Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Erhöhung der angemessenen Unterkunftskosten nach nicht erforderlichem Umzug. Erforderlichkeit eines Umzugs auch bei Umzugswunsch wegen deutlicher Unterschreitung des angemessenen Wohnstandards und der angemessenen Wohnungsgröße

 

Orientierungssatz

Der Grundsicherungsträger darf einen Leistungsberechtigten bei einer deutlichen Unterschreitung des angemessenen Wohnstandards und der angemessenen Wohnungsgröße nicht auf ein dauerhaftes Wohnen in einer solchen Unterkunft verweisen und hat einen entsprechenden Umzugswunsch zu akzeptieren.

 

Tenor

Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig für die Zeit vom 01. Oktober 2015 bis 31. Dezember 2015 weitere 178 € monatlich zu zahlen, längstens bis zur Entscheidung über den Widerspruch gegen den Änderungsbescheid vom 08. September 2015.

Die Antragsgegnerin trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers.

 

Gründe

I. Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes höhere Kosten für Unterkunft und Heizung (KDU) im Rahmen der Erbringung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Der am 1988 geborene Antragsteller beantragte erstmals im Juli 2013 Leistungen nach dem SGB II bei der Antragsgegnerin. Er wohnte damals noch im Wohnhaus der Eltern. Zum 01. August 2013 bezog er eine eigene Wohnung in W. Zum 31. August 2014 zog er wegen Schimmelbefall aus der Wohnung aus und beantragte bei der Antragsgegnerin die Zustimmung zum Umzug. Nachdem die Antragsgegnerin die Zustimmung zum Umzug mit der Begründung ablehnte, der Umzug sei nicht erforderlich und die neue beabsichtigte Unterkunft unangemessen, zog der Antragsteller vorübergehend bei seinen Eltern ein. Einen weiteren Antrag auf Zustimmung zum Umzug vom 21. November 2014 lehnte die Antragsgegnerin erneut ab.

Am 16. März 2015 beantragte der Antragsteller erneut die Zusicherung für einen Umzug und reichte unter anderem ein Mietangebot für eine 25qm große Einraumwohnung ein, für die monatlich 195 € Miete inklusive Betriebs- und Heizkosten zu zahlen waren. Nach Erteilung der Zusicherung durch die Antragsgegnerin bezog der Antragsteller zum 01. April 2015 die Wohnung. Mit Bescheid vom 24. Juni 2015 bewilligte die Antragsgegnerin dem Antragsteller Leistungen nach dem SGB II für Juli bis Dezember 2015 iHv. 594 € monatlich und berücksichtigte dabei neben der Regelleistung KdU in Höhe von insgesamt 195 €.

Am 23. Juli 2015 beantragte der Antragsteller erneut die Erteilung der Zusicherung zum Umzug und reichte ein Mietangebot über eine 59qm große Dreiraumwohnung ein, für die monatlich 300 € Kaltmiete, 20 € Betriebs- und 50 € Heizkosten zu zahlen sind. Zur Begründung für den Umzug führte er aus, seine jetzige Wohnung sei zur Wahrnehmung des Umgangsrechts mit seinem im September 2014 geborenen Sohn zu klein. Auch verfüge seine Wohnung weder über Dusche und Wanne, die Toilette mit Waschbecken befinde sich im Treppenhaus. Mit Bescheid vom 29. Juli 2015 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag ab. Bereits vor Antragstellung hatte der Antragsteller den Mietvertrag unterschrieben und zog zum 01. August 2015 in die Wohnung ein.

Mit Änderungsbescheid vom 09. September 2015 hob die Antragsgegnerin die vorherige Bewilligung gemäß § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch teilweise auf und bewilligte dem Antragsteller für Juli bis Dezember 2015 Leistungen nach dem SGB II iHv. 591,00 €. Hierbei wurden neben der Regelleistung (399 €) nur noch KDU iHv. 192 € monatlich berücksichtigt. Bezüglich der Kaltmiete und der Heizkosten legte die Antragsgegnerin die Aufwendungen der alten Unterkunft zugrunde. Bei den Betriebskosten setzte sie den neuen geringeren Abschlag an. Zur Begründung führte sie aus, aufgrund des Umzugs ohne vorherige Zusicherung seien lediglich die Aufwendungen der alten Unterkunft zu berücksichtigen. Aufgrund einer Direktzahlung der gesamten Miete an den Vermieter und einer Verrechnung mit einer Ratenzahlungsvereinbarung und einer gewährten Mietkaution wurde dem Antragsteller für Oktober 2015 nur ein Betrag iHv.140,40 € ausgezahlt.

Hiergegen erhob der Antragsteller am 01. Oktober 2015 Widerspruch. Am gleichen Tag hat er durch seinen Prozessbevollmächtigten einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht Magdeburg gestellt. Er trägt vor, eine Deckelung der Unterkunftskosten auf die Aufwendungen der alten Unterkunft sei unzulässig. Der Umzug sei erforderlich gewesen. Die frühere Unterkunft sei aufgrund der Größe und Ausstattung nicht geeignet gewesen, dort dauerhaft zu wohnen, sondern habe nur eine vorübergehende Notlösung dargestellt. Insbesondere habe er in der alten Unterkunft aufgrund des Platzmangels und der mangelnden Dusch-/Waschgelegenheit in der Wohnung selbst das Umgangsrecht mit seinem Sohn nicht wahrnehmen können. Die neue Unterkunft sei angemessen, da auf die Werte der Wohngeldtabelle und den Heizkostenspiegel ...

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