Entscheidungsstichwort (Thema)

Asylbewerberleistung. Grundleistung. Fortschreibung der Geldbeträge entsprechend der Veränderungsrate nach § 28a SGB 12

 

Leitsatz (amtlich)

Nach § 3 Abs 4 AsylbLG werden zum 1. Januar eines Jahres die Leistungen der entsprechenden Veränderungsrate nach dem SGB XII angepasst. Diese Erhöhung ergibt sich direkt aus dem Gesetz, so dass eine vorherige Entscheidung durch den Gesetz- oder Verordnungsgeber nicht notwendig ist (vgl SG Stade vom 13.11.2018 - S 19 AY 15/18 = SAR 2019, 10).

 

Tenor

Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig und unter dem Vorbehalt der Rückforderung für den Zeitraum vom 12.03.2019 bis 11.06.2019 Leistungen nach § 3 AsylblG unter Berücksichtigung eines monatlichen Regelsatzes i.H.v. 371 EUR zu gewähren.

Die Antragsgegnerin trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt die Gewährung höherer Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylblG).

Der Antragsteller hat die Staatsangehörigkeit Sierra Leone und bezieht seit August 2003 Leistungen nach dem AsylblG. Nach Angaben des Migrationsamtes hat der Antragsteller seine Aufenthaltsdauer selbst beeinflusst durch: Täuschung über seine Identität, Staatsangehörigkeit oder Passvernichtung oder -unterdrückung oder der Leistungsberechtigte kommt seiner Pflicht zur Passbeschaffung nicht nach.

Das Migrationsamt A-Stadt hat ihm eine bis zum 11.06.2019 (Bl. 35 VA Bd. IV) befristete Duldung ausgestellt.

Die Antragsgegnerin gewährte dem Antragsteller zuletzt mit Bescheid vom 19.11.2018 (abgesandt am 17.12.2018) Leistungen nach § 3 AsylblG i.H.v. 354 EUR zzgl. Kosten der Unterkunft und Heizung. Der dagegen eingelegte Widerspruch vom 22.12.2018 ist - soweit ersichtlich - bisher nicht beschieden. Mit Bescheid vom 20.03.2019 bewilligte die Antragsgegnerin vorläufig Leistungen ab dem 01.04.2019 nach § 3 AsylblG.

Der notwendige persönliche Bedarf wurde zuletzt mit dem Gesetz zur Einführung beschleunigter Asylverfahren (AsylVfBeschlG) vom 11.03.2016 zum 01.04.2016 neu gefasst. Mit dem Entwurf eines dritten Gesetzes zur Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes sollte eine Neufestlegung der Bedarfe nach § 3 AsylblG zum 01.01.2017 anhand der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2013 erfolgen. Der Bundesrat stimmte dem Gesetz nicht zu, so dass es nach dem Grundsatz der Diskontinuität nach dem Ende der 18. Wahlperiode erledigt ist. In der Folge ist es nicht zu einer Anpassung der Leistungshöhe von § 3 Abs. 1 und Abs. 2 AsylblG gekommen.

Am 12.03.2019 hat der Antragsteller den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt.

Zur Begründung führt er aus, die Grundleistungen nach § 3 AsylblG seien unzureichend. Die Leistungen seien - entgegen der gesetzlichen Regelungen in § 3 Abs. 4 und 5 AsylblG - seit 2016 nicht mehr angepasst worden. Die Leistungen hätten 2017 um 1,24 %, 2018 um 1,63 % und 2019 um 2,02 % angepasst werden müssen. Es bestehe bei einer alleinstehenden Person nunmehr eine Differenz von 17 EUR. Es handele sich dabei um existenzsichernde Leistungen. § 3 Abs. 4 AsylblG sehe eine konkrete Berechnung vor, ein mathematischer Spielraum liege damit nicht vor. Die Bekanntgabe durch das BMAS sei nur eine Arbeitshilfe, mit der vermieden werden soll, dass jeder einzelne Leistungsträger selbst eine Berechnung nach § 3 Abs. 4 S. 1 und 2 AsylblG vornehmen müsse. Die Bekanntgabe sei nur deklaratorischer Natur. Die Antwort des BMAS sei nicht zielführend, da sie sich ausschließlich auf § 3 Abs. 5 AsylblG beziehe. Entgegen der Auffassung des BMAS sehe § 3 Abs. 4 S. 3 AsylblG keinen Erlass einer Verordnung vor.

Der Antragsteller beantragt,

die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm gem. § 3 Abs. 4 S. 1 und 2 AsylblG fortzuschreibenden Leistungen zu gewähren.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung führt sie aus, sie sei an die Bekanntmachungen zu § 3 AsylblG gebunden. Die Fortschreibung der Regelbedarfe liege nicht in der Zuständigkeit der Leistungsträger. § 3 Abs. 4 AsylblG sehe vor, dass das BMAS die Höhe der Beträge bekanntgebe. Eine Fortschreibung nach § 3 Abs. 4 AsylblG sei zudem nur in den Jahren möglich, in denen keine Neuermittlung der Regelbedarfe nach § 28 SGB XII vorzunehmen ist. Zum 01.01.2017 seien die Regelbedarfe nach § 28 SBG XII anhand der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2013 neu ermittelt worden. Dies hätte nach § 3 Abs. 5 AsylblG auf das AsylblG übertragen werden müssen. Da dies nicht geschehen ist, scheide eine Fortschreibung nach § 3 Abs. 4 AsylblG aus. Es werde insoweit auf die Ausführungen von Dr. ADG.-Heinz Hohm - ZFSH SGB Heft 2/2019, S. 68 ff verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrags der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie die Leistungsakte der Antragsgegnerin verwiesen.

II.

Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung...

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