Nachgehend

BSG (Urteil vom 22.03.2018; Aktenzeichen B 5 RE 5/16 R)

 

Tenor

1. Der Bescheid der Beklagten vom 29.08.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.03.2014 wird aufgehoben.

Es wird festgestellt, dass die Tätigkeit des Klägers für die C. GmbH seit dem 01.10.2009 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit ist.

2. Die Beklagte hat dem Kläger die ihm entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist der Anspruch des Klägers auf Befreiung von der Rentenversicherungspflicht streitig.

Der Kläger ist approbierter Apotheker und seit dem 11.12.1984 Pflichtmitglied in der Landesapothekerkammer Hessen (Beigeladene zu 1.) und deren Versorgungswerk (Beigeladene zu 3.). Der Kläger war seitdem als Apotheker im öffentlichen Dienst, in der pharmazeutischen Industrie und als angestellter und selbstständiger Apotheker in öffentlichen Apotheken tätig. Ab dem 01.01.1985 befreite die Beklagte den Kläger gem. § 7 Abs. 2 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung (Bescheid vom 21.02.1985).

Seit dem 01.10.2009 ist der Kläger bei der C. GmbH (Beigeladene zu 2.), bei der es sich um einen Hersteller von Indikatoren und Indikatorsystemen handelt, als Verantwortlicher für Medizinprodukte, Arzneibuchfragen und Fachinformationen sowie als Qualitätsmanagementbeauftragter beschäftigt (Anstellungsvertrag vom 26.09.2009).

Im Rahmen einer Betriebsprüfung bei der Beigeladenen zu 2. gem. § 28p Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) vom 30.05.2012 bis 08.08.2012 stellte die Beklagte fest, dass für den Kläger keine Rentenversicherungsbeiträge gezahlt werden.

Am 20.12.2012 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Antrag auf Befreiung von der Rentenversicherungspflicht ab dem 01.10.2009. Er legte die Erklärung der Beigeladenen zu 1. und 3. vom 06.06.2012 vor, wonach der Kläger Mitglied der Landesapothekerkammer sowie dessen Versorgungswerk ist. Ferner legte er eine Tätigkeitsbeschreibung der Beigeladenen zu 2. vom 08.06.2012 vor.

Nach der Tätigkeitsbeschreibung ist der Kläger tätig auf dem Gebiet der Registrierung und des Inverkehrbringens von Medizinprodukten, hat eine Funktion und Verantwortung als der beim Regierungspräsidium benannte Sicherheitsbeauftragte für Medizinprodukte gem. § 30 Medizinproduktegesetz (MPG), ist zuständig für die Sicherstellung und Konformität der Medizinprodukte mit den einschlägigen nationalen und internationalen Arzneibuchanforderungen, erstellt Fachinformationen und Fachvorträge für Fachkreise und ist Leiter des Qualitätsmanagements.

Laut Stellenbeschreibung gehören zu seinen Aufgaben die Übernahme der Funktion des Sicherheitsbeauftragten für Medizinprodukte und des Medizinprodukteberaters nach §§ 30, 31 MPG, die Registrierung und das Inverkehrbringen von Medizinprodukten gemäß einschlägiger EU-Richtlinien inklusive Klassifizierung und Konformitätsbewertungsverfahren, Meldung von Vorkommnissen und Rückrufen nach Maßgabe der Medizinprodukte-Sicherheitsplanverordnung, Einbindung aller Regeln zu Medizinprodukten in das Qualitätssystem, Sicherstellung der Konformität der Indikatoren mit den Arzneibuchanforderungen, Erstellung von Fachinformationen und Produktinformationen für alle C.-Medizinprodukte sowie Beantwortung von Kundenanfragen zum Thema Aufbereitung und Sterilisationsverfahren. Als benötigte Qualifikation wurde angegeben "Apotheker oder gleichwertige Qualifikation mit langjähriger Berufserfahrung".

Mit Bescheid vom 29.08.2013 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers ab, ihn von der Pflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung nach § 6 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) zu befreien, weil es sich bei der Tätigkeit des Klägers um keine berufsspezifische pharmazeutische Tätigkeit handele.

Hiergegen legte der Kläger am 31.08.2013 Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 11.03.2014 zurückgewiesen worden ist.

Hiergegen hat der Kläger am 27.03.2014 Klage vor dem Sozialgericht Gießen erhoben.

Der Kläger ist im Wesentlichen der Ansicht, er sei bei der Beigeladenen zu 2. berufsspezifisch als Apotheker tätig.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 29.08.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.03.2014 aufzuheben und festzustellen, dass er aufgrund seiner Tätigkeit bei der C. GmbH ab dem 01.10.2009 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit ist.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte vertritt im Wesentlichen die Auffassung, es müsse ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen einer gesetzlich angeordneten Pflichtmitgliedschaft in einer Berufskammer sowie einem berufsständischen Versorgungswerk und der ausgeübten Tätigkeit bestehen. Zur Befreiung würden nur Tätigkeiten berechtigen, für deren Ausübung gesetzlich eine Mitgliedschaft in einer Apothekerkammer und in einem Versorgungswerk für Apotheker vorgeschrieben sei. Dabei handele es sich ausschließlich um Tätigkeite...

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