Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende: Wirkungen eines Sanktionsbescheides. Fortbestehen des Leistungsanspruchs nach Erlass eines Sanktionsbescheides

 

Orientierungssatz

Wird in einem Sanktionsbescheid gegenüber einem Empfänger von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende lediglich ein Sanktionstatbestand festgestellt und die sich daraus ergebende Minderung des Anspruches auf Grundsicherungsleistungen mitgeteilt, ohne dass zugleich der ursprüngliche Leistungsbescheid insoweit entsprechend abgeändert wird, so bleibt der Leistungsanspruch aus dem ursprünglichen Leistungsbescheid bestehen und kann als Zahlungsanspruch geltend gemacht werden.

 

Tenor

Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin aus den mit dem Bewilligungsbescheid vom 16. Oktober 2014 verlautbarten bewilligenden Verfügungen für den Zeitraum vom 01. Januar 2015 bis zum 31. März 2015 noch einen weiteren Betrag in Höhe von 324,00 Euro zu zahlen.

Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin in voller Höhe.

Die Berufung wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten im Wesentlichen darum, ob der Klägerin gegen den Beklagten ein Zahlungsanspruch aus zuvor der Klägerin nach den Bestimmungen des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) erteilten bewilligenden Verfügungen zusteht.

Auf ihren entsprechenden Fortzahlungsantrag gewährte der Beklagte der Klägerin mit sozialverwaltungsbehördlichen Leistungsverfügungen vom 16. Oktober 2014 für den Zeitraum vom 01. November 2014 bis zum 30. April 2015 passive Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende nach den Bestimmungen des SGB II; die den Zeitraum vom 01. Dezember 2014 bis zum 30. April 2015 betreffenden Verfügungen des Beklagten vom 17. November 2014 änderten die Höhe der Leistungsansprüche der Klägerin nicht ab.

Mit Verfügung vom 12. Dezember 2014 verhängte der Beklagte gegenüber der Klägerin für den Zeitraum vom 01. Januar 2015 bis zum 31. März 2015 eine Sanktion und stellte die Minderung um jeweils monatlich 108,00 Euro wegen eines Pflichtenverstoßes fest, der hiergegen erhobene Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 06. März 2015), die hiergegen erhobene Klage, die bei dem Sozialgericht Neuruppin unter dem Aktenzeichen S 37 AS 658/15 geführt worden war, hat die Klägerin im Termin zur Erörterung des Sachverhaltes vom 28. Juni 2016 zurückgenommen.

Mit Schriftsatz vom 29. November 2016 hat die Klägerin bei dem Sozialgericht Neuruppin Klage erhoben, mit der sie die Auszahlung von monatlich 108,00 Euro für den Zeitraum vom 01. Januar 2015 bis zum 31. März 2015 aus den bewilligenden Verfügungen begehrt. Die Nichtauszahlung der begehrten Leistungen habe ihren Grund in der Sanktionsverfügung vom 12. Dezember 2014. Es fehle an der Aufhebung der vorherigen Bewilligung der Leistungen durch Verwaltungsakt. Der Sanktionsbescheid habe lediglich die Minderung des Leistungsanspruches festgestellt und nicht die Bindungswirkung der bewilligenden Verfügungen durchbrochen. Sie verweise diesbezüglich auf mehrere Urteile der 13. Kammer sowie auf ein Urteil der 18. Kammer des Sozialgerichts Neuruppin sowie auf eine Entscheidung des 18. Senats des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg. Ihr Zahlungsanspruch sei auch nicht verwirkt und nicht verjährt.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin aus den mit dem Bewilligungsbescheid vom 16. Oktober 2014 verlautbarten bewilligenden Verfügungen für den Zeitraum vom 01. Januar 2015 bis zum 31. März 2015 weitere Leistungen in Höhe eines Betrages von insgesamt 324,00 Euro zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen und die Berufung zuzulassen.

Zur Begründung seines Antrages trägt er vor, er stimme einer Klageerweiterung nicht zu. Darüber hinaus führt er zur Begründung ua aus: In der Sanktionsverfügung sei zugleich auch eine Änderungsverfügung bezüglich der Leistungsbewilligung zu sehen. Er verweise auf Entscheidungen der 24. Kammer des Sozialgerichts Neuruppin. Im Übrigen sei der Anspruch insbesondere mit Blick darauf verwirkt, dass die Klägerin die Rechtmäßigkeit der Sanktionsverfügung durch ihre Klagerücknahme anerkannt habe.

Mit Beschluss vom 27. Dezember 2019 hat die Kammer auf den übereinstimmenden Antrag der Beteiligten das Ruhen des Verfahrens angeordnet und auf den Antrag der Klägerin vom 21. Dezember 2020 - bei dem Sozialgericht Neuruppin eingegangen am 24. Dezember 2020 - unter dem jetzigen gerichtlichen Aktenzeichen wieder aufgenommen.

Zur Ergänzung des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der Prozessakte sowie auf die die Klägerin betreffenden Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung, der geheimen Beratung und der Entscheidungsfindung waren.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage hat Erfolg.

1. Streitgegenstand sind Ansprüche der Klägerin auf Auszahlung ihrer vollständigen Leistungsansprüche aus bewilligenden Verfügungen des Beklagten, die dieser mit seinem Bescheid vom 16. Oktober ...

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