Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. angemessene Heizkosten. Überschreiten der Grenzwerte aus dem bundesweiten Heizspiegel. unterdurchschnittlicher Verbrauch. starker Preisanstieg

 

Orientierungssatz

1. Das Überschreiten des Grenzwertes aus dem bundesweiten Heizspiegel kann lediglich als Indiz für die fehlende Angemessenheit der Heizkosten angesehen werden.

2. Kann der Leistungsberechtigte überzeugend darlegen und nachweisen, dass seine höheren Aufwendungen für Heizöl nicht auf unwirtschaftlichem und unangemessenem Heizverhalten beruhen, sondern auf den zwischenzeitlich außergewöhnlich stark gestiegenen Heizölpreisen, sind sie als Bedarf anzuerkennen.

 

Tenor

1. Der Beklagte wird unter Abänderung seines Bescheides vom 07. März 2022 und des Widerspruchsbescheides vom 11. Juli 2022 verpflichtet, dem Kläger für die Heizperiode Oktober 2021 bis April 2022 eine weitere Brennstoffbeihilfe in Höhe von 373,25 Euro zu gewähren.

2. Der Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt im Rahmen Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch, Zweites Buch (SGB II), die Gewährung weiterer Heizkosten in Höhe von 373,25 Euro.

Der 1965 geborene Kläger stand im streitgegenständlichen Zeitraum im Leistungsbezug bei dem Beklagten. Er bewohnt alleinstehend ein ca. 120 qm großes, mit einer Ölheizung ausgestattetes Eigenheim in G. Im streitgegenständlichen Zeitraum betrugen seine Aufwendungen für die Unterkunft monatlich 46,39 Euro (Abfallgebühren, Grundsteuer, Gebäudehaftpflichtversicherung, Wasser- und Abwassergebühren), die der Beklagte der Bedarfsberechnung auch in tatsächlicher Höhe zugrunde legte.

Im Oktober 2021 kaufte der Kläger 500 Liter Heizöl zu einem Gesamtpreis von 523,30 Euro (Literpreis: 0,8695 Euro). Mit Bescheid vom 29. September 2021 gewährte der Beklagte 485 Euro für die Heizperiode Oktober 2021 bis April 2022 als Brennstoffbeihilfe.

Im Februar 2022 kaufte der Kläger weitere 200 Liter Heizöl zu einem Gesamtpreis von 422,45 Euro (Literpreis: 1,75 Euro). Ebenfalls im Februar 2022 beantragte der Kläger eine weitere Beihilfe für Heizkosten bei dem Beklagten. Sein Heizölvorrat habe bis zum Ende der Heizperiode absehbar nicht ausgereicht. Mit Bescheid vom 7. März 2022 gewährte der Beklagte weitere 87,50 Euro als Brennstoffbeihilfe. Der Jahreshöchstbetrag für Brennstoffbeihilfe betrage für den Kläger 572,50 Euro. Der Kläger habe bereits 485 Euro für Heizkosten erhalten, so dass innerhalb der laufenden Heizperiode nur der Differenzbetrag geltend gemacht werden könne.

Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein und machte geltend, der Beklagte gewähre weniger Heizkosten als in den vergangenen Jahren, obwohl die Kosten für Heizöl gestiegen seien. Er habe für die streitige Heizperiode lediglich 700 Liter Heizöl gekauft, was deutlich unter der Angemessenheitsgrenze auch für kleinere Wohnungen liege. Mit Widerspruchsbescheid vom 11. Juli 2022 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Laut Rundschreiben des Landkreises Hameln-Pyrmont betrage die Brennstoffbeihilfe für die Heizperiode 2021/2022 ohne Warmwasser auf Grundlage des bundesweiten Heizspiegels für 2021 für einen Ein-Personenhaushalt maximal 572,50 Euro. Dies sei als jährlicher Höchstbetrag zu verstehen. Eine Aufstockung komme daher nicht in Betracht.

Der Kläger hat am 12. August 2022 Klage erhoben. Er wiederholt sein Widerspruchsvorbringen und trägt ergänzend vor, die Heizölpreise seien zwischenzeitlich deutlich gestiegen, so dass das Rundschrieben des Landkreises aus der Zeit vor der Preissteigerung keine Grundlage bilden könne. Es sei auch fraglich, ob dieses Rundschreiben überhaupt Rechtsgrundlage für den angefochtenen Bescheid sein könne. Im Übrigen seien Heizkosten in angemessener Höhe zu übernehmen. Dies sei bei ihm der Fall, denn die verbrauchte Menge Heizöl liege mit 700 Litern deutlich unter dem Bedarf eines Ein-Personenhaushalts.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten unter Abänderung seines Bescheides vom 7. März 2022 und des Widerspruchsbescheides vom 11. Juli 2022 zu verpflichten, ihm für die Heizperiode Oktober 2021 bis April 2022 eine weitere Brennstoffbeihilfe in Höhe von 373,25 Euro zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er sieht sich an die auf Grundlage des bundesweiten Heizspiegels für 2021 ergangene Weisung des Landkreises Hameln-Pyrmont gebunden. Für einen Ein-Personenhaushalt könne die Brennstoffbeihilfe für die Heizperiode 2021/2022 danach nicht mehr als 572,50 Euro betragen. Dem Heizspiegel lägen grundsätzlich die Werte des Vorjahres zugrunde, während nach Rechtsprechung des Bundessozialgerichts den Werten des Heizspiegels aus späteren Jahren keine Bedeutung zukomme. Es könne auch nicht zulasten des Steuerzahlers gehen, dass der Kläger Heizkosten für eine 120 qm Wohnung erhalten solle, obwohl die abstrakt angemessene Wohnfläche für eine Person 50 qm betrage.

Außer der Gerichtsakte hat die den Kläger betreffende Verwalt...

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