Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. Pflegegeld für Pflegekind. zweckbestimmte Leistung. erwerbstätigkeitsähnliche Pflegetätigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Auch die für ein erstes Pflegekind bezogenen Leistungen für Pflege und Erziehung können als bedarfsminderndes Einkommen nach dem SGB 2 berücksichtigt werden, soweit die Betreuung des Pflegekindes erwerbstätigkeitsähnlichen Charakter hat.

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt vom Beklagten die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II).

Die am … geborene Klägerin ist seit Januar 2013 als Bereitschaftspflegerin tätig und betreut Kinder in Vollzeitpflege. Die hierzu von ihr mit dem D. W ... e.V. geschlossene Vereinbarung sieht neben einer Vergütung für die Rufbereitschaft bei Nichtbelegung für den Fall der Aufnahme eines Kindes in die Bereitschaftspflege eine Vergütung mit folgenden Bestandteilen vor: "1. altersabhängige materielle Aufwendungen für das Kind 2. vierfacher Betrag der Kosten der Erziehung 3. monatlicher Betrag zur Altersvorsorge bei Nachweis eines entsprechenden Abschlusses"

Hinsichtlich der Kosten der Erziehung und der altersabhängigen materiellen Aufwendungen für das Kind wird in der Vereinbarung auf die jeweils gültigen Festlegung des Sächsischen Landesamtes für Familie und Soziales - Abteilung Landesjugendamt - über die Festsetzung der Höhe der Pauschalbeträge für laufende Leistungen zum Unterhalt bei Vollzeitpflege Bezug genommen. Darüber hinaus ist zwischen der Klägerin und dem Träger für Tage mit Belegung oder Rufbereitschaft pro Kalendermonat eine Urlaubsabgeltung von maximal 2 Tagen in Höhe des dreifachen Betrages der Kosten der Erziehung vereinbart.

Die in Bezug genommenen Regelungen des Sächsischen Landesamtes für Familie und Soziales sahen für das Jahr 2013 für ein Pflegekind im Alter von 0 bis unter 6 Jahren einen monatlichen Satz für den Sachaufwand von 496,00 EUR und für Pflege und Erziehung einen solchen von 231,00 EUR vor, der sich für das Jahr 2014 auf 504,00 EUR (Sachaufwand) bzw. 235,00 EUR (Pflege und Erziehung) erhöhte.

Die ansonsten allein lebende Klägerin hatte im streitigen Zeitraum monatliche Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 156,08 EUR (Betriebskosten 84,08 EUR, Heizkosten 72,00 EUR). Ferner hat sie monatliche Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung in Höhe von 133,85 EUR und zur freiwilligen Pflegeversicherung in Höhe von 18,42 EUR zu zahlen.

Am 20. September 2013 stellte sie beim Beklagten einen Antrag auf Gewährung von Leistungen. In der Zeit ab September 2013 hatte sie ein Kind unter 6 Jahren im Rahmen der Vollzeitpflege bei sich aufgenommen. Aus ihrer Tätigkeit floss ihr im September 2013 eine Vergütung von 1.529,75 EUR, im Oktober 2013 von 1.501,25 EUR, im November 2013 von 1.499,75 EUR, im Dezember 2013 von 1.531,25 EUR sowie im Januar und Februar 2014 von jeweils 1.499,75 EUR zu.

Der Beklagte lehnte mit Bescheid vom 12. November 2013 unter Hinweis auf das bedarfsdeckende Einkommen die Gewährung von Leistungen ab. Mit einem weiteren Bescheid vom 12. November 2013 wurde gesondert auch die Gewährung eines Zuschusses zu den Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung abgelehnt. Die hiergegen eingelegten Widersprüche wurden miteinander verbunden und durch Widerspruchsbescheid vom 1. April 2014 zurückgewiesen. Zur Begründung führte der Beklagte aus, nach § 11a Absatz 3 SGB II seien sowohl die Entschädigung für den Sachaufwand des Kindes, als auch beim ersten und zweiten Pflegekind der Betrag für Kosten der Erziehung nicht als Einkommen der pflegenden Person anzurechnen. Unter Berücksichtigung der durch das Sächsische Landesamt für Familie und Soziales festgelegten Beträge hätten mithin im Jahr 2013 für die Betreuung eines Kindes bis unter 6 Jahren ein Sachaufwand von 496,00 EUR und ein Betrag für Pflege und Erziehung in Höhe von 231,00 EUR (zusammen 727,00 EUR) sowie ab Januar 2014 Beträge von 504,00 EUR für den Sachaufwand und 235,00 EUR für Pflege und Erziehung (zusammen 739,00 EUR) anrechnungsfrei bleiben müssen. Da die Klägerin lediglich ein Kind betreut habe, könnten die Beträge für Sachaufwand und Erziehung auch nur einmal als privilegiertes Einkommen berücksichtigt werden. Von dem Differenzbetrag zwischen den tatsächlich ausgezahlten Geldbeträgen und dem nicht zu berücksichtigenden Einkommen sei monatlich die Pauschale für angemessene private Versicherungen in Höhe von 30,00 EUR in Abzug zu bringen, so dass sich im Monat September 2013 ein anzurechnendes Einkommen von 772,75 EUR, im Oktober 2013 von 744,25 EUR, im November 2013 von 742,75 EUR, im Dezember 2013 von 774,25 EUR sowie im Januar und Februar 2014 von jeweils 730,75 EUR ergebe. Dem stehe für 2013 ein Regelbedarf von 382,00 EUR und für 2014 ein solcher von 391,00 EUR zuzüglich der Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 156,08 EUR ge...

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