Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialhilfe. Eingliederungshilfe. stationäre Unterbringung. Heranziehung zu einem Kostenbeitrag. Einkommenseinsatz. Unzumutbarkeit nach § 92 Abs 2 S 1 Nr 2 SGB 12. Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung. Erforderlichkeit der stationären Unterbringung unabhängig vom Schulbesuch

 

Leitsatz (amtlich)

Für die stationäre Betreuung eines behinderten Kindes im Rahmen der Eingliederungshilfe kann von einem Elternteil ein Kostenbeitrag gefordert werden. Eine Kostenprivilegierung nach § 92a Abs 4 iVm § 92 Abs 2 S 1 Nr 2 (Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung) greift nicht ein, wenn die stationäre Unterbringung unabhängig vom Schulbesuch erforderlich geworden ist und die Schule grundsätzlich auch ohne internatsmäßige Unterbringung von zu Hause aus besucht werden könnte. Allein der Bezug einer Katalogleistung führt nicht dazu, dass sämtliche daneben bezogenen Leistungen auch kostenprivilegiert sind.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Im Streit ist ein Kostenbeitrag der Klägerin für die ihrem Sohn ... erbrachten Leistungen in der Einrichtung ... im Zeitraum 23.06.2017 bis 30.09.2019 in Höhe von 336,92 € monatlich.

Die Klägerin ist verwitwet und hat drei Kinder. Bei ihrem am ... 2001 geborenen Sohn ... besteht eine schwere geistige und körperliche Behinderung ua mit psychomotorischer Entwicklungsstörung, Epilepsie, Skoliose, Knick-Senkfuß und Trichterbrust. Ein Grad der Behinderung von 100 vH mit den Merkzeichen G, H und B ist anerkannt. Nachdem … zunächst seit September 2008 vom Wohnort der Familie aus die ... in ... besuchte, wurde er am 23.06.2017 vollstationär im ... aufgenommen. ... erhält vom Beklagten Leistungen der Eingliederungshilfe für die stationäre Unterbringung in der Einrichtung ..., wobei nach Überprüfung durch den medizinisch-pädagogischen Dienst ab 23.06.2017 Hilfebedarfsgruppe 4 zugrunde gelegt wurde (Bescheid vom 29.06.2017, abgeändert durch Bescheid vom 24.08.2017: Leistungen für 23.06.2017 bis 31.07.2018; Bescheid vom 07.08.2019: Leistungen für 01.08.2018 bis 31.07.2020).

Mit Bescheid vom 29.06.2017 forderte der Beklagte von der Klägerin ab 23.06.2017 einen Kostenbeitrag in Höhe der häuslichen Ersparnis iHv 336,92 € pro Monat. Dabei berücksichtigte er Einkünfte der Klägerin iHv 4.807 € monatlich nach dem zu versteuernden Einkommen iHv 57.684 € gemäß dem Steuerbescheid für 2014 zuzüglich Kindergeld iHv jeweils 192 € für ... und die Tochter ... . Abzüglich des Bedarfs zum Lebensunterhalt verbleibe ein Betrag iHv 4.741,41 €. Angesichts der Überschreitung über dem dreifachen Eckregelsatz sei die häusliche Ersparnis nach 150% des Regelsatzes zu bemessen (466,50 €). Bei 260 Heimtagen ergebe dies eine häusliche Ersparnis von 4.043 € jährlich, monatlich somit 336,92 €.

Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin geltend, die Berechnung des Kostenbeitrags sei unrichtig und entspreche nicht der Regelung des § 92 Abs 2 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII). Die Höhe des Kostenbeitrags ergebe sich vielmehr aus den Regelungen der §§ 87, 88 SGB XII.

Mit Widerspruchsbescheid vom 04.06.2018 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. … beziehe neben Leistungen zur Eingliederungshilfe als Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung auch Leistungen der Eingliederungshilfe in einer stationären Einrichtung, nachdem der Schulbesuch von der mütterlichen Wohnung aus wegen nicht schulbedingter Gründe nicht mehr möglich gewesen sei. Nach § 92 Abs 1 SGB XII seien die in § 19 Abs 3 SGB XII genannten Personen an den Kosten zu beteiligen. Das Kostenprivileg greife nicht, da es sich bei den Teilleistungen im Behindertenheim nicht um Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung handele. Nach den Vorschriften über die Einkommensgrenze nach § 85 Abs 2 SGB XII habe die Klägerin auch unter Berücksichtigung der Steuervorauszahlungen von 1.664,74 € ein die Einkommensgrenze aus doppeltem Regelbedarf (832 €) und Unterkunftskosten (805,77 €) übersteigendes Einkommen von 1.892,49 € zur Verfügung. Die im Haushalt lebenden weiteren Kinder könnten sich mit dem eigenen Einkommen (aus Rente) überwiegend selbst unterhalten und seien daher nicht zu berücksichtigen. Unter Berücksichtigung von Art des Bedarfs, Art und Schwere der Behinderung sowie Dauer und Höhe der Aufwendungen sei das übersteigende Einkommen nochmals um 30% zu schützen, woraus sich zumutbar einzusetzendes Einkommen iHv 1.513,99 € ergebe. Da ein deutlich geringerer Kostenbeitrag festgesetzt worden sei, werde die Klägerin durch die unrichtige Berechnung im Ausgangsbescheid nur begünstigt.

Hiergegen richtet sich die am 04.07.2018 zum Sozialgericht Heilbronn (SG) erhobene Klage. Die vorgenommene Kostenbeitragsrechnung sei vollständig unrichtig. Neben der häuslichen Ersparnis seien die Vorschriften der §§ 87, 88 SGB XII maßgeblich. Auch die Bedarfsberechnung und die Unterkunftsaufwendungen seien unrichtig, es fehlten zB Heizkosten. Selbstverständlich seien auch die Kinder ...und ... entsprechend zu berücksich...

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