Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch auf Versorgung mit einer myoelektrischen Armprothese mit i-Limb-Hand

 

Orientierungssatz

1. Der Versicherte hat nach § 33 Abs. 1 SGB 5 Anspruch u. a. auf ein Hilfsmittel, das im Einzelfall erforderlich ist, um eine Behinderung auszugleichen. Das Hilfsmittel ist immer dann zu gewähren, wenn es die Auswirkungen einer Behinderung im täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein Grundbedürfnis betrifft. Zu den Grundbedürfnissen des täglichen Lebens gehört u. a. das Greifen.

2. Nach der Rechtsprechung des BSG ist der Versicherte zur Sicherstellung eines allgemeinen Grundbedürfnisses mit dem Hilfsmittel auszustatten, das die bestehende Behinderung, soweit wie nach dem Stand von Wissenschaft und Technik möglich, ausgleicht.

3. Ist das allgemeine Grundbedürfnis des Greifens betroffen, so ist bei angeborener fehlender Hand die Versorgung des Versicherten mit einer myoelektrischen Armprothese mit i-Limb-Hand zum Preis von 31.000,- €. erforderlich, um das aufgrund der angeborenen Fehlbildung des Armes bestehende Funktionsdefizit auszugleichen. Das Wirtschaftlichkeitsgebot ist hierbei gewahrt. Die Gebrauchsvorteile sind weder auf spezielle Lebensbereiche begrenzt, noch erschöpfen sie sich in der Bequemlichkeit oder im Komfort der Nutzung.

 

Tenor

1. Der Bescheid vom 25. Oktober 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Juni 2008 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, die Kosten für eine myoelektrische Armprothese mit i-Limb-Hand zu übernehmen.

2. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu tragen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Versorgung mit einer myoelektrischen Armprothese mit i-Limb-Hand.

Der 1989 geborene Kläger ist bei der Beklagten krankenversichert. Er leidet an einer angeborenen Fehlbildung des linken Unterarmes mit nur kurzstumpfig angelegtem Unterarm und fehlender linker Hand. Er ist bisher mit einem myoelektrischen Unterarmprothesenschaft mit kondylenübergreifender Schafttechnik und elektrisch gesteuerter Prothesenhand des Herstellers B. versorgt. Unter Vorlage einer ärztlichen Verordnung des Orthopäden Dr. R. vom 29. Juni 2007 und eines Kostenvoranschlages der Firma Z. Orthopädie GmbH beantragte der Kläger die Neuversorgung mit einer myoelektrischen Armprothese mit i-Limb-Hand des Herstellers Touch B. zu einem Gesamtpreis in Höhe von 31.119,18 €. Hierzu führte die Firma Z. mit Schreiben vom 1. August 2007 aus, die vorhandene Armprothese sei altersbedingt und proportional nicht mehr passgerecht und die bereits wiederverwendeten Myo-Armpassteile würden Verschleißerscheinungen und Funktionsausfälle zeigen. Im Weiteren werden die Funktionsvorteile der i-Limb-Hand angeführt.

Die Beklagte holte ein sozialmedizinisches Gutachten nach Untersuchung vom 12. Oktober 2007 und ein weiteres sozialmedizinisches Gutachten nach Aktenlage vom 17. März 2008 des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) in Hessen ein. Der Arzt für Orthopädie Dr. F. gelangte zu der Beurteilung, dass eine Versorgung mit einer neuen myoelektrischen Unterarmprothese mit zum Beispiel Sensor Hand Speed des Herstellers B. ausreichend sei. Die angestrebte Versorgung mit der Prothesenhand i-Limb ermögliche in keiner Weise wesentliche erweiterte Anwendungsmöglichkeiten beziehungsweise Gebrauchsvorteile im Vergleich zu der bisherigen Unterarmprothese. Bei elektrisch betriebenen Unterarmprothesen beschränke sich der Behindertenausgleich im Wesentlichen auf das Öffnen und Schließen des “Greiforganes Prothesenhand„, um damit Gegenstände ergreifen und festhalten zu können. Auch bei der i-Limb-Hand könnten einzelne Finger nicht aktiv und differenziert bewegt werden. Der Kläger verfüge über Fähigkeiten, die es ihm erlauben, seinen rechten Arm für sämtliche im Alltag anfallenden Tätigkeiten im grob- und feinmotorischen Bereich uneingeschränkt einzusetzen. Es sei nicht vorstellbar, dass bei voller Leistungsfähigkeit der rechten Seite vom Kläger überhaupt vermehrt die linke prothetisch versorgte Seite genutzt werde. Der Mehraufwand für die i-Limb-Prothesenhandversorgung stehe in keiner Relation zu einem allenfalls unwesentlichen funktionellen Zugewinn.

Durch förmlichen Bescheid vom 25. Oktober 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Juni 2008 lehnte die Beklagte die beantragte Kostenübernahme ab. Zur Begründung verwies sie auf die Beurteilungen des MDK. Der Wunsch des Klägers bestehe vordergründig darin, mit der beantragten Prothesenhand eine verbesserte Anwendung der Prothese insbesondere bei der Tätigkeit am Computer während des Studiums zu erreichen. Die beantragte Prothese übersteige somit das Maß des Notwendigen.

Am 28. Juli 2008 hat der Kläger beim Sozialgericht Frankfurt am Main Klage erhoben. Er hat vorgetragen, die Versorgung mit einer myoelektrischen Armprothese mit i-Limb-Hand sei erforderlich, um seine Behinderung auszugleichen. Bei der i-Limb-Prothesenhand für elektrische Armprothesen handele es sich um ein neuartiges Handprothesensystem, das...

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