Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Erhöhung der Unterkunftskosten durch nicht erforderlichen Umzug. zeitlich unbeschränkte Begrenzung auf den bisherigen Bedarf. Dynamisierung der bisherigen Unterkunfts- und Heizkosten

 

Orientierungssatz

Nach einem nicht notwendigen Umzug sind die Kosten der Unterkunft und Heizung bezogen auf den bisherigen Bedarf zu dynamisieren. Eine zeitliche Begrenzung der Bindung an den (dynamisierten) bisherigen Bedarf gem § 22 Abs 1 S 2 SGB 2 besteht nicht.

 

Tenor

1. Der Bescheid des Beklagten vom 13.04.2011 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 18.02.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.02.2013 wird dahingehend geändert, dass der Beklagte der Klägerin für die Zeit vom 01.11.2010 bis 31.12.2010 monatlich weitere 0,42 Euro zu zahlen hat.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin trägt der Beklagte 10 %.

4. Die Berufung wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin und das beklagte Jobcenter (im Folgenden: der Beklagte) streiten über Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.11.2010 - 30.04.2011.

Die 1956 geborene Klägerin lebte in dem streitgegenständlichen Zeitraum gemeinsam mit ihrer 1990 geborenen Tochter in Dresden. Zunächst bewohnten sie in der B… Straße eine 64 m² große Wohnung für die sie insgesamt 349,32 EUR zahlten. Die Wohnung wurde mit Fernwärme beheizt. Die Gesamtwohnfläche des Hauses betrug 1.300,02 m². Am 14.04.2009 sprach die Klägerin erstmals beim Beklagten vor und äußerte den Wunsch, umzuziehen. Am 16.10.2009 zogen die Klägerin und ihre Tochter aufgrund eines am 15./16.06.2009 geschlossenen Mietvertrages ohne Zustimmung des Beklagten in eine 52,15 m² große, im 03. Stockwerk gelegene Wohnung in der G… Straße, für die sie monatlich 260,00 EUR Grundmiete, 107,00 EUR Nebenkostenvorschuss, insgesamt 367,00 EUR zahlten. Mit Bescheid vom 09.06.2009 hatte der Beklagte den Antrag auf Zustimmung zum Umzug in die G… Straße mit der Begründung abgelehnt, ein solcher sei nicht notwendig, weil die vorgetragenen Gründe keinen sozial gerechtfertigen Umzug begründeten. Die geltend gemachten gesundheitlichen Einschränkungen seien nicht gravierend bzw. seien nicht fundiert dargelegt worden. Auch die benannten sozialen Gründe begründeten keinen Umzug, der als notwendig anerkannt werden könne.

Am 01.07.2010 zog die Tochter der Klägerin in eine eigene Wohnung.

Die Klägerin litt im streitgegenständlichen Zeitraum an einem chronisch rezidivierenden Schmerzsyndrom. Unter dem 27.04.2009 erklärte der behandelnde praktische Arzt (Bl. 25 GA): “Auf Grund einer chron. rezidivierenden Erkrankung ist für Frau ... aus ärztl. Sicht sinnvoll, eine Erdgeschosswohnung zu beziehen.„

Die Klägerin bezieht seit dem 01.01.2005 fortlaufend Leistungen nach dem SGB II. Auf den Fortzahlungsantrag vom 21.09.2010 bewilligte der Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom selben Tag Leistungen für die Zeit vom 01.11.2010 - 30.04.2011. Mit Bescheid vom 26.03.2011 wurden die Leistungen geändert. Den Antrag auf Überprüfung des Bescheides vom 21.09.2010 bzw. dessen Änderung lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 13.04.2011 ab. Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies er mit Bescheid vom 20.02.2013 zurück, nachdem er mit Bescheid vom 18.02.2013 die Leistungen für die Zeit vom 01.11.2010 - 30.04.2011 erneut geändert hatte.

Die Klage ging am 19.03.2013 beim Sozialgericht Dresden ein.

Die Klägerin macht geltend, der Beklagte sei verpflichtet, die Kosten der Unterkunft für die Wohnung in der G… Straße zu übernehmen, da die Miete hierfür angemessen sei. Der Beklagte verfüge nicht über ein Konzept im Sinne der Rechtsprechung des BSG, so dass die Angemessenheitsgrenze nach dem WoGG zu bestimmen sei. Hinsichtlich des Umzugs ist sie der Auffassung, dieser sei notwendig gewesen. Sie sei aufgrund ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigung nicht in der Lage gewesen, die Treppen zu ihrer Wohnung hochzusteigen. In eine Erdgeschosswohnung hätte sie nicht ziehen können, weil sie keine angemessene Wohnung gefunden hätte, bzw. es zu dieser Zeit in Dresden keine Erdgeschosswohnungen gegeben habe.

Die Klägerin beantragt:

1. Der Bescheid des Beklagten vom 13.04.2011in der Fassung des Änderungsbescheides vom 18.02.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.02.2013 wird aufgehoben. Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe für den Zeitraum 01.11.2010 - 30.04.2011 zu bewilligen.

2. Die Berufung wird zugelassen.

Der Beklagte beantragt:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Beklagte ist der Auffassung, die Miete für die Wohnung in der G… Straße sei unangemessen hoch. Der Umzug der Klägerin sei auch nicht erforderlich gewesen. Das vorgelegte Attest lege die Notwendigkeit des Umzugs nicht nahe. Die ärztlichen Befundberichte seien veraltet.

Das Gericht hat die Verwaltungsakte des Beklagten mit der Nummer … beigezogen und zum Gegenstand des Verfahrens gemacht. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Str...

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