Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. endgültige Entscheidung nach vorläufiger Leistungsbewilligung. Erstattungsforderung. Einkommensberechnung. Bildung eines Durchschnittseinkommens nur für das Einkommen aus selbständiger Arbeit. Minderung der Unterkunfts- und Heizkosten durch Heizkostenrückzahlung

 

Orientierungssatz

1. Mit der zwingenden Vorgabe der Bildung eines monatlichen Durchschnittseinkommens erfasst § 41a Abs 4 SGB 2 aF alle Arten von Einkommen im Bewilligungszeitraum, bezieht alle Monate des Bewilligungszeitraums in die Bildung des Durchschnittseinkommens ein und setzt nicht voraus, dass der (schwankende) Bezug von Einkommen Grund der Vorläufigkeit der Leistungsbewilligung war. Aus Entstehungsgeschichte, Sinn und Zweck sowie aus systematischen Gründen ergeben sich keine genügenden Anhaltspunkte dafür, von dieser am Wortlaut orientierten Auslegung des § 41a Abs 4 SGB 2 aF abzusehen (vgl BSG vom 11.7.2019 - B 14 AS 44/18 R = SozR 4-4200 § 41a Nr 2).

2. Das Gericht schließt sich der Rechtsprechung des BSG an (Anschluss an BSG vom 11.7.2019 - B 14 AS 44/18 R = SozR 4-4200 § 41a Nr 2) und sieht daher eine fehlerhafte Berechnung des bei der endgültigen Entscheidung nach § 41a SGB 2 aF monatlich zu berücksichtigenden Einkommens, wenn nicht das Einkommen aus abhängiger Beschäftigung, sondern nur das aus selbständiger Arbeit als Durchschnittseinkommen auf die Monate des streitbefangenen Bewilligungszeitraums verteilt und ein Guthaben aus einer Heizkostenrückzahlung nicht in die Durchschnittsberechnung einbezogen wird. Für den Fall einer endgültigen Entscheidung ist § 41a Abs 4 SGB 2 aF die speziellere Regelung zu § 22 Abs 3 SGB 2 (lex specialis derogat lege generali).

 

Tenor

1. Der Beklagte wird verurteilt, in Abänderung des endgültigen Bewilligungsbescheides vom 20. Oktober 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. März 2018, im Rahmen der endgültigen Leistungsfestsetzung für den Zeitraum vom 1. Dezember 2016 bis 31. Mai 2017 ein monatliches Durchschnittseinkommen, welches sich aus der Summe aller im genannten Zeitraum den Klägern zugeflossenen Einnahmen, geteilt durch die Anzahl der Monate des genannten Zeitraums, abzüglich der gesetzlichen Freibeträge, ergibt, zu berücksichtigen und für den genannten Zeitraum neu festzusetzen, wobei in keinem Monat des Bewilligungsabschnitts ein höheres Einkommen angerechnet werden darf, als mit den angefochtenen Bescheiden verfügt worden ist.

2. Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Kläger.

3. Die Berufung wird zugelassen.

 

Tatbestand

Im Streit steht die endgültige Festsetzung von Leistungen.

Mit Schreiben vom 15. August 2016 stellten die Stadtwerke XX für die Unterkunft der Kläger für das Jahr 2015 eine Heizkostengutschrift i.H.v. 2.315,73 Euro fest. Das Guthaben werde in ca. 14 Tagen per Verrechnungsscheck ausgezahlt. Die Kosten der Unterkunft der Kläger betrugen monatlich 755,56 Euro.

Auf ihren Antrag vom 8. November 2016 erhielten die Kläger mit Bescheid vom 14. November 2016 vorläufig Leistungen für den Zeitraum vom 1. Dezember 2016 bis zum 31. Mai 2017. Die Vorläufigkeit wurde mit einer Selbständigkeit des Klägers zu 3) begründet. Die Leistungsbewilligung wurde mit Bescheiden vom 12. April 2017 sowie 9. Mai 2017 korrigiert. Auf die dortigen Bescheide wird verwiesen.

Zum 1. April 2017 fand der Kläger zu 3) einen Anstellungsvertrag mit einem Bruttolohn von 580,00 Euro brutto. Dabei wurde eine voraussichtliche Dienstzeit von sieben Stunden pro Woche vereinbart, die je nach Bedarf verteilt wurde. Das Gehalt für den Monat April 2017 wurde im Mai 2017 ausgezahlt.

Der Kläger zu 3) reichte am 9. Februar 2017 eine abschließende Erklärung zum Einkommen aus seiner früheren selbständigen Tätigkeit ein.

Am 15. März 2017 ging beim Beklagten die Heizkostenabrechnung der Klägerin zu 1) hinsichtlich des Jahres 2015 ein.

Mit Bescheid vom 20. Oktober 2017 setzte der Beklagte die Leistungen für den Zeitraum vom 1. Dezember 2016 bis zum 31. Mai 2017 endgültig in geringerer Höhe als bislang bewilligt fest. Aufgrund der abschließenden Erklärung des Klägers zu 3) erfolge nunmehr eine endgültige Entscheidung. Berücksichtigt worden seien zudem das restliche Guthaben aus der Heizkostenabrechnung für das Jahr 2015 i.H.v. 634,52 Euro im Dezember 2016, welches den Bedarf für Unterkunft und Heizung entsprechend reduziert habe, und das tatsächliche Gehalt für den Monat April 2017, dem Kläger zu 3) zugeflossen im Mai 2017.

Mit Bescheiden vom gleichen Tag forderte er von der Klägerin zu 1) für den Monat Dezember 2016 212,92 Euro bzw. für Mai 2017 11,05 Euro, von der Klägerin zu 2 für Dezember 2016 207,83 Euro bzw. für Mai 2017 7,43 Euro und vom Kläger zu 3) für Dezember 2016 212,92 Euro bzw. für Mai 2017 11,05 Euro, insgesamt 663,20 Euro, zurück.

Gegen die endgültige Festsetzungs- und Erstattungsentscheidungen erhoben die Kläger Widerspruch. Es sei davon auszugehen, dass das Betriebskostenguthaben bereits im Rahmen der vorläufigen Entscheidung für de...

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