Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Unzulässigkeit der Klage. Vertretung des nicht prozessfähigen minderjährigen Kindes. Sozialgeldanspruch für Aufenthaltstage beim getrennt lebenden umgangsberechtigten Elternteil

 

Leitsatz (amtlich)

Die Klage eines minderjährigen Kindes auf Leistungen für das Umgangsrecht mit dem Vater bei getrenntlebenden Ex-Eheleuten muss von dem Kind, gesetzlich vertreten durch dessen Eltern erhoben werden. Anderenfalls ist sie unzulässig. Die gesetzliche Vertretung des Kindes richtet sich nach § 1629 BGB.

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

3. Die Berufung wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II für die Tochter des Klägers während der Umgangszeit streitig.

Mit Schreiben vom 01.10.2011 beantragte der Kläger die Bewilligung der Bedarfskosten für seine am 10.04.2001 geborene Tochter A während der Umgangszeit. Als umgangsberechtigte Person habe er im Rahmen der Ausübung des Umgangsrechts nach § 38 Abs. 2 SGB II die Befugnis, Leistungen nach dem SGB II zu beantragen und entgegenzunehmen, soweit das Kind dem Haushalt angehöre (temporäre Bedarfsgemeinschaft). A habe sich zu folgenden Zeiten bei ihm aufgehalten: 21.12.2010 bis 08.01.2011, 20.04.2011 bis 01.05.2011 und 30.08.2011 bis 10.09.2011. Mit weiterem Antrag vom 09.01.2012 beantragte der Kläger die Bewilligung (weiterer) Bedarfskosten für seine Tochter A während der Umgangszeit vom 22.12.2011 bis 08.01.2012.

Mit Bescheid vom 03.09.2012 bewilligte die Beklagte laufende Leistungen nach den Bestimmungen des Sozialgesetzbuches II. In dem Bescheid lehnte die Beklagte zudem den Antrag auf Bedarfskosten für die Tochter A ab. Da in den Zeiträumen vom 30.08.2011 bis 10.09.2011 und vom 22.12.2011 bis 08.01.20112 bereits vom zuständigen Jobcenter in Tauberbischofsheim Leistungen für A gewährt worden seien, würden von der Beklagten kein Sozialgeld und keine Kosten der Unterkunft mehr gezahlt werden.

Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 13.09.2012 Widerspruch ein. Ein Anspruch bestünde, die Beklagte sei örtlich zuständig.

Mit Änderungsbescheid vom 27.11.2012 regelte die Beklagte die laufenden Leistungen nach den Bestimmungen des SGB II neu. Eine (weitere) Entscheidung hinsichtlich der beantragten Bedarfskosten für die Tochter erfolgte in dem Bescheid jedoch nicht.

Mit Widerspruchsbescheid vom 28.11.2012 wies die Beklagte den Widerspruch hinsichtlich der Bedarfskosten für die Tochter A. zurück. Eine zeitweise Bedarfsgemeinschaft während der besuchsweisen Aufenthalte liege zwar vor. Die Tochter A erhalte jedoch über die Bedarfsgemeinschaft der Mutter laufend SGB II-Leistungen. Anspruchsberechtigt sei nicht der Kläger, sondern die Tochter. Der Kläger sei nur zur Entgegennahme der Leistungen berechtigt. Der Bedarf der Tochter sei bereits gedeckt, da sie über laufende Leistungen i.S. des SGB II verfüge.

Mit der am 03.12.2013 erhobenen Klage beim Sozialgericht Karlsruhe verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Seine Tochter A wohne bei seiner Ex-Ehefrau S in T. Er habe wie auch die Ex-Frau das Umgangsrecht nach § 1684 Abs. 1 BGB. Für die beantragten Umgangszeiten liege eine temporäre Bedarfsgemeinschaft vor, in der A dem Haushalt angehöre. Das Sorgerecht über A habe seine Ex-Ehefrau. Die Beklagte könne das Vorlegen einer Bevollmächtigung der Ex-Ehefrau nicht verlangen. Dies sei nicht nötig und überdies nicht möglich, da die Ex-Frau eine solche Bevollmächtigung nicht ausstelle.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 03.09.2012 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 27.11.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.11.2012 zu verpflichten, ihm Bedarfskosten nach § 38 Abs. 2 SGB II in gesetzlicher Höhe für die Zeiten vom 20.04.2011 bis 01.05.2011, 30.08.2011 bis 10.09.2011 und 22.12.2011 bis 08.01.2012 zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung des Abweisungsantrags trägt sie vor, durch § 38 SGB II werde der Kläger lediglich dazu ermächtigt, Leistungen für die Tochter zu beantragen und entgegenzunehmen. Hieraus könne jedoch kein Leistungsanspruch abgeleitet werden. Es müssten zusätzlich die Tatbestandsvoraussetzungen der §§ 7 ff. SGB II erfüllt sein. Die Tochter A stehe im laufenden Leistungsbezug über die Bedarfsgemeinschaft der Mutter beim Jobcenter M und der Bedarf sei somit vollständig gedeckt. Wenn die Tochter sich beim Kläger besuchsweise aufhalte, müsse die Mutter die Tochter mit ausreichenden finanziellen Mitteln ausstatten.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakten der Beklagten sowie die der Prozessakte Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist bereits unzulässig. Der Kläger hat keinen eigenen Anspruch auf SGB II-Leistungen für den Umgangs mit seiner Tochter A (dazu 1.). Zudem ist der Kläger nicht befugt, mögliche Ansprüche seiner Tochter im ge...

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