Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Leistungen für Bildung und Teilhabe. Schülerbeförderung. Höhe der zumutbaren Eigenleistung vor dem 1.8.2013

 

Orientierungssatz

Auch in Leistungszeiträumen vor dem 1.8.2013 ist ein Eigenanteil in Höhe von 5 € monatlich zu berücksichtigen. Es ist nicht ersichtlich, warum vor dem 1.8.2013 ein höherer Eigenanteil zumutbar gewesen sein soll als nach derzeitiger Gesetzeslage. Der Gesetzgeber stellt in der Gesetzesbegründung zu § 28 Abs 4 S 2 SGB 2 ausdrücklich auf die Erfahrungen aus der bisherigen Verwaltungspraxis ab.

 

Tenor

1. Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 21.11.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.01.2012 sowie unter Berücksichtigung des angenommenen Teilanerkenntnisses vom 11.04.2012 verurteilt, der Klägerin für den Zeitraum vom 01.12.2011 bis 31.05.2012 Schülerbeförderungskosten in Höhe von monatlich insgesamt 15,50 € zu gewähren.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Beklagte hat 64 % der außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu tragen.

4. Die Berufung wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Übernahme von Schülerbeförderungskosten für den Zeitraum vom 01.12.2011 bis zum 31.05.2012.

Die ... 1994 geborene Klägerin bildete mit ihren Eltern und ihrem Bruder eine Bedarfsgemeinschaft, welche seit 2007 Leistungen bei dem Jobcenter … nach dem SGB II bezog.

Die Klägerin besuchte im Schuljahr 2011/2012 das Berufliche Schulzentrum P. Die Entfernung vom Wohnort der Klägerin zur Schule beträgt ca. 8 km. Die Schule kann mit einem Ticket der Tarifgruppe 10 des Verkehrsverbunds O. erreicht werden. Die Klägerin war Inhaberin einer ermäßigten Abo-Monatskarte der ... Verkehrsbetriebe und zahlte, da sie mit dem sog. ...-Pass eine zusätzliche Ermäßigung wegen geringen Einkommens geltend machen konnte, für diese ab dem 01.12.2011 einen Betrag von monatlich 20,50 €.

Den auf Veranlassung des Jobcenters … für die Klägerin beim Schulverwaltungsamt gestellten Antrag auf Übernahme der notwendigen Schülerbeförderungskosten lehnte dieses mit Bescheid vom 20.10.2011 ab. Die Ablehnung wurde damit begründet, dass die Anspruchsvoraussetzungen nach §§ 2-4 der Satzung für eine Kostenerstattung zur Schülerbeförderung nicht erfüllt seien. Insbesondere erreiche der mit einer Länge von 8,2 km gemessene Schulweg nicht die laut Satzung erforderliche Mindestentfernung von 35 km bei Schülern ab Klasse 11 bzw. bei Schülern berufsbildender Schulen.

Mit Schreiben vom 28.10.2011 stellte die Mutter der Klägerin in deren Namen einen Antrag auf die Gewährung von Schülerbeförderungskosten ab dem 01.12.2011 als Leistungen für Bildung und Teilhabe gemäß § 28 Abs. 4 SGB II.

Mit Bescheid vom 21.11.2011 bewilligte das Jobcenter … der Klägerin Aufwendungen für Schülerbeförderungskosten im Zeitraum vom 01.12.2011 bis 31.05.2012 in Höhe von insgesamt 38,64 € (je 6,88 € im Dezember 2011 und Januar 2012, 6,55 € für Februar 2012 und 6,11 € für März-Mai 2012). Zwar seien tatsächliche monatliche Kosten in Höhe von 19,50 € nachgewiesen worden, doch sei hiervon der in der Regelleistung enthaltene Anteil für Verkehrsmittel in Abzug zu bringen, weil eine private Nutzung der Monatskarte möglich sei. Dieser Anteil betrage für Kinder bis 17 Jahre 12,62 € und für Personen ab 18 Jahren 13,39 €. Da die Klägerin am 18.02.2012 ihr 18. Lebensjahr vollendete, ergebe sich für diesen Monat ein Eigenanteil in Höhe von 12,95 €.

Mit Schreiben vom 25.11.2011 legte die Mutter der Klägerin gegen die teilweise Ablehnung der Übernahme der tatsächlichen Kosten für die Abo-Monatskarte im Bescheid vom 21.11.2011 für den Zeitraum vom 01.12.2011-31.05.2012 Widerspruch ein. Zur Begründung trug sie vor, der Klägerin sei es nicht zumutbar, die Aufwendungen teilweise aus dem Regelbedarf selbst zu bestreiten. Der Gesetzgeber habe eine solche Anrechnung des Betrages aus der Regelleistung in der Vorschrift zum Ausdruck bringen müssen. § 28 Abs. 4 SGB II bezwecke eine zusätzliche Förderung. Die Wahl der Abo-Monatskarte als günstigste Möglichkeit der Schülerbeförderung dürfe nicht zu einer Kürzung der Regelleistung führen, nur weil die Karte auch privat genutzt werden könne. Schließlich decke die Monatskarte nicht alle Kosten für Mobilität wie z.B. für Fahrten außerhalb der … Stadt oder für die Nutzung anderer Verkehrsmittel.

Das Jobcenter … wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 10.01.2012 als unbegründet zurück. Es seien keine Gründe dafür vorgetragen worden, die es der Klägerin unzumutbar machten, einen Eigenanteil für die Monatskarte aus der Regelleistung zu tragen.

Mit Schreiben vom 25.01.2012, eingegangen bei Gericht am 26.01.2012, hat die Mutter der Klägerin für diese gegen den Widerspruchsbescheid vom 10.01.2012 Klage beim Sozialgericht Dresden eingereicht.

Mit Schriftsatz vom 11.04.2012 hat das Jobcenter … ein Teilanerkenntnis dahingehend abgegeben, dass es der Berechnung des Anspruchs auf Schülerbeförderungskosten nunmehr ab dem 01.12.2011 tatsächliche Aufwendungen in Höhe von monatl...

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