Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsärztliche Zulassungssache. Zeitpunkt für Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung. Ablehnung einer Ermächtigung. Rechtswidrigkeit eines Beschlusses des Zulassungsausschusses wegen unzureichender Begründung. kein Anordnungsanspruch bei Fehlen einer hinreichenden Erfolgsaussicht. Vergütung von Anästhesieleistungen nach AOP-Vertrag. kein Ermächtigungsbedarf. Streitwertbestimmung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung in vertragsärztlichen Zulassungssachen ist grundsätzlich auch vor einer Entscheidung des Berufungsausschusses zulässig.

2. Ist ein Beschluss des Zulassungsausschusses wegen unzureichender Begründung der Ablehnung einer Ermächtigung (hier: Facharzt für Anästhesie) rechtswidrig, so besteht dennoch kein Anordnungsanspruch, wenn es an einer hinreichenden Erfolgsaussicht des Widerspruchs fehlt.

3. Werden Anästhesieleistungen nach dem AOP-Vertrag zu § 115b Abs 1 SGB 5 vergütet, so besteht hierfür kein Bedarf für eine Ermächtigung.

 

Orientierungssatz

Bei persönlichen Ermächtigungen von Krankenhausärzten zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ist bei der Streitwertbestimmung von den erzielbaren Einnahmen abzüglich der Praxiskosten und Abgaben an das Krankenhaus im streitigen Zeitraum auszugehen (vgl BSG vom 6.9.1993 - 6 RKa 25/91 = SozR 3-1500 § 193 Nr 6). Sind Inhalt und Umfang der erteilten Ermächtigung strittig, ist als Streitwert der Regelstreitwert festzusetzen.

 

Tenor

1. Der Antrag auf Erlass einstweilige Anordnung vom 16. Juli 2009 wird abgewiesen.

2. Der Antragssteller hat dem Antragsgegner die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Er hat auch die Gerichtskosten zu tragen. Weiter Kosten sind nicht zu erstatten.

3. Der Streitwert wird auf 9.000,00 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten im Rahmen eines einstweiligen Anordnungsverfahrens um die Ermächtigung des Antragsstellers.

Der Antragsteller ist Facharzt für Anästhesie - Rettungsmedizin und Palliativmedizin -. Er ist Chefarzt der Anästhesieabteilung am DY.-Krankenhaus gGmbH A-Stadt. Der Zulassungsausschuss für Ärzte bei der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen ermächtigte ihn zuletzt mit Beschluss vom 27. Februar 2007, befristet bis zum 31. März 2007, für folgende Leistungen: Durchführung ambulanter anästhesiologischer Leistungen auf Überweisung der an diesem Krankenhaus tätigen ermächtigten Ärzte und Belegärzte, ausgenommen solcher Anästhesien, die im Zusammenhang mit ambulanten Operationen am DY.-Krankenhaus gGmbH in A-Stadt gemäß § 115b SGB V durchgeführt werden.

Der Antragsteller beantragte mit Schreiben vom 2. Dezember 2008 die Verlängerung seiner Ermächtigung. Er trug vor, sofern das DY.-Krankenhaus A-Stadt nach § 115b SGB V tätig werde, seien selbstverständlich diese Leistungen nach § 7 AOP-Vertrag abzurechnen. Nur im Zusammenhang mit solchen Leistungen könne das Krankenhaus auch ambulante anästhesiologische Leistungen erbringen. Für die am Krankenhaus tätigen ermächtigten Belegärzte könnten anästhesiologische Leistungen nicht erbracht werden. Er wolle diese ermächtigten Belegärzte bei der eigenen Operation als Anästhesist unterstützen. Hierfür bedürfe er der Ermächtigung. Soweit die Beigeladene zu 1) davon ausgehe, er habe in den letzen vier Quartalen durchschnittlich 77 Fälle pro Quartal abgerechnet, so spreche dies für einen entsprechenden Bedarf. Die Beigeladene zu 1) habe auch nicht dargelegt, dass kein Bedarf bestehe. Alle anderen niedergelassenen Anästhesisten hätten keine Einwendungen gegen eine Erneuerung seiner Ermächtigung.

Das Kompetenzzentrum Bedarfsprüfung und Sicherstellung der Beigeladenen zu 1) legte dar, dass eine anästhesiologische Leistung bei ambulanten operativen Eingriffen gemäß § 115b SGB V nicht über die Kassenärztliche Vereinigung abgerechnet werde, sondern direkt mit den Krankenkassen. Dies geschehe unabhängig davon, ob der Eingriff nach § 115b SGB V durch einen (ermächtigten) Operateur des Krankenhauses oder einen belegärztlich tätigen Vertragsarzt erbracht werde. § 7 Abs. 4 AOP Vertrag stelle hier den belegärztlich tätigen Vertragarzt ausdrücklich dem Operateur des Krankenhauses gleich und setze so auch die Abrechenbarkeit der anästhesiologischen Leistungen gleich. Eine Analyse der Abrechnungsdaten der im DY.-Krankenhaus ermächtigen Ärzte habe ergeben, dass der Antragssteller vielfach anästhesiologische Leistungen für die ermächtigten Ärzte erbringe und die Leistungen mit der Pseudoziffer 98115 als Leistung nach § 115b SGB V kennzeichne. Auch in diesen Fällen sei eine Abrechnungsmöglichkeit der Anästhesie durch das Krankenhaus direkt mit den Krankenkassen gegeben. Gleiches gelte, wenn die Operation durch einen Belegarzt erbracht werde. Ein Sicherstellungsbedarf sei nicht gegeben.

Der Zulassungsausschuss für Ärzte lehnte mit Beschluss vom 31. März 2009 den Antrag auf weitere Ermächtigung ab. Zur Begründung bezog er sich auf die Stellungnahme des Kompetenzzentrums Bedarfsprüfung und Sicherstellung. Dieser ...

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