Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialhilfe. Kostenerstattungsanspruch gegen den Erben. Beschränkung auf den Nachlass

 

Orientierungssatz

1. Hat der Erblasser die Zahlung eines Kostenbeitrags für seine im Wohnheim vollstationär untergebrachte Ehefrau anerkannt, so ist der Sohn als Erbe nach § 1924 BGB grundsätzlich dessen Rechtsnachfolger für etwaige Verbindlichkeiten iS des § 1967 BGB und damit auch hinsichtlich des von diesem zu zahlenden Eigenanteils nach den Vorschriften des SGB 12.

2. Der Kostenersatzanspruch gem § 102 Abs 2 SGB 12 gegen den Erben ist auf den Wert des Nachlasses beschränkt. Diese Haftungsbeschränkung ist eine eigenständige und abschließende Regelung. Sie verbietet insoweit einen haftungserweiternden Rückgriff auf § 1978 Abs 1 S 1 BGB (vgl BVerwG vom 25.6.1992 - 5 C 67/88 = BVerwGE 90, 250 = FEVS 43, 321 zum inhaltsgleichen § 92c BSHG). Sinn dieser Regelung ist, dass der Erbe eines Sozialhilfeempfängers nur aus dem ererbten, nicht aus seinem eigenen Vermögen heraus leisten muss.

3. Der Ersatzanspruch nach § 102 SGB 12 richtet sich nicht gegen den Erblasser, sondern gegen den Erben und entsteht erst mit dem Erbfall.

4. Der Erbe haftet gem § 102 Abs 2 S 2 SGB 12 nur mit dem Wert des im Zeitpunkt des Erbfalls vorhandenen Nachlasses. Der in der Vorschrift verwandte Begriff "Wert des Nachlasses" ist der des § 2311 Abs 1 S 1 BGB (vgl BVerwG vom 23.9.1982 - 5 C 109/81 = BVerwGE 66, 161 = FEVS 32, 177).

 

Tenor

1. Der Bescheid des Beklagten vom 30.04.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.02.2009 wird aufgehoben.

2. Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu tragen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Aufhebung eines Rückforderungsbescheids.

Die Mutter des Klägers ist seit 1985 vollstationär in einem Wohnheim untergebracht. Der seitdem zu erbringende Kostenbeitrag wurde vom verstorbenen Vater des Klägers anerkannt.

Nach Inkrafttreten des SGB XII erließ der Beklagte unter dem 08.09.2008 den Bescheid, dass der Vater des Klägers für die Monate Januar bis März 2005 einen monatlichen Eigenanteil in Höhe von 1.140,67 € zu zahlen habe. Für den Monat April betrage der Eigenanteil 1.094,84 €, für den Zeitraum Mai bis Juni 2005 1.084,27 €, für Juli 2005 1.603,18 € und für August 2005 1.265,55 €. Dieser Festsetzung hat der Vater des Klägers widersprochen. Nach einer Erörterung zwischen dem Vater des Klägers und dem Beklagten 16.02.2006 wurde festgelegt, dass der Vater des Klägers nur bis Oktober 2005 zu einem Eigenanteil herangezogen würde, weil die Ehe im Oktober 2005 geschieden worden sei. Der Vater des Klägers nahm daraufhin den Widerspruch zurück. Der Beklagte hob unter dem 31.05.2006 den Bescheid vom 08.09.2005 mit Wirkung vom 01.10.2005 auf. Mit Schreiben vom 14.06.2006 bat der Vater des Klägers den zu zahlenden Betrag in Höhe von 5.454,84 € in Raten in Höhe von 100,- € monatlich abzahlen zu dürfen.

Am 27.12.2007 verstarb der Vater des Klägers. Mit Schreiben vom 21.02.2008 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass der Vater des Klägers aufgrund eines Bescheides vom 01.06.2006 einen Kostenbeitrag für die Unterbringung seiner damaligen Ehefrau in Höhe von 5.454, 84 € zu zahlen hatte. Aufgrund einer Ratenzahlungsvereinbarung hat der Vater des Klägers hierauf 2.000,- € abgezahlt, so dass noch ein Betrag in Höhe von 3.454,84 € zu zahlen sei. Der Kläger ist alleiniger Erbe nach seinem Vater. Das Nachlassverzeichnis über den Nachlass Vaters des Klägers wies als Nachlassmasse einen Betrag in Höhe von 2.220,- € aus. An Verbindlichkeiten, die durch Todesfall entstanden sind wurde ein Betrag in Höhe von 2.350,- € ausgewiesen.

Mit Schreiben vom 10.04.2008 wurde dem Kläger mitgeteilt, dass er vom Nachlassgericht zum alleinigen Erben erklärt worden sei. Er möge eine Erbverzichtsnachweis vorlegen, ansonsten er einen Rückforderungsbescheid erhalte. Mit Bescheid vom 30.04.2008 wurde der Kläger aufgefordert 3.454,84 € zu zahlen. Der hiergegen erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 21.01.2009 zurückgewiesen. Es wurde ausgeführt, dass er als Rechtsnachfolger seines Vaters auch Rechtsnachfolger hinsichtlich dessen Verbindlichkeiten geworden seien.

Hiergegen hat der Kläger mit anwaltlichem Schriftsatz vom 02.03.2009, beim Sozialgericht am 04.03.2009 eingegangen, Klage erhoben. Der Nachlass habe zum Zeitpunkt der Erbanfalls 0,00 DM betragen. Er hafte auf Grund des § 102 SGB XII nur mit dem vorhandenen Nachlass. Ein solcher sei jedoch nicht mehr vorhanden. Letztlich stelle die Inanspruchnahme für ihn auch eine besondere Härte dar.

Der Kläger beantragt,

die Bescheide vom 30.04.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.02.2009 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte nimmt im Wesentlichen Bezug auf die Ausführungen in den streitgegenständlichen Bescheiden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte des vorliegenden Verfahrens und die Verwaltungsakte des Beklagten (ein Hefter), die alle Gegenstand der E...

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