Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialversicherungspflicht bzw -freiheit. Notarzt im Rettungsdienst. Honorarvertrag. abhängige Beschäftigung. selbstständige Tätigkeit. Abgrenzung

 

Leitsatz (amtlich)

Die Tätigkeit als Notarzt im Rettungsdienst ist eine abhängige Beschäftigung und unterliegt deshalb der Versicherungspflicht in den Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Der Streitwert wird auf 5.000,00 € festgestellt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beigeladene in seiner Tätigkeit als Notarzt bei dem Kläger seit dem 00.00.2017 abhängig beschäftigt ist und der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt.

Am 01.08.2017 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status des Beigeladenen. Ausweislich des vorgelegten Honorarvertrages zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen vom 00.00.2017 sollte der Beigeladene als freiberufliche notärztliche Honorarkraft beschäftigt werden. Seine Aufgaben seien alle notärztlichen Tätigkeiten im Rettungsdienstbereich des Klägers. Ort der Leistungserbringung seien die Rettungswachenbereiche des Hochsauerlandkreises. Der Beigeladene habe sich in einer vom Auftraggeber bereitgestellten Unterkunft aufzuhalten. Er erhalte einen Funkmelder und habe sich spätestens nach 120 Sekunden für die Abholung durch ein Notarzteinsatzfahrzeug bereitzustellen. Die Buchung seiner Schichten erfolge über das System „Notarztpool HSK“, wobei Buchungsbedingungen zu beachten seien. Die Vergütung erfolge stundenweise. Der Kläger schließe für den Beigeladenen zusätzlich eine private Unfallversicherung und eine Haftpflichtversicherung ab. Der Beigeladene sei an Weisungen des ärztlichen Leiters des Rettungsdienstes gebunden, habe eine Einweisung durch den Medizinproduktebeauftragten des Hochsauerlandkreises zu absolvieren und sei verpflichtet, geeignete Einsatzkleidung, insbesondere die vom Hochsauerlandkreis gestellte einheitliche Rettungsdienstjacke zu tragen.

Der Beigeladene teilte mit, er buche sich per Mail ein. Eintragungen der Dienste seien verbindlich. Während der Dienstzeiten halte er sich im Bereich der Rettungswache C in einer von dem Kläger gestellten Wohnung auf. Ein Notarztkoffer und ein Funkmelder seien ihm gestellt worden. Regelmäßige Fortbildungen durch den Kläger absolviere er mit einem Eigenkostenbeitrag. Die Dokumentation der Einsätze erfolge über ein standardisiertes Notarzteinsatzprotokoll. Er nehme an Teambesprechungen teil. Als Rentner übe er keine weitere Beschäftigung aus. Er sei freiwillig gesetzlich krankenversichert und beziehe eine Altersrente der Ärzteversorgung Niedersachsen.

Der Kläger legte der Beklagten Abrechnungsunterlagen und Stundennachweise für die Zeit ab 00.00.2017 vor. Demnach absolvierte der Beigeladene überwiegend 24-Stunden-Dienste zu einem sogenannten Basistarif von 720,00 €. Der Kläger beschrieb das Buchungsverfahren und teilte mit, dass im Rettungsdienst keine festangestellten Notärzte tätig seien. Es bestehe ein Einsatzplan für Massenanfall und Großschadensereignisse. Vorgelegt wurde schließlich das vom Beigeladenen verwendete Notfallprotokoll HSK mit Erläuterungen und Ausfüllhinweisen.

Mit Bescheid vom 14.11.2017 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 06.04.2018 stellte die Beklagte fest, dass der Beigeladene seit dem 00.00.2017 die Tätigkeit als Notarzt bei dem Kläger im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe und Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe. In der gesetzlichen Rentenversicherung sei der Beigeladene versicherungsfrei.

Zur Begründung der am 08.05.2018 erhobenen Klage macht der Kläger geltend, der Beigeladene sei völlig frei darin, ob er einzelne Angebote auf Abschluss eines Auftragsverhältnisses unterbreite. Keinesfalls sei in der vereinbarten und auch nicht in der tatsächlichen Rechtsbeziehung zwischen den Parteien des Honorarvertrages das Gepräge eines Dauerschuldverhältnisses, auch nicht das eines solchen mit Arbeit auf Abruf feststellbar. Weder bestehe für den Beigeladenen ein Anspruch auf Beschäftigung, noch bestehe seitens des Klägers ein irgendwie geartetes Direktionsrecht hinsichtlich des Abrufes von Leistungen innerhalb eines bestimmten Zeitraumes. Die Parteien hätten ausdrücklich vereinbart, dass die Dienste freiberuflich erbracht würden. Mit der Zahlung des monatlich abgerechneten, sich nach dem zeitlichen Umfang des Einsatzes bemessenden Honorars seinen sämtliche Ansprüche des Beigeladenen erfüllt. Vorgaben zu Zeit und Ort der Dienstleistungen ergäben sich aus rettungsdienstlichen Notwendigkeiten. In dem Honorarvertrag würden Weisungsrechte nicht begründet, sondern vielmehr die sich aus gesetzlichen Anforderungen ergebenden Notwendigkeiten deklaratorisch aufgeführt. Der Kläger habe auch aus § 7 des Honorarvert...

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