Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Leistungen für Bildung und Teilhabe. Schülerbeförderungskosten. zumutbarer Eigenanteil. verfassungskonforme Auslegung

 

Leitsatz (amtlich)

Die Höhe des zu tragende Eigenanteils an den Schülerbeförderungskosten ist anhand des Lebensalters

des Berechtigten zu bestimmen. Bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres ist es dem Berechtigten zumutbar, einen Eigenanteil in Höhe der Hälfte des nach § 6 RBEG relevanten Betrages der Abteilung 7 (Verkehr) aus der Regelleistung zu bestreiten.

 

Tenor

1. Der Bescheid des Beklagten vom 09.09.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.11.2011 wird dahingehend abgeändert, dass der Beklagte verpflichtet wird, den Eigenanteil an den Schülerbeförderungskosten des Klägers insoweit zu übernehmen, als dass der Kläger nur einen Eigenanteil bis zu Höhe der Hälfte des nach § 6 RBEG relevanten Betrages der Abteilung 7 (Verkehr) zu tragen hat.

2. Von den notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers trägt der Beklagte 1/3.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Höhe des vom Beklagten zu übernehmenden Kostenanteils an den Schülerbeförderungskosten des Klägers für das Schuljahr 2011/2012.

Der 1999 geborene Kläger ist Schüler einer Mittelschule und auf die Schülerbeförderung mit öffentlichen Verkehrsmitteln angewiesen. Der zuständige Verkehrsverbund regelt im Rahmen einer Schülerbeförderungssatzung den Schultransport und erhebt einen vom Kläger aufzubringenden Eigenanteil an den Beförderungskosten in Höhe von 80,- EUR für die Nutzung der Monatskarte. Die Monatskarte berechtigt neben dem Schultransport auch zur privaten Nutzung im Verkehrsverbund. Mit Ausnahme der Ferien hat die Monatskarte eine Gültigkeit von 10 Monaten, so dass monatliche Kosten von 8,- EUR anfallen. Den Antrag des Klägers beim Verkehrsverbund auf Befreiung von der Zahlung des Eigenanteils wies dieser mit der Begründung zurück, dass in der zu Grunde liegenden Schülerbeförderungssatzung vom 24.05.2011 hierfür keine Ermächtigungsgrundlage vorhanden sei. Der Ablehnungsbescheid ist bestandskräftig geworden.

Mit Bescheid vom 09.09.2011 lehnte auch der Beklagte die beantragte Kostenübernahme ab. Zur Begründung führte der Beklagte aus, dem Kläger sei zumutbar, die anfallenden Kosten aus seinem Regelbedarfsbestandteil nach § 6 des Gesetzes zur Ermittlung der Regelbedarfe nach § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (Regelbedarfs - Ermittlungsgesetz - RBEG) für Verkehr (Abteilung 7) selbst zu tragen.

Den Widerspruch des Klägers vom 27.09.2011 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18.11.2011 zurück.

Mit der am 12.12.2011 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er ist der Auffassung, dass eine Eigenbeteiligung an den Schülerbeförderungskosten nicht in Betracht komme, da er aus dem Regelsatzanteil der Gruppe 7 zahlreiche weitere Ausgaben zu tätigen habe, so dass eine Berücksichtigung von monatlich 8,- EUR nicht zumutbar sei. Im Übrigen sei im Vergleich zur früheren Rechtslage eine erhebliche Verschlechterung eingetreten, da zuvor kein Eigenanteil vom Verkehrsverbund erhoben wurden sei.

Der Kläger beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger unter Aufhebung seines Bescheides vom 09.09.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.11.2011 (Aktenzeichen 000.U - 00000BG0000000 - W 0000/11) den Eigenanteil an den Schülerbeförderungskosten in Höhe von EUR 80,00 für das Schuljahr 2011/2012 zu bewilligen,

2. dem Beklagten die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin aufzuerlegen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Auffassung, dass es dem Kläger unter Verweis auf die gesetzliche Regelung mindestens zumutbar sei, einen Eigenanteil in Höhe von 75 v.H. des Betrages der Abteilung 7 nach § 6 RBEG zu tragen. Der Eigenanteil von 8,- EUR pro Monat liege darunter.

Es wurde die Verwaltungsakte des Beklagten beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht. Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, auf die Verwaltungsakte des Beklagten und das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige Klage ist teilweise begründet, der angefochtene Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheides ist zumindest in Teilen rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.

Der Kläger ist nach § 7 Absatz 3 Nr. 4 SGB II Mitglied der Bedarfsgemeinschaft seiner nach § 7 Absatz 1 SGB II leistungsberechtigten Mutter und hat neben dem Sozialgeld gemäß § 23 Absatz 1 Nr. 1 SGB II dem Grunde nach Anspruch auf Berücksichtigung eines Bedarfes nach § 28 Absatz 4 SGB II, wovon auch der Beklagte ausgeht.

Nach § 28 Absatz 4 SGB II werden die erforderlichen und tatsächlich notwendigen Aufwendungen der Schülerbeförderung für den Besuch der nächstgelegenen Schule des gewählten Bildungsganges übernommen, soweit nicht Dritte hierfür aufkommen und es dem Berechtigten nicht zugemutet werden kann, die Aufwendungen aus dem Regelbedarf zu bestreiten.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt SGB Office Professional . Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge