Entscheidungsstichwort (Thema)

Leistungen zur medizinischen Rehabilitation aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Beurteilung der Erfolgsaussichten "ex ante". kein Ausschluss der Bewilligung einer Leistung zur medizinischen Rehabilitation bei befristeter Erwerbsminderungsrente. Erstattungsanspruch des nachrangig verpflichteten Leistungsträgers nach § 14 Abs 4 S 1 SGB 9

 

Leitsatz (amtlich)

1. Durch das Wort "voraussichtlich" in § 10 Abs 1 Nr 2 SGB VI wird zum Ausdruck gebracht, dass der Träger der Rentenversicherung bei seiner Entscheidung über die jeweilige Leistung entsprechend dem Kenntnisstand, den er zu diesem Zeitpunkt hat, vorausschauend prüfen muss, ob die Leistungen hinreichende Erfolgsaussicht haben. Die Beurteilung hat im Kostenerstattungsstreit nicht "ex post" zu erfolgen.

2. Die Gewährung einer befristeten Erwerbsminderungsrente schließt die Bewilligung einer Leistung zur medizinischen Rehabilitation nicht aus. Die Ausschlussgründe sind in § 12 SGB VI und § 13 Abs 2 SGB VI abschließend normiert und sind vorliegend nicht einschlägig.

 

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin die Kosten für die durchgeführte stationäre Rehabilitationsmaßnahme zu Gunsten der Versicherten F. (Zeitraum 02.09.2010 bis 06.10.2010) in Höhe von 3.490,84 Euro zu erstatten.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Der Streitwert wird auf 3.490,84 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Die klagende Krankenkasse begehrt von dem beklagten Rentenversicherungsträger die Kostenerstattung in Höhe von 3.490,84 Euro einer von ihr erbrachten Leistung zur medizinischen Rehabilitation für die Versicherte F. in der Zeit vom 02.09.2010 bis zum 06.10.2010.

Die am G. geborene Versicherte hat eine Ausbildung zur Verkäuferin abgeschlossen und war auch als solche tätig. Zuletzt verrichtete die Versicherte Maschinenarbeit. Seit Oktober 2005 ist die Versicherte arbeitsunfähig erkrankt.

2004 erlitt die Versicherte eine Fersenbeinfraktur, die in der darauffolgenden Zeit mehrfach operativ versorgt werden musste, dies insbesondere wegen einer bakteriellen Infektion. Am rechten Fuß zeigten sich offene nässende Stellen, die sich nicht schließen ließen. Die Versicherte litt zudem unter einem Diabetes mellitus und einer chronischen Polyarthritis.

Für die Versicherte war seit dem 17.07.2006 ein GdB von 90 und seit dem 13.08.2007 ein GdB von 100 anerkannt.

Im Rahmen eines Verfahrens zur Gewährung einer Erwerbsminderungsrente attestierte der Chirurg H. der Versicherten mit Gutachten vom 10.07.2007 ein Leistungsvermögen von sechs und mehr Stunden, der Internist I. bescheinigte der Versicherten am 22.05.2007 ein Leistungsvermögen von weniger als drei Stunden. Dem Reha-Entlassungsbericht einer stationären Reha-Maßnahme vom 01.06.2007 bis zum 05.07.2007 ist ein Leistungsvermögen von sechs und mehr Stunden zu entnehmen. Der Ärztliche Dienst der Beklagten erklärte am 09.01.2008, dass die Prognose für die Versicherte nicht günstig sei.

Unter Berücksichtigung eines Leistungsfalles vom 10.10.2007 bewilligte die Beklagte der Versicherten eine Erwerbsminderungsrente auf Zeit ab dem 01.05.2008 bis zum 31.01.2010. Mit Gutachten vom 16.12.2009 befürwortete der Rheumatologe J. die weitere Gewährung einer befristeten Erwerbsminderungsrente. Es bestehe eine Gehbeeinträchtigung, eine Beeinträchtigung der Schultergelenke und eine floride chronische Polyarthritis mit Bewegungsschmerzen des rechten Handgelenks, sowie Funktionseinschränkungen beim Faustschluss rechts. Nach dem Abklingen der floriden Gelenkentzündungen könne die Versicherte jedoch ein volles Leistungsvermögen erreichen. Die Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 07.01.2010 die Weitergewährung der Erwerbsminderungsrente um ein Jahr bis zum 31.01.2011.

Die Versicherte entschied sich für eine Unterschenkelamputation, nachdem sich die offenen Stellen trotz Therapien nicht schließen ließen. Am 04.08.2010 wurde sie in das Diakoniekrankenhaus K. aufgenommen. Am 05.08.2010 wurde dort die Unterschenkelamputation durchgeführt. Der stationäre Aufenthalt dauerte bis zum 19.08.2010. Zwischenzeitlich hatte die Versicherte am 10.08.2010 bei der Beklagten die Gewährung einer Anschlussheilbehandlung beantragt. Ziel der Rehabilitationsmaßnahme sei, die Mobilität der Versicherten zu steigern, ihr mehr Selbständigkeit zu verleihen, den Stumpf zu formen und letztlich die Prothese vorzubereiten. Die Beklagte leitete den Antrag an die Klägerin mit der Begründung weiter, dass die Klägerin im Bezug einer befristeten Erwerbsminderungsrente stehe und eine möglichst dauerhafte Wiedereingliederung in das Erwerbsleben deshalb nicht wahrscheinlich sei.

Die Klägerin bewilligte der Versicherten eine Anschlussheilbehandlung. Die L. stellte als Aufnahmediagnosen eine chronische Osteomyelitis mit Destruktion des Sprunggelenks und des Rückfußes rechts, einen Zustand nach Unterschenkelamputation, eine Wundheilungsstörung am Stumpf, einen insulinpflichtigen Diabetes mellitus, eine Polyneuropathie, einen diabetischen Fuß links und eine Polyarthritis f...

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