Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Krankenversicherung: Übernahme von Behandlungskosten. Kostenübernahme für Blutwäschebehandlung bei fehlendem Nachweis des Fortschreitens einer koronaren Herzerkrankung

 

Orientierungssatz

Jedenfalls dann, wenn sich bei einem Patienten das Fortschreiten einer kardiovaskulären Erkrankung (hier: koronare Herzkrankheit mit Nephritis bei bestehender Stoffwechselstörung) allein deshalb nicht nachweisen lässt, da die dazu erforderlichen medizinischen Untersuchungen mit einem für die Gesundheit des Betroffenen zu hohem Risiko verbunden sind, ist die gesetzliche Krankenkasse auch ohne konkreten Nachweis einer Progredienz zur Übernahme der Kosten einer ambulante Blutwäschebehandlung (sog. LDL-Apherese) zur Absenkung des Lipoprotein (a)-Wertes verpflichtet.

 

Tenor

Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig für ein Jahr LDL-Apherese-Behandlungen nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen als Sachleistung zu gewähren.

Die Antragsgegnerin trägt die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers.

 

Gründe

Der Antragsteller (AS) begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Kostenübernahme für eine ambulante Blutwäschebehandlung (LDL-Apherese) zur Absenkung des Lipoprotein (a)-Wertes durch die Antragsgegnerin (AG) , seine gesetzliche Krankenkasse. Der im Oktober 1977 geborene AS leidet an einer kombinierten schweren Fettstoffwechselstörung mit deutlicher Hypercholesterinämie und Hypolipoproteinämie (a). Bei ihm liegt ferner eine schwere koronare Dreigefäßerkrankung vor, welche im September 2008 in einen Herzinfarkt mündete. Er leidet zusätzlich an einer chronischen Niereninsuffizienz bei histologisch gesicherter IgA-Nephritis, einer arteriellen Hypertonie, einer Adipositas und einem sekundären Hyperparathyreoidismus. Die infolge des Herzinfarktes im September 2008 durchgeführte Koronarangiographie zeigte eine koronare Dreigefäßerkrankung mit Wandunregelmäßigkeiten in allen Gefäßabschnitten. Beim AS wurde eine RPLS - PTCA und Stentimplantation notwendig. Die zwischenzeitlich erfolgte medikamentöse Behandlung des AS führte zwar zu einer Senkung des Gesamtcholesterins und des LDL-Cholesterins in den Zielbereich der Patienten mit manifester koronarer Herzerkrankung; das krankhaft erhöhte Lipoprotein (a) konnte jedoch durch die konservative medikamentöse Therapie nicht auf das anzustrebende Maß von 30 mg/dl gesenkt werden, sondern war zeitweise um mehr als das 4-fache des bei seinem Risikoprofil anzustrebenden Referenzwertes erhöht. Im August 2009 beantragte der behandelnde Arzt des AS, der Internist/Nephrologe PD Dr. ... bei der Beratungskommission der beigeladenen KV Nordrhein die Durchführung einer LDL-Apherese-Therapie für den AS. Diese teilte Ende September 2009 mit, dass sie dieser Behandlung des AS nicht zustimmen könne. Die LDL-Zielwerte seien durch die konservative Behandlung erreicht; eine Progression der Gefäßerkrankung sei nach Aktenlage nicht dokumentiert. Daraufhin lehnte die Antragsgegnerin (AG), bei welcher der AS krankenversichert ist, die Kostenübernahme der streitgegenständlichen Therapie mit Bescheid vom 13.10.2009 ab. Der AS erhob hiergegen Widerspruch und wies darauf hin, dass aufgrund der massiven Hypolipoproteinämie (a) und der daraus bereits entstandenen Dreigefäßerkrankung mit- samt schon erlittenem Herzinfarkt und des vollständigen Fehlens wirksamer Behandlungsmethoden ein Anspruch auf die LDL-Apherese-Therapie bestehen müsse. Die AG legte daraufhin die Unterlagen erneut der Beratungskommission der Beigeladenen vor, welche in ihrer Sitzung am 14.12.2009 die streitgegenständliche Therapie beim AS wiederum für nicht erforderlich hielt; eine konservative Behandlung reiche aus. Daraufhin hat der AS am 17.12.2009 einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beim Sozialgericht Köln gestellt. Zur Begründung trägt der AS im wesentlichen vor, die erhöhte Lp(a)-Konzentration könne einen Verschluss der arteriosklerotisch veränderten Arterien bewirken und sei medikamentös nicht ausreichend absenkbar. Ohne Durchführung der Therapie bestehe die akute Gefahr eines weiteren Infarktes und/oder Schlaganfalls. Er erfülle alle Voraussetzungen für die Durchführung einer LDL-Apherese nach § 3 Nr. 3.1 der Anlage I der Richtlinien Methoden vertragsärztliche Versorgung des Gemeinsamen Bundesausschusses in der derzeit gültigen Fassung (im folgenden: RL). Er habe ein LDL im Normbereich für Patienten mit seinem Risikoprofil, sein Lp(a) liege weit über 60 mg/dl und er weise eine progrediente kardiovaskuläre Erkrankung auf. Durch eine Farbdoppler-Echokardiographie vom 16.02.2010 sei die progrediente koronare Dreigefäßerkrankung bestätigt. Anfang Juni 2010 habe der AS bei einer ambulanten Behandlung in der Uniklinik Köln immer noch Lp(a)-Werte von 118 mg/dl aufgewiesen. Dies sei fast das Doppelte des Grenzwertes, welcher in den RL als Marke für die Erbringbarkeit der LDL-Apherese zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung...

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