Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende: Wirkungen eines Sanktionsbescheides. Fortbestehen des Leistungsanspruchs nach Erlass eines Sanktionsbescheides

 

Orientierungssatz

Wird in einem Sanktionsbescheid gegenüber einem Empfänger von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende lediglich ein Sanktionstatbestand festgestellt und die sich daraus ergebenden Minderung des Anspruches auf Grundsicherungsleistungen mitgeteilt, ohne dass zugleich der ursprüngliche Leistungsbescheid insoweit entsprechend abgeändert wird, so bleibt der Leistungsanspruch aus dem ursprünglichen Leistungsbescheid bestehen und kann als Zahlungsanspruch geltend gemacht werden.

 

Tenor

Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger aus den mit dem Bewilligungsbescheid vom 11. August 2014 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 26. August 2014 verlautbarten bewilligenden Verfügungen für den Zeitraum vom 01. November 2014 bis zum 31. Januar 2015 noch einen weiteren Betrag in Höhe von 351,90 Euro zu zahlen.

Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers in voller Höhe.

Die Berufung wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten im Wesentlichen darum, ob dem Kläger gegen den Beklagten ein Zahlungsanspruch aus zuvor dem Kläger nach den Bestimmungen des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) erteilten bewilligenden Verfügungen zusteht.

Auf seinen entsprechenden Fortzahlungsantrag gewährte der Beklagte dem Kläger mit sozialverwaltungsbehördlichen Leistungsverfügungen vom 11. August 2014 in der Fassung seiner Änderungsverfügungen vom 26. August 2014 für den Zeitraum vom 01. September 2014 bis zum 28. Februar 2015 passive Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende nach den Bestimmungen des SGB II.

Mit Verfügung vom 08. Oktober 2014 verhängte der Beklagte gegenüber dem Kläger für den Zeitraum vom 01. November 2014 bis zum 31. Januar 2015 eine Sanktion und stellte die Minderung um jeweils monatlich 117,30 Euro wegen eines Pflichtenverstoßes fest.

Nach Aktenlage änderte der Beklagte mit sozialverwaltungsbehördlicher Verfügung vom 29. Januar 2015 seine bisherigen bewilligenden Verfügungen für den Zeitraum vom 01. Januar 2015 bis zum 28. Februar 2015 erneut ab, wobei er die von ihm verhängte Sanktion für den Zeitraum vom 01. Januar 2015 bis zum 31. Januar 2015 leistungsrechtlich umsetzte.

Mit Schriftsatz vom 27. November 2018 hat der Kläger bei dem Sozialgericht Neuruppin Klage erhoben, mit der er die Auszahlung von monatlich 117,30 Euro für den Zeitraum vom 01. November 2014 bis zum 31. Januar 2015 aus den bewilligenden Verfügungen begehrt. Die Nichtauszahlung der begehrten Leistungen habe ihren Grund im Sanktionsbescheid vom 08. Oktober 2014. Es fehle an der Aufhebung der vorherigen Bewilligung der Leistungen durch Verwaltungsakt. Der Sanktionsbescheid habe lediglich die Minderung des Leistungsanspruches festgestellt und nicht die Bindungswirkung der bewilligenden Verfügungen durchbrochen. Er verweise diesbezüglich auf mehrere Urteile der 13. Kammer sowie auf ein Urteil der 18. Kammer des Sozialgerichts Neuruppin sowie auf eine Entscheidung des 18. Senats des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg. Sein Zahlungsanspruch sei auch nicht verwirkt und nicht verjährt. Schließlich habe er von einer Änderungsverfügung vom 29. Januar 2015 keine Kenntnis.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger aus den mit dem Bewilligungsbescheid vom 11. August 2014 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 26. August 2014 verlautbarten bewilligenden Verfügungen für den Zeitraum vom 01. November 2014 bis zum 31. Januar 2015 weitere Leistungen in Höhe eines Betrages von insgesamt 351,90 Euro zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen und die Berufung zuzulassen.

Zur Begründung führt er ua aus: In der Sanktionsverfügung sei zugleich auch eine Änderungsverfügung bezüglich der Leistungsbewilligung zu sehen, weshalb es auf den Zugang der weiteren Änderungsverfügung vom 29. Januar 2015 auch nicht ankomme. Er verweise auf Entscheidungen der 24. Kammer und der 30. Kammer des Sozialgerichts Neuruppin sowie auf eine Entscheidung des 20. Senats des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg.

Mit Beschluss vom 07. Oktober 2019 hat die Kammer auf den übereinstimmenden Antrag der Beteiligten das Ruhen des Verfahrens angeordnet und auf den Antrag des Klägers vom 28. Mai 2020 - bei dem Sozialgericht Neuruppin eingegangen am 03. Juni 2020 - unter dem jetzigen gerichtlichen Aktenzeichen wieder aufgenommen.

Zur Ergänzung des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der Prozessakte sowie auf die den Kläger betreffenden Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung, der geheimen Beratung und der Entscheidungsfindung waren.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage hat Erfolg.

1. Streitgegenstand sind Ansprüche des Klägers auf Auszahlung seiner Leistungsansprüche aus bewilligenden Verfügungen des Beklagten, die dieser mit seinem Bescheid vom 11....

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