise, wie in der Vergangenheit, seien rechtlich nicht vorgesehen. Soweit in § 15 Abs. 3 SGB V Berechtigungsscheine aufgeführt seien, beträfen diese „andere Leistungen“ für medizinische Hilfsberufe. Das Vorenthalten der elektronischen Gesundheitskarte stelle einen Grundrechtseingriff dar, da es an einer gesetzlichen Regelung fehle. Die Antragsgegnerin und jetzige Beklagte war dem entgegengetreten mit der Begründung, dass der Mindestschutzstandard für den Kläger durch Aushändigung des Berechtigungsscheines gewährleistet sei. Die Krankenkasse sei nicht verpflichtet eine elektronische Gesundheitskarte auszustellen, wenn auf dieser Informationen zum Ruhen technisch noch nicht gespeichert werden könnten. Das Gericht hat durch Beschluss vom 09.05.2017 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt mit der Begründung, dass kein Anordnungsgrund bestehe, da der Antragsteller aktuell über einen Berechtigungsschein verfüge.

Mit seiner an 29.05.2017 bei dem Sozialgericht Wiesbaden eingegangenen Klage begehrt der Kläger nunmehr im Hauptsacheverfahren die Aushändigung der elektronischen Gesundheitskarte und verweist auf sein Vorbringen im einstweiligen Rechtsschutzverfahren. Er bestreitet, dass eine Speicherung auf der elektronischen Karte nicht möglich sei. Im Übrigen seien die Versicherten nach § 15 Abs. 2 SGB V verpflichtet, ihre elektronische Gesundheitskarte vor Inanspruchnahme ärztlicher, zahnärztlicher oder psychotherapeutischer Behandlung dem Arzt vorzulegen. Ein Berechtigungsschein sei nach § 15 Abs. 3 SGB V für „andere“ Leistungen vorgesehen als die in Abs. 2 genannten Leistungen. In der Vergangenheit sei es so gewesen, dass er dringenden Behandlungsbedarf wegen vereiterter Zähne gehabt habe. Er habe etliche Zahnärzte aufgesucht, die sich aber geweigert hätten, ihn ohne Vorlage einer elektronischen Gesundheitskarte zu behandeln. Der Kläger legt auch sein Schreiben an die Beklagte vom 19.02.2016 vor, in dem er die Beklagte darauf hinweist, dass er keine Zahnärzte gefunden habe, die ihn ohne Vorlage der elektronischen Gesundheitskarte behandeln würden.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verpflichten, ihm eine elektronische Gesundheitskarte i.S.d. § 291 SGB V auszuhändigen,

hilfsweise ein Sachverständigengutachten zu der Frage einzuholen, inwieweit auf die elektronische Gesundheitskarte das Vermerke des Ruhens der Leistung aus technischen nicht möglich sein solle.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte steht auf dem Standpunkt, dass sie zur Aushändigung der elektronischen Gesundheitskarte bei Ruhen der Leistungsansprüche nicht verpflichtet sei. Es sei bislang aus technischen Gründen nicht möglich, auf der Gesundheitskarte das Ruhen der Leistungsansprüche zu vermerken.

Wegen der weiteren Einzelheiten, auch im Vorbringen der Beteiligten, wird auf die Gerichtsakte und die Beklagtenakte Bezug genommen, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

 

Entscheidungsgründe

Das Gericht konnte aufgrund mündlicher Verhandlung vom 31.10.2018 auch in...

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