Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen einer Rente wegen (teilweiser) Erwerbsminderung. Würdigung der Ausführungen von gerichtlichen Sachverständigen zum Gesundheitszustand des Versicherten durch das Gericht

 

Orientierungssatz

1. Teilweise erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Absatz 3 SGB 6 Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist nach § 43 Absatz 3 SGB 6 ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

2. Versicherte, die vor dem 02.01.1961 geboren sind, haben nach § 241 Absatz 1 SGB 6 bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung wegen Berufsunfähigkeit, wenn sie nicht mehr in der Lage sind, eine ihnen zumutbare Tätigkeit mindestens 6 Stunden täglich auszuüben.

3. Die Beurteilung des Leistungsvermögens des Versicherten ergibt sich unter Berücksichtigung aller Umstände des vorliegenden Einzelfalls aus einer Gesamtschau der zum Gesundheitszustand des Versicherten eingeholten Befundberichte und der medizinischen Sachverständigengutachten.

4. Zur Würdigung von Gerichtsgutachten durch das Gericht: Prüfung der Ausführungen des Sachverständigen auf Schlüssigkeit, Widersprüche und Überzeugungskraft - gemessen daran, inwieweit die medizinischen Beurteilungen in dem vorgelegten Gutachten nach eingehender Befunderhebung mit nachvollziehbarer und für das Gericht einleuchtender Begründung aus den gestellten Diagnosen abgeleitet werden und im Einklang mit den übrigen Befundunterlagen stehen.

5. Zur Befristung der Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 14.03.2013; Aktenzeichen B 13 R 19/12 R)

 

Tenor

Der Bescheid der Beklagten vom 30.01.2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 31.08.2007 wird aufgehoben und die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger ab dem 01.06.2009 befristet bis zum 31.05.2012 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger 1/16 seiner notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Der 1966 geborene Kläger stellte am 14.11.2006 bei der Beklagten einen Antrag auf Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Die Beklagte zog zur Aufklärung des Sachverhaltes einen Befundbericht zum Rentenantrag des HNO-Arztes Dr. T. vom 14.09.2006 bei. Dr. T. gab an, dass der Kläger unter einer chronischen Rhino-Sinusitis, einer vasomotorischen Rhinopathie und einer Störung des Schlafrhythmus mit Unkonzentriertheit und Tagesmüdigkeit leide. In dem ärztlichen Befundbericht zum Rentenantrag der Fachärztin für psychotherapeutische Medizin, Dr. D.-P. vom 6.10.2006 wurde von rezidivierenden depressiven Episoden bei chronischer Schweresymptomatik, einer kongenitalen Hüftdysplasie und einem Zustand nach TEP der linken Hüfte berichtet. Ferner lag der Beklagten der Reha-Entlassungsbericht vom 03.09.2003 vor, wo von einer muskulären Dysbalance nach Hüft-TEP-Implantation links vom 11.07.2003, einem Cervicobrachialsyndrom links, Dysplasiecoxarthrose rechts und einer chronischen Instabilität des linken OSG berichtet wurde. Der Kläger sei vollschichtig sowohl für den zuletzt ausgeübten Beruf des Datenverarbeitungsfachmannes als auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bei Beachtung bestimmter qualitativer Leistungseinschränkungen den Bewegungs- und Haltungsapparat betreffend leistungsfähig. In zwei sozialmedizinischen Gutachten des MDK Hessen vom 16.12.2003 und 20.04.2004 vertrat man die Auffassung, dass eine Minderung/Gefährdung der Erwerbsfähigkeit des Klägers aufgrund der bei ihm bestehenden gesundheitlichen Einschränkungen nicht vorliege. Die Beklagte veranlasste sodann eine Begutachtung des Klägers auf fachorthopädischem Gebiet bei dem Facharzt für Orthopädie, Chirotherapie, Sozialmedizin und Osteologie, Dr. P. LG. vom 11.01.2007. Der Sachverständige teilte folgende Diagnosen mit: Perthes-Erkrankung beider Hüften mit TEP links und Minderbeweglichkeit der linken Hüfte sowie Beinverkürzung und Muskelverschmächtigung, Kniebeschwerden rechts ohne funktionelle Defizite, Genickbeschwerden bei beginnenden degenerativen Veränderungen ohne radikuläre Hinweise und depressive Episoden. Der Kläger sei vollschichtig erwerbsfähig für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten, vorzugsweise im Sitzen.

Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 30.01.2007 den Antrag des Klägers auf Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ab. Hiergegen legte der Kläger am 16.02.2006 Widerspruch ein, welchen er mit Schreiben vom 27.02.2007 ausführlich begründete. Im Widerspruchsverfahren wurden dann keine weiteren ...

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